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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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dann trafen auch die übrigen Gäste ein, darunter weitere Flieger vom Stützpunkt, einige mit ihren Freundinnen. Alices Eric war damals schon in Nordafrika, aber Bettys William hatte die Tauglichkeitsprüfung nicht bestanden, was mich überhaupt nicht überraschte, deswegen wurde er nur für die Bürgerwehr zugelassen.
      Michael Stanhope kam in seinem üblichen »Künstlerkostüm«, dazu Hut und Stock, aber er brachte zwei Flaschen Gin und etwas Wein mit und war damit äußerst willkommen. Er musste einen ganzen Keller voller Alkohol haben. Spirituosen waren damals nicht immer einfach zu beschaffen, da die meisten Destillerien geschlossen hatten. Und wenn man etwas auftrieb, war es sehr teuer. Ich stellte mir vor, wie Michael Stanhope in Anbetracht des nahenden Krieges sein Vorratslager Flasche um Flasche vergrößert hatte. Ich hoffte, er würde nicht irgendwann auf dem Trocknen sitzen.
      Matthew und Gloria hatten das kleine Vorderzimmer, so gut sie konnten, mit bunten Lichtern über dem Kaminsims, Luftballons und Girlanden geschmückt. Zusammen mit den Verdunkelungsvorhängen wirkte es warm und gemütlich, besonders wenn man an die Eiszapfen und gefrorenen Pfützen draußen dachte. Außerdem gab es viele Mistelzweige und einen künstlichen Weihnachtsbaum mit Kerzen und Lametta.
      Die einzigen Zigaretten bei uns im Lager waren Pasha, von denen Gloria sagte, sie schmeckten wie der Kehricht vom Fabrikboden - wahrscheinlich bestanden sie auch daraus. Die Kanadier hatten jedoch Players und so erfüllte bald Rauch das Zimmer. Mark und Stephen hatten eine Flasche Canadian Club Whisky spendiert.
      Zu Glorias Leidwesen hatte sich der Musikgeschmack von John Cooper größtenteils auf Operetten beschränkt, so dass ihr die Plattensammlung, die sie zusammen mit der Musiktruhe erstanden hatte, wenig nützte. Sie besaß damals selbst noch nicht viele Schallplatten, also hörten wir Radio. Glücklicherweise lief an dem Abend ein Konzert von Victor Sylvester und schon bald tanzten alle eng auf dem beschränkten Raum.
      Den ganzen Tag hatte Matthew Gloria kaum einen Moment aus den Augen gelassen, aber je voller und lauter es in dem kleinen Cottage wurde, desto schwerer fiel es beiden, in der Nähe des anderen zu bleiben.
      Pärchen tanzten und plauderten. Cynthia und Johnny Marsden nahmen das Sofa in Beschlag und küssten sich. Einmal merkte ich sogar, wie er versuchte, seine Hand unter ihr Kleid zu schieben, aber sie hinderte ihn daran. Gloria trank zu viel Whiskey und ging dann zu Gin über. Sie wurde nicht laut, fiel auch nicht hin oder Ähnliches, aber ihre Augen glänzten irgendwie und sie hatte einen etwas wackeligen Gang. Je später es wurde, desto augenfälliger wurde es, beispielsweise hielt sie die Zigarette leicht schräg, wenn sie sich zur Musik wiegte.
      Ich wurde von einem Funker der Royal Air Force abgelenkt, der mich zuerst unter den Mistelzweig zog, mir einen nach Büchsensardinen schmeckenden Kuss gab und mir dann die Schwierigkeiten der Funkortung erklären wollte. Ich hätte ihm sagen sollen, ich sei eine deutsche Spionin. Hatte er nicht überall die Plakate gesehen, auf denen stand: »Wände haben Ohren«?
      Es musste inzwischen schon gegen zehn Uhr sein und es ging noch immer hoch her. Ich nehme an, einige hatten schon einen in der Krone. Ich hatte nur Ginger Ale getrunken - na ja, und einen kleinen Tropfen Whisky -, aber der ganze Frohsinn machte mich ganz schwindelig. Wenn man im' Krieg eine Party feierte, gerade an einem so besonderen Tag wie Weihnachten, war der Spaß ein wenig lauter, ein wenig ausgelassener und verzweifelter als auf Partys zu Friedenszeiten.
      Michael Stanhope ließ sich gegenüber einem jungen Unteroffizier darüber aus, dass die Künstler die Pflicht hätten, der Propaganda auf der Suche nach der Wahrheit aus dem Weg zu gehen. »Wenn eine Regierung auf die Künstler hörte«, sagte er, »dann gäbe es keinen Krieg.« Der Unteroffizier wäre sicherlich schon längst weitergegangen, wenn Mr. Stanhope ihm nicht in einem fort Gin nachgeschenkt hätte.
      Ich sah, dass Matthew an der Wand lehnte und in eine Unterhaltung mit zwei Männern in Armeeuniformen vertieft war; zweifelsohne versuchte er herauszufinden, wie das Soldatenleben nach der Grundausbildung denn nun tatsächlich aussah.
      Mir fiel auf, dass ich Gloria schon länger nicht gesehen hatte, und fragte mich, ob ihr wohl schlecht geworden sei. Schließlich hatte sie ziemlich viel getrunken.

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