Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
belassen können, aber ich war eine gute Köchin, und, was wichtiger war, ich war gut darin, das Beste aus dem wenigen zu machen, was zur Verfügung stand. Außerdem wollte ich wahrscheinlich meine Fertigkeiten zur Schau stellen.
Den ganzen Tag über hatten wir beunruhigende Gerüchte über einen Luftangriff auf London gehört. Einige behaupteten, das House of Commons und Westminster Abbey seien vollständig zerstört und Tausende getötet worden. Ich hatte schon gelernt, diese Gerüchte mit Vorsicht zu genießen. Schließlich war die Wahrheit eins der ersten Opfer des Krieges, um mit Hiram Johnson zu sprechen.
Ich lauschte der BBC-Serie Brains Trust und hatte den Kaninchenschmortopf bereits zum Köcheln auf den Herd gestellt. Joad und Huxley stritten sich gerade, warum man andere kitzeln könne, sich selbst aber nicht, als Gloria den Kopf zur Tür hereinsteckte. Matthew stand hinter ihr. Sie waren ein wenig früh; Mutter machte sich noch im Schlafzimmer zurecht.
Glorias goldenes Haar war links gescheitelt und fiel ihr in langen Korkenzieherlocken bis auf die Schultern. Sie war kaum geschminkt, nur ein Tupfer Gesichtspuder und ein Hauch Lippenstift. Sie trug eine blaue Bluse mit wattierten Schultern und Puffärmeln, die in einen schlichten schwarzen Rock mit seitlichen silbernen Knöpfen geschoben war. Ich muss zugeben, dass mich ihre Zurückhaltung überraschte; ich hatte etwas weitaus Aufdringlicheres von ihr erwartet. Doch schon so fühlte ich mich schäbig in meinem schlichten alten Schürzenkleid.
»Sieh mal, was Gloria uns mitgebracht hat«, sagte Matthew und hielt mir einen Liter Milch und ein halbes Dutzend Eier hin. Ich nahm sie entgegen und dankte ihr. Sobald Mutter die Eier sähe, das wusste ich, würden ihre Augen aufleuchten. Sie würde die Eier einlegen, so wie sie es immer tat. Wenn sie dann in dem durchsichtigen Gelee hingen, hielten sie sich monatelang. Dieser Anblick bereitete mir immer Unbehagen. Wie sie da so im transparenten Raum schwebten, sahen sie unheimlich aus, wie Leiber, die in alle Ewigkeit auf der Schwelle zur Geburt standen, sie aber nie überschritten, sondern stattdessen dort gefangen waren, für immer eingefroren im totgeborenen Werden.
Auch wenn sie unheimlich wirkten, das Glas mit den Kalkeiern bedeutete, dass wir frische Eier und Eipulver haben würden, aus dem man jedoch nur Rührei machen konnte.
»Hallo, Gwen«, sagte Gloria, »hätte ich mir denken können, dass du dir gerne Brains Trust anhörst. Sag mal, wen magst du lieber? Joad oder Campbell? Bestimmt nicht Huxley, oder?«
»Joad.«
»Warum?«
»Er ist am intelligentesten, am belesensten und er kann sich am besten ausdrücken.«
»Hm, stimmt schon«, meinte Gloria, setzte sich aufs Sofa und breitete sorgfältig den Rock aus, nachdem sie die Beine übereinandergeschlagen hatte. Matthew saß neben ihr und sah aus wie ein stolzer Besitzer, wovon auch immer. »Ich selbst mag Campbell am liebsten«, fügte sie hinzu. »Ich finde ihn am unterhaltsamsten.«
»Ich hätte gar nicht angenommen, dass du dir so etwas anhörst«, sagte ich und bereute meine Unhöflichkeit im selben Moment, als mir die Worte über die Lippen kamen. Schließlich war dies die Frau, die mein geliebter Bruder offenkundig anbetete.
Gloria zuckte nur mit den Achseln. »Ich hab's mir ein- oder zweimal angehört.« Dann leuchteten ihre Augen in der ihr eigenen Art auf. »Aber du hast Recht. Wenn ich ein Rundfunkgerät hätte, würde ich den ganzen Tag lang nichts anderes als Musik hören.«
»Du hast kein Rundfunkgerät?« Ich konnte es nicht glauben. Sicherlich, Lebensmittel waren rar, aber es musste doch jeder ein Rundfunkgerät haben!
»Mr. Kilnsey kommt keins ins Haus. Er ist ein ziemlich strenger Methodist, weißt du. Er meint, sie wären das Sprachrohr des Teufels.«
Ich hielt mir die Hand vor den Mund und kicherte, dann errötete ich. »Oh je. 'tschuldigung.«
»Aber es ist wirklich lustig, nicht? Na ja, eigentlich ist es mir egal. Ich arbeite und schlafe ja nur da. Aber wegen Mrs. Kilnsey ist es traurig. Ich glaube, sie hätte hin und wieder nichts gegen ein bisschen Musik zur Aufmunterung, aber wenn das Rundfunkgerät das Sprachrohr des Teufels ist, dann ist Musik natürlich seine verführerischste Stimme.«
»Ach du liebe Güte«, sagte Matthew kopfschüttelnd.
Gloria stieß ihn an. »Aber es stimmt! So redet er wirklich!«
»Ich muss mal nach dem Essen
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