Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer
alles unvermeidlich.
In dem Moment hasste ich sie.
»Aha«, sagte Mutter nach einem beruhigenden Schluck Tee. »Ganz im Ernst, ja?«
»Ja.«
»Und Sie, junge Dame?«
»Ganz bestimmt«, sagte Gloria, beugte sich vor und griff nach Matthews Hand. »Ich weiß, dass wir uns noch nicht lange kennen, aber es ist Krieg und ...«
Mutter winkte ab. »Ja, ja, meine Liebe, das weiß ich alles. Habt ihr aber auch daran gedacht, dass Matthew vielleicht bald weit weg muss?«
»Darüber haben wir nachgedacht, Mutter«, antwortete er. »Ich habe die ärztliche Untersuchung zwar schon hinter mir, aber nach meinem Abschluss muss ich noch die Grundausbildung machen, und da besteht schon die Chance, dass ich mindestens bis nach Weihnachten wahrscheinlich jedes Wochenende nach Hause fahren darf.«
»Und den Rest der Woche?«
»Da arbeite ich auf dem Hof, wie immer«, erwiderte Gloria, »und Matt ist bis Juli an der Universität in Leeds, danach muss er halt dahin, wo er zur Ausbildung hingeschickt wird. Ich weiß, es ist nicht perfekt. Uns wäre nichts lieber, als die ganze Zeit zusammen zu sein.« Sie hielten Händchen, sie sah ihn an. »Aber wir wissen, dass das nicht möglich ist. Jedenfalls im Moment noch nicht.«
Ich konnte es nicht glauben; sie nannte ihn Matt. Wie konnte sie nur! Für Mutter und mich war er immer Matthew gewesen.
»Was ist mit deinem Studium?«, fragte Mutter ihn.
»Ich werde genauso hart weiterarbeiten.«
»Hm. Viele Paare warten noch mit dem Heiraten«, bemerkte sie, »bis die Zeiten ein wenig sicherer sind.«
»Aber es gibt auch viele Leute, die heiraten«, argumentierte Matthew, »und das Beste aus ihrem Leben machen. Ja, wir wissen, dass das Leben im Moment sehr unsicher ist. Aber wenn mir als Soldat etwas zustoßen sollte, dann sterbe ich weitaus glücklicher, weil ich mit Gloria verheiratet gewesen bin. Auch wenn es nur ein Tag war.«
»Red nicht so, Matthew«, sagte Mutter und legte wieder die Hand auf die Brust. Dann sah sie mich an. »Was hältst du denn davon, Gwen?«
Ich schluckte. »Ich? Tja, ich schätze, wenn sie es sich wirklich in den Kopf gesetzt haben, dann können wir nichts sagen, was sie davon abhalten würde.«
»Gute alte Gwen«, sagte Matthew. »Ich wusste, dass ich mich auf dich verlassen kann.«
»Wo wollt ihr denn wohnen?«, erkundigte sich Mutter. »Habt ihr auch daran gedacht? Es ist ja nicht so, dass wir euch nicht haben möchten, aber wir haben hier nicht genug Platz, wisst ihr, selbst wenn ihr bei Gwen und mir wohnen wolltet. Wir haben ja noch nicht mal genug Platz, um Evakuierte aufzunehmen. Und ihr könnt ganz bestimmt nicht auf dem Hof wohnen.«
»Ja«, entgegnete Matthew, »darüber haben wir auch nachgedacht. Deshalb wollen wir auch so früh wie möglich heiraten.«
Mutter runzelte die Stirn. »Hm?«
»Wir wollen im Bridge Cottage wohnen.«
»Was? In dem heruntergekommenen Schuppen bei der Feenbrücke?«
»Ja. Für uns ist es groß genug. Und es gehört uns. Na ja, wir mieten es zwar nur, aber du weißt, wie ich das meine. Seit die alte Miss Croft tot ist, wird es ja zur Unterbringung von Evakuierten benutzt. Jedenfalls habe ich schon mit dem Verwalter von Lord Clifford in Leeds geredet, und er meinte, dass die Leute nächste Woche ausziehen. Es ist eine Frau mit zwei Kindern, Evakuierte aus Birmingham. Sie haben scheinbar Heimweh und gehen jetzt zurück. Ich weiß, dass es eine Menge zu renovieren gibt, aber ich bin geschickt darin. Und es kostet nur fünf Shilling die Woche.«
»Was ist mit Kindern? Habt ihr daran auch schon gedacht?«
»Ich erwarte kein Kind, Mrs. Shackleton, wenn Sie das meinen«, sagte Gloria.
»Natürlich nicht, meine Liebe. Das meinte ich ganz und gar nicht. So etwas würde ich nie annehmen. Aber wenn ihr nach der Hochzeit ein Kind haben würdet, dann wäre der Vater des Kindes höchstwahrscheinlich nicht da und Sie hätten eine Menge am Hals.«
Wie so manchmal legte sich ein trauriger Schatten über Glorias Gesicht, als würde die Sonne von einer Wolke verdunkelt. »Wir haben keine Kinder geplant«, sagte sie, »noch nicht jedenfalls. So wie es momentan aussieht, möchte ich kein Kind in die Welt setzen, nicht nach dem, was ich durchgemacht habe.« Dann verzog sich die Wolke und sie lächelte wieder. »Nach dem Krieg werden wir weitersehen. Dann ist alles ganz anders.«
Mutter schwieg eine Weile, dann machte sie
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