Inspector Alan Banks 11 Kalt wie das Grab
Louisa.«
Barry Clough hob die Brauen, aber die Härte in seinen Augen wich um kein Jota. »Ist das wahr? Was wollen Sie denn von Louisa, kleiner Mann?«
»Ihr Vater hat mich gebeten, nach ihr zu sehen«, sagte Banks. »Er möchte, dass ich ihr eine Nachricht bringe.«
»Privatdetektiv?«
»Nur ein Freund der Familie.«
Clough musterte Banks genauer, minutenlang, wie es ihm vorkam, dann blitzte Humor in seinen Augen auf, so wie ein Hai blitzschnell durchs Wasser schießt. »Kein Problem«, sagte er und führte Banks ins Zimmer. »Ein Mädchen sollte mit seiner Familie in Verbindung bleiben, sage ich immer, obwohl ich nicht behaupten kann, dass sie mir je angeboten hat, mich mit zu sich nach Hause zu nehmen und mir Mami und Daddy vorzustellen. Ich weiß nicht mal, wo die wohnen.«
Banks schwieg. Der Gorilla trat von einem Fuß auf den anderen.
»Sie haben Glück, dass wir hier sind«, sagte Clough. »Louisa und ich sind erst vor zwei Tagen aus Florida zurückgekommen. Kann das verdammte Winterwetter in England nicht ausstehen. Wir verschwinden von hier, sooft wir können. Ich hole sie. Legen Sie doch in der Zwischenzeit ab. Einen Drink?«
»Nein, danke. Es wird nicht lange dauern.«
Clough sah auf seine Uhr. Eine teure. »Sie haben zwanzig Minuten«, sagte er. »Dann müssen wir zu einer Guy-Fawkes-Party. Wollen Sie wirklich keinen Drink?«
»Nein, danke.«
Banks setzte sich, als Clough das Zimmer verließ. Er hörte gedämpfte Schritte auf der Treppe. Der Gorilla war in der Küche verschwunden. Der Raum, in dem Banks sich befand, war altmodisch getäfelt, was er nach der hell erleuchteten Halle und der modernen Küche nicht erwartet hatte. Bilder hingen an den Wänden, hauptsächlich englische Landschaften. Zwei davon sahen alt und echt aus. Keine Constables oder so, aber trotzdem wahrscheinlich recht wertvoll. An einer Wand stand eine abgeschlossene und mit Gitterstäben versehene Vitrine voller Waffen. Deaktivierte Sammlerstücke, nahm Banks an. Niemand wäre so dumm, funktionierende Waffen auf diese Weise auszustellen.
Scheite knisterten und Funken flogen aus einem großen Kamin. Die Musik kam aus einer teuren Stereoanlage auf der anderen Seite des Zimmers. Jetzt, wo er es besser hören konnte, bemerkte Banks, dass er das Stück doch kannte. »Heart and Soul«, von einem alten Joy-Division-Album.
Von oben waren Stimmen zu hören, aber Banks konnte nicht verstehen, was gesagt wurde. Irgendwann wurde eine Frauenstimme so schrill, dass er den Trotz darin erkennen konnte, dann, nach einer geblafften Anordnung des Mannes, verstummte sie. Ein paar Sekunden später öffnete sich die Tür, und sie kam herein. Er hatte sie nicht die Treppe herunterkommen hören, hörte auch ihre Schritte auf dem Perserteppich nicht.
Craig Newton hatte Recht. Eine Mischung aus Unschuld und Erfahrung. Sie hätte sechzehn sein können, was sie war, aber genauso gut auch sechsundzwanzig, und in gewisser Weise erinnerte sie Banks in natura mehr an ihre Mutter als auf den Fotos, die er gesehen hatte: blaue Augen, kirschrote Lippen. Was er den Fotos allerdings nicht hatte entnehmen können, waren die Sommersprossen auf ihrer kleinen Nase und den hohen Wangenknochen, und dass ihre Augen von einem viel blasseren Blau waren als die von Rosalind. Die Sonne in Florida hatte ihrer Haut nicht viel anhaben können, denn sie war genauso blass wie die ihrer Mutter. Vielleicht hatte sich Emily nur drinnen aufgehalten oder war mit einem Sonnenschirm herumspaziert wie eine Südstaatenschönheit.
Rosalind war etwas kleiner und hatte eine vollere Figur als ihre Tochter, und natürlich war die Frisur anders. Emily hatte einen fransigen Pony, und ihr feines, naturblondes Haar fiel ihr glatt bis auf die Schultern und wippte beim Gehen. Groß und langbeinig, hatte sie das magersüchtige, vollblütige Aussehen eines professionellen Models. Heroin-Chic. Sie trug Caprihosen aus Denim und einen lockeren Pullover. Sie war barfuß, fiel ihm auf, zeigte ihre wohlgeformten Knöchel und die schlanken Füße mit den knallrot lackierten Zehennägeln. Aus irgendeinem Grund kam Banks die Zeile aus Coleridges Gedicht »Christabel« in den Sinn: »... ihre blau-geäderten Füße waren unbeschuht.« Das war ihm immer wie ein unwahrscheinlich erotisches Bild vorgekommen, seit er in der Schule dieses Gedicht gelesen hatte, und jetzt wusste er warum.
Obwohl sich Emily stilvollendet und selbstbeherrscht
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