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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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sie dann ins Bett gekrabbelt sein, denn gegen vier Uhr morgens wachte Banks mit pochenden Kopfschmerzen auf, an ihn klammerte sich eine nackte Frau. Er verspürte den brennenden Wunsch, allein zu sein. Er hatte Karen benutzt - sie ihn vielleicht auch -, und jetzt wollte er nichts anderes, als sich ihrer zu entledigen. Stattdessen lag er wach neben ihr und sinnierte trübselig vor sich hin, bis sie sich im frühen Morgengrauen regte und sagte, sie müsse nach Hause gehen. Er widersprach nicht, sie tauschten beim Abschied keine Zärtlichkeiten aus und sahen sich nie wieder.
      Das Telefon riss ihn aus seinen deprimierenden Erinnerungen zurück in die Gegenwart. Es war Geoff Turner, der Zahnheilkundler der Gerichtsmedizin. Banks fiel ein, dass ihm selbst ein Termin beim Zahnarzt bevorstand, und er hasste Zahnärzte seit seiner Schulzeit. Wenn sich dieser Fall dementsprechend entwickelte, hatte er vielleicht einen Grund, den Termin aufzuschieben.
      »Alan?«
      »Geoff. Du bist aber schnell. Gibt's was Neues?«
      »Nichts Weltbewegendes. Dafür ist es noch zu früh. Aber ich wollte unbedingt anfangen. Skelette haben mich immer schon fasziniert.«
      Banks dachte daran, wie Dr. Williams das Becken des Skeletts gestreichelt hatte. »Du Perverso!«
      Turner lachte. »Wissenschaftlich gesehen, meine ich.«
      »Erzähl!«
      »Ich rufe vom Labor aus an. Als allererstes wollte ich Dr. Williams' Altersbestimmung zum Zeitpunkt des Todes bestätigen. Er hat Recht. Die dritten Molare sind draußen -für euch Laien die Weisheitszähne -, aber die Zahnwurzelspitzen haben sich noch nicht vollständig geschlossen, ebenso wenig die medialen Seiten der Zwischenkiefernähte. Die dritten Molare kommen normalerweise nicht vor Anfang Zwanzig heraus, das ist unser erster Anhaltspunkt. Die Spitzen schließen sich normalerweise bis zum fünfundzwanzigsten Lebensjahr, die Mediane bis zum dreißigsten. Das würde bedeuten, sie müsste Mitte zwanzig gewesen sein, plus oder minus ein oder zwei Jahre.«
      »Danke, Geoff. Hast du eine Vorstellung, wie lange sie da unten gelegen hat?«
      »Mal nicht so voreilig! Ich hab doch gesagt, dass ich bisher nur einen kurzen Blick drauf werfen konnte. Die wenigen vorhandenen Füllungen scheinen auf relativ aktuelle Sanierungsarbeit hinzuweisen, wenn das für dich interessant sein sollte. Und mit aktuell meine ich das zwanzigste Jahrhundert.«
      »Geht's nicht genauer? Grob geschätzt?«
      »Angesichts von Materialien und Technik wahrscheinlich nicht später als fünfziger Jahre, wenn dir das hilft.«
      »Könnte es nicht noch jünger sein, aus den Neunzigern vielleicht?«
      »Auf keinen Fall. Du glaubst es vielleicht nicht, wenn du im Sessel sitzt, aber die Zahnheilkunde hat sich höllisch weiterentwickelt in den letzten dreißig Jahren, aber davon ist in diesem Gebiss nichts zu sehen. Keine modernen Techniken oder Materialien. Und mehrere Zähne fehlen.«
      »Könnte das nach dem Tod geschehen sein?«
      »Du meinst, ob der Mörder ihr die Zähne gezogen haben könnte?«
      »Ja.«
      »Möglich ist es, aber unwahrscheinlich. In meinen Augen sieht es nach ziemlich sauberen Extraktionen aus.«
      »Sie kann nicht zwischen 1953 und diesem Sommer vergraben worden sein, wenn dir das hilft.«
      »Dann würde ich auf jeden Fall sagen, vor 1953.«
      »Könnte es nicht einfach jemand sein, der seine Zähne nicht gut gepflegt hat?«
      »Hierbei geht es nicht um Zahnpflege, Alan, obwohl ich gleich noch mal darauf zurückkommen werde. Es geht um Materialien und Verfahren.«
      »Erzähl!«
      »Viel mehr gibt es eigentlich nicht zu erzählen. Nur ein paar vage Vermutungen.«
      »Wo wären wir in unserem Job ohne vage Vermutungen?«
      Turner lachte. »Das darfst du aber zu keinem Wissenschaftler sagen. Das ist Ketzerei. Ich muss jedenfalls noch auf die Röntgenbilder warten, aber wir haben es hier sicherlich nicht mit Zahnmedizin erster Güte zu tun und auch nicht mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, dieses Mädchen ging nur zum Zahnarzt, wenn es Schmerzen hatte.«
      »Was meinst du damit?«, fragte Banks, der sich langsam immer besser in das Opfer einfühlen konnte. Er ging genauso ungern zum Zahnarzt.
      »Die Füllungen hätten vielleicht noch ein paar Jahre gehalten, wenn sie weitergelebt hätte, aber bei einem Zahn wäre der Verfaulungsprozess nicht mehr aufzuhalten gewesen. Das meine ich.

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