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Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer

Titel: Inspector Alan Banks 10 In einem heißen Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Außerdem musste ich eh zur Toilette, daher entzog ich mich so behutsam und höflich wie möglich dem Vortrag über Funkortung. Draußen war es kalt und dunkel, deshalb legte ich mir den Mantel über die Schultern, griff zur Taschenlampe mit ihrem gedämpften Licht und ging nach draußen in den Hinterhof.
      Zum Bridge Cottage gehörten zwei Nebengebäude: In dem einen war die Toilette untergebracht, das andere wurde zur Lagerung von Lebensmitteln benutzt. Aus dem Haus hörte ich die Musiktruhe »In the Dark« spielen, während ich den Steinweg zur Toilette hinunterging.
      Plötzlich hörte ich Geräusche in der Nähe. Ich hielt inne, vernahm sie wieder, ein Grunzen und ein unterdrücktes, rufendes Stimmchen. Zuerst konnte ich nicht ausmachen, woher sie kamen, dann merkte ich, dass sie hinter dem Lagerschuppen hervordrangen. Verwundert trippelte ich dorthin und leuchtete mit der Lampe auf die Mauer.
      Was ich sah, ließ meine Haut kribbeln. Selbst im schwachen, gedämpften Licht konnte ich erkennen, dass Gloria von Mark, dem kanadischen Flieger, gegen die Wand gedrückt wurde. Ihr Rücken bedeckte das große V, das jemand während der Victory-Kampagne im Sommer mit Kreide an die Schuppenwand gemalt hatte. Ihr Kleid bauschte sich um ihre Taille, die blasse weiße Haut ihrer nackten Oberschenkel über den Strümpfen leuchtete in der Dunkelheit. Ich weiß noch, dass ich dachte, ihr muss ja eisig kalt sein. Mark drängte sich an sie, eine Hand über ihren Mund gelegt, mit der anderen fummelte er an seinem Schritt herum.
      Gloria rief mit gedämpfter Stimme immer wieder: »Nein, bitte nicht!« Sie versuchte, sich gegen ihn zu wehren, er beschimpfte sie mit dreckigen Wörtern. Als er das Licht meiner Lampe sah, fluchte er und machte sich am Haus vorbei davon.
      Gloria lehnte sich gegen die Mauer, keuchte und schluchzte, sah mich nicht an, Haar und Kleidung waren durcheinander. Dann strich sie ihr Kleid glatt, beugte sich vor, die Hände auf die Knie gestützt, und erbrach sich in den Garten. Das Erbrochene war warm und ließ das Eis springen. Ich konnte den Kreidestaub des V auf der Rückseite ihres Kleides sehen.
      Ich war unsicher, was ich tun sollte. Damals wusste ich nichts über solche Sachen, ich war mir nicht mal sicher, was da gerade vor meinen Augen stattgefunden hatte - nur dass damit etwas ganz und gar nicht stimmte.
      Ich wusste nur, dass Gloria verletzt und bestürzt aussah und offenbar Schmerzen hatte. Ich handelte, ohne nachzudenken; ich breitete die Arme aus und sie fiel hinein. Ich hielt sie fest und streichelte ihr Haar und sagte ihr, sie solle sich nicht grämen, alles würde gut werden.
     
    ***
     
    Die Vögel stimmten den Chor zum Morgengrauen an, dann ratterte der Lieferwagen des Milchmannes vorbei und bald lauschte Banks durch das halb geöffnete Fenster von Annies Schlafzimmer den unzähligen ungewohnten Tönen einer fremden Straße. Ein Säugling schrie nach der Brust; eine Tür wurde zugeschlagen, ein Hund begann zu bellen; ein Briefkasten klappte zu, ein Motorrad heulte auf. Alles klang umso fremder, als Banks sich gerade an die Stille seines neuen Hauses gewöhnt hatte.
      Annie lag leise atmend neben ihm; kurzzeitig gab sie keinen Laut von sich, dann stieß sie, halb schnaufend, halb seufzend, den Atem sanft aus. Es fiel gerade so viel Licht durch die dünnen Gardinen, dass Banks sie betrachten konnte. Sie lag gekrümmt auf der Seite, den Rücken ihm zugewandt, die Hände konnte er nicht sehen, sie hatte sie vor sich verschränkt. Das weiße Betttuch war so weit heruntergerutscht, dass ihre Taille zum Vorschein kam, er folgte ihren Kurven mit den Augen bis hoch zu den Schultern. Ungefähr auf der Hälfte hatte sie einen kleinen Leberfleck. Zart berührte Banks ihn. Annie bewegte sich ein wenig, wachte aber nicht auf.
      Banks legte sich auf den Rücken und schloss die Augen. Seine einzige Befürchtung gestern Abend, die ihn bis zu jenem Augenblick im Hof zurückgehalten hatte, als sich sein Arm aus eigenem Antrieb bewegte, war die Sorge, er würde sich anschließend so fühlen wie nach dem Sex mit Karen. Er hätte es besser wissen müssen; er hätte wissen müssen, dass es etwas anderes war. Er wusste es auch. Aber die Angst war trotzdem da gewesen.
      Ihr Liebesspiel hatte etwas verhalten begonnen, aber das war nur zu erwarten. Im wirklichen Leben war es nie wie im Kino, wo das Paar gemeinsam einen Höhepunkt wagnerianischer Ausmaße erreichte, während ein Feuerwerk

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