Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
verschlug es den Atem. Können wir unsere Schnittstellen verbinden, Tamara?
»Ich möchte den Chef sprechen«, sagte er.
»Haben Sie einen Termin, Sir?«
»Nein.«
»Was ist der Zweck Ihres Besuchs?«
Sie klang wie jemand von der Einwanderungsbehörde, dachte Banks gereizt. Früher hätte er wahrscheinlich nur in ihre gepiercte Nase gekniffen und wäre einfach reingegangen. Unter normalen Umständen würde er das sogar heute noch tun, aber er durfte nicht vergessen, dass er als Privatmann hier war, nicht offiziell als Polizist. »Man könnte es ein Geschäftsangebot nennen«, sagte er.
»Verstehe. Bitte nehmen Sie einen Moment Platz, Sir. Ich schau mal, ob Mr. Aitcheson frei ist.« Sie deutete auf die orangefarbenen Plastikstühle hinter ihm. Zeitschriften waren auf dem davor stehenden Couchtisch ausgebreitet. Banks hob zwei hoch. Hauptsächlich Computerkram. Kein Playboy oder Penthouse in Sicht. Er schaute zu Tamara, die leise ins Telefon sprach. Sie lächelte. »Er wird gleich kommen, Sir.« Dachte sie, er wollte sich bewerben? Als was?
Banks fühlte sich allmählich wie in einem Zahnarztwartezimmer, nicht wie in einem Handelszentrum für Pornos, und der Gedanke beruhigte ihn nicht. Die Dinge hatten sich tatsächlich verändert, seit er in Soho Streife gegangen war, so sehr, dass er sich wie ein Tattergreis vorkam, obwohl er erst Mitte vierzig war. Damals wusste man wenigstens, wo man stand: Leute wie GlamourPuss Ltd. betrieben ihre Geschäfte, wie es dem Namen entsprach, von schmuddeligen Büros in schmuddeligen Kellern aus. Sie hatten keine Websites im Internet. Sie hatten keine »Client Interface Officers«. Und sie kamen mit Sicherheit nicht unter ihren Steinen hervor, um Fremde, die vage Geschäftsangebote unterbreiten wollten, mit so offenen Armen zu empfangen, wie dieser junge Mann es jetzt tat: lächelnd, die Hand ausgestreckt, in Anzug und Krawatte.
»Aitcheson«, sagte er. »Terry Aitcheson. Und Sie sind?«
»Banks. Alan Banks.«
»Freut mich, Sie kennen zu lernen, Mr. Banks. Folgen Sie mir. Wir gehen in mein Büro. Da haben wir mehr Ruhe als hier.«
Banks folgte ihm, an Tamara vorbei, die ihm kurz zuwinkte und mit der Nase zuckte, was schmerzhaft aussah. Sie durchquerten einen offenen Raum voll mit modernsten Computern und betraten ein kleines Büro mit Blick auf die Wardour Street. Auch hier war weder auf dem Schreibtisch noch an den Wänden irgendwas zu sehen, das GlamourPuss Ltd. mit Pornografie in Verbindung brachte.
Aitcheson setzte sich, verschränkte die Hände im Nacken und lächelte immer noch. Von nahem sah er älter aus, als Banks zuerst geschätzt hatte, vielleicht Ende dreißig, wurde allmählich kahl und hatte gelbe Schneidezähne, die ziemlich lang und wölfisch wirkten. Ein paar Schuppen verunzierten die Schultern seines Anzugs. Eigentlich ziemlich unfair, dachte Banks, dass man immer noch Schuppen hat, auch wenn man kahl wirtf. »Also gut, Mr. Banks«, sagte Aitcheson, »was kann ich für Sie tun? Sie erwähnten ein Geschäftsangebot.«
Jetzt fühlte sich Banks etwas mehr zu Hause. Abgesehen von dem öligen Lächeln und dem Anzug, hatte Banks schon öfter mit Schwachköpfen wie Aitcheson zu tun gehabt, auch wenn ihre Büros nicht so hübsch waren und sie sich nicht hinter einer Fassade des Anstands verbargen. Er nahm das beschnittene Foto von Emily Riddle aus der Aktentasche und legte es vor Aitcheson auf den Schreibtisch. »Ich möchte von Ihnen wissen, wo ich dieses Mädchen finden kann«, sagte er.
Aitcheson betrachtete das Foto. Sein Lächeln verschwand kurz, wurde dann aber wieder voll aufgereht, als er das Foto zu Banks zurückschob. »Ich fürchte, wir können solche Informationen über unsere Models nicht preisgeben, Sir. Zu ihrem eigenen Schutz, wissen Sie. In diesem Geschäft gibt es ein paar ... na ja, ziemlich merkwürdige Menschen, wie Sie sicher verstehen werden.«
»Sie ist also eines Ihrer Models?«
»Das war ganz generell gemeint, Sir. Selbst wenn sie es wäre, könnte ich Ihnen die gewünschte Information nicht geben.«
»Erkennen Sie sie?«
»Nein.«
»Und wenn ich Ihnen sage, dass dieses Foto von einer Ihrer Websites stammt?«
»Wir haben mehrere Websites laufen, Sir. Sie dienen als unsere Hauptschnittstelle mit der Öffentlichkeit.« Er lächelte. »Man muss heute im Internet sein, wenn man im Geschäft bleiben will.«
Schnittstelle. Schon wieder dieses Wort. Es
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