Inspector Alan Banks 12 Wenn die Dunkelheit fällt
aus dem Bett gekrochen sei.
Befragungen an der Universität förderten eine weitere Zeugin zutage, die gesehen zu haben glaubte, dass Samantha mit jemandem sprach, der im Auto saß. Jedenfalls hatte das Mädchen langes blondes Haar gehabt und dieselben Sachen getragen wie Samantha, als sie den Pub verließ, Jeans, wadenhohe schwarze Stiefel und einen langen, weiten Mantel. Das Auto hatte eine dunkle Farbe, und die Zeugin erinnerte sich an die letzten drei Buchstaben des Kennzeichens, weil es ihre eigenen Initialen waren: Kathryn Wendy Thurlow. Sie sagte, sie hätte keinen Grund gehabt anzunehmen, dass es ein Problem gebe, deshalb sei sie in die Straße eingebogen, in der sie wohnte, und nach Hause gegangen.
Die letzten beiden Buchstaben eines Nummernschildes verweisen auf den Ort seiner Ausgabe, und WT steht für Leeds. Die Kfz-Meldestelle in Swansea erstellte eine Liste von über tausend potenziellen Fahrzeugen - Kathryn hatte die Suche nicht auf ein Fabrikat oder wenigstens eine Farbe einschränken können -, und die Fahrzeughalter wurden von der Kripo Bradford befragt. Ohne Ergebnis.
Die folgenden Erkundigungen und Befragungen ergaben keine neuen Erkenntnisse über das Verschwinden von Samantha Foster, und so begannen die Buschtrommeln der Polizei zu dröhnen. Zwei Vermisste in knapp zwei Monaten und rund fünfzehn Meilen Entfernung waren genug, um ein paar Alarmglocken schrillen zu lassen, für eine ausgewachsene Panik reichte es noch nicht.
Samantha hatte nicht viele Freunde, aber die wenigen, die sie hatte, waren ihr gegenüber loyal und mochten sie, insbesondere Angela Firth, Ryan Conner und Abha Gupta. Sie waren erschüttert von Samanthas Verschwinden. Ihren Aussagen zufolge war Samantha eine nachdenkliche junge Frau, die oft grübelte und gerne Lebensweisheiten von sich gab. Sie hielt nichts von belanglosem Gerede, Sport und Fernsehen. Trotzdem hätte sie einen vernünftigen Kopf auf den Schultern, beharrten die Freunde, und alle waren sich einig, dass sie nicht zu den Frauen gehörte, die aus einer Laune heraus mit einem Fremden gingen, auch wenn sie noch so oft davon redete, wie wichtig es sei, sich auszuleben.
Als die Polizei andeutete, Samantha könne unter dem Einfluss von Drogen die Orientierung verloren haben, entgegneten ihre Freunde, das sei unwahrscheinlich. Ja, gaben sie zu, sie rauchte gelegentlich gern einen Joint - angeblich half es ihr beim Schreiben -, nehme aber keine härteren Drogen;
sie tränke auch nicht viel und hätte an dem betreffenden Abend nicht mehr als zwei oder drei Glas Wein getrunken.
Momentan hatte Samantha keinen Freund und schien auch nicht die Absicht zu haben, einen zu finden. Nein, sie sei nicht lesbisch, auch wenn sie davon gesprochen habe, gern einmal sexuelle Erfahrungen mit anderen Frauen zu machen. Samantha mochte auf gewisse Weise unkonventionell sein, erklärte Angela, aber sie besäße sehr viel mehr gesunden Menschenverstand, als andere manchmal nach der ersten Begegnung vermuteten. Sie sei alles andere als leichtsinnig und interessiere sich für vieles, über das andere lachten oder als spinnert abtaten.
Nach Aussage ihrer Professoren war Samantha eine exzentrische Studentin, die zu viel außerhalb des Curriculums las, aber einer ihrer Tutoren, der selbst ein wenig Lyrik veröffentlicht hatte, gab seiner Hoffnung Ausdruck, sie könne eine gute Dichterin werden, wenn sie bei ihrer Technik etwas mehr Selbstdisziplin übe.
Zu Samanthas Interessensgebieten, sagte Abha Gupta, gehörten Kunst, Lyrik, Natur, östliche Religionen, psychische Grenzerfahrungen und Tod.
Banks und Ken Blackstone fuhren zum Greyhound hinaus, einem rustikalen Pub mit niedrigen Holzbalken und unzähligen Toby-Jugs im Dörfchen Tong, eine Viertelstunde vom Tatort entfernt. Es ging auf zwei Uhr zu, und beide hatten noch nichts zu sich genommen. Banks hatte, ehrlich gesagt, nicht viel gegessen, seit er am Samstag in den frühen Morgenstunden von der fünften vermissten Jugendlichen gehört hatte.
In den vergangenen zwei Monaten hatte er manchmal geglaubt, sein Kopf würde unter dem bloßen Druck der Informationsmenge zerspringen, die er mit sich herumtrug. Oft wachte er frühmorgens auf, gegen drei, vier Uhr, und die Gedanken wirbelten ihm durch den Kopf und ließen ihn nicht wieder einschlafen. Dann stand er auf, kochte sich eine Kanne Tee, setzte sich im Schlafanzug an den Kiefernholztisch in der Küche und machte sich Notizen für den
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