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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Nervenzusammenbruch gehabt und »schonte« sich in einem Sanatorium. Soweit Banks wusste, war Watson nie mehr in den Schuldienst zurückgekehrt.
      Der gestrige Regen hatte die Luft geklärt. Die tieferen Täler leuchteten wieder im satten Grün, dazwischen Tupfer von lila Klee, gelben Butterblumen und Schöllkraut. Der Kalksteinfels von Fremlington Edge blitzte im Sonnenlicht, und das Dorf Lyndgarth mit seiner kleinen Kirche und der schrägen Dorfwiese unten im Tal schien zu schlafen. Banks schaute auf die Karte, fand die kleine Straße, die er suchte, und bog rechts ab.
      Das Cottage von Alastair Ford war fast genauso abgelegen wie das von Banks. Schon bald verstand er den Grund. Es war nicht die Neue-Welt-Symphonie, sondern das wunderbare Recordare für Sopran und Mezzosopran aus Verdis Requiem, das in voller Lautstärke aus den offenen Fenstern dröhnte. Hätte Banks nicht im Auto Aftermath von den Stones gehört, hätte ihn die Musik schon einen Kilometer zuvor begrüßt.
      Banks parkte hinter einem dunkelblauen Honda. Er musste eine Weile an der Tür klopfen, aber schließlich wurde die Musik leiser, und ein Mann öffnete, den Banks vom Konzert des Aeolian String Quartet kannte. Alastair Ford hatte eine lange Hakennase, unrasierte Wangen und ein Leuchten in den Augen. Hätte er Haare gehabt, hätten sie ihm in allen Richtungen vom Kopf abgestanden, aber er war fast kahlköpfig. Was war das Besondere an Luke Armitage, fragte sich Banks. Ford war der zweite Mensch an diesem Tag, der den Jungen näher gekannt hatte und der total verrückt aussah. Vielleicht zog Luke Sonderlinge an. Vielleicht weil er selbst mehr als ein wenig sonderbar war. Banks wollte sich aber noch nicht festlegen. Ob die Exzentrik von Alastair Ford gefährlich werden konnte, musste sich noch herausstellen.
      »Ich bin wirklich ein großer Verdi-Fan«, sagte Banks und zückte seinen Dienstausweis, »aber finden Sie nicht, dass es auch ein bisschen leiser geht?«
      »Ach, sagen Sie nicht, der alte Bauer Jones hat sich wieder über die Musik beschwert. Er behauptet, dabei würde ihm die Kuhmilch verklumpen. Dieser Spießer!«
      »Ich bin nicht wegen des Lärms hier, Mr. Ford. Darf ich reinkommen?«
      »Jetzt bin ich aber neugierig«, sagte Ford und ging Banks voran. Das Haus war sauber, aber unaufgeräumt, überall flogen Notenblätter herum, auf einem niedrigen Tisch lag eine Geige, und das Wohnzimmer wurde von der gewaltigen Stereoanlage beherrscht. »Ein Polizist, der sich mit Verdi auskennt.«
      »Ich bin kein Fachmann«, sagte Banks, »aber ich hab mir letztens eine neue Aufnahme gekauft, und die hab ich mir ein paarmal angehört.«
      »Ah, verstehe. Renée Fleming und das Kirov-Ensemble. Sehr schön, aber ich muss gestehen, dass ich noch immer sehr an der Interpretation von Anne Sofie von Otter und John Eliot Gardiner hänge. Nun, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie hergekommen sind, um mit mir über Musik zu fachsimpeln. Was kann ich für Sie tun?« Ford hatte Ähnlichkeit mit einem Vogel, insbesondere seine abgehackten Bewegungen, aber als er sich in den Sessel setzte, die Hände im Schoß verschränkt, wurde er ruhiger. Entspannt war er allerdings nicht. Banks fragte sich, warum der Lehrer so verkrampft war. Vielleicht wurde er einfach nicht gerne von der Polizei befragt.
      »Es geht um Luke Armitage«, sagte Banks. »Ich habe gehört, Sie haben ihn gekannt?«
      »Ach, der arme Luke. Ein außergewöhnlich talentierter Junge. Ein großer Verlust.«
      »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
      »Gegen Ende des Schuljahres.«
      »Seitdem haben Sie ihn nicht mehr gesehen?«
      »Ich habe seitdem kaum mein Haus verlassen, fahre nur für Einkäufe nach Lyndgarth. Endlich allein mit meiner Musik nach einem halben Jahr mit diesen Ignoranten. Welch ein Segen!«
      »Ich nehme an, Luke Armitage war kein Ignorant, oder?«
      »Ganz und gar nicht.«
      »Sie haben ihm Geigenunterricht gegeben, nicht wahr?«
      »Ja.«
      »Hier oder in der Schule?«
      »In der Schule. Dienstagabends. Wir haben da einen ganz ordentlich ausgestatteten Musiksaal. Na, heutzutage müssen wir für alles dankbar sein. Für Sport wird ein Vermögen ausgegeben, aber wenn es um Musik geht...«
      »Hat Luke mal etwas Persönliches erzählt?«
      »Er hat nicht viel geredet. Meistens hat er sich aufs Spielen konzentriert. Er hatte eine ungeheure Konzentrationsfähigkeit, anders als die meisten Jugendlichen

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