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Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall

Titel: Inspector Alan Banks 13 Ein seltener Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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was los war. Sie hatte ihm gesagt, sie wolle mit ihm reden. Ging es um die vergangene Nacht? Bedauerte sie es? Wollte sie ihm vielleicht sagen, sie hätte einen Fehler gemacht und wolle ihn nicht wiedersehen? »Michelle?« Sanft legte er ihr die Hand auf die Schulter.
      Michelle drehte sich um. Sie lächelte und hob den Schirm höher, damit auch Banks' Kopf darunterpasste. »Gehen wir ein Stückchen?«
      »Gerne«, sagte Banks. »Sonst alles in Ordnung?«
      »Sicher, klar. Wieso fragst du?«
      Es war also alles in Ordnung. Banks hätte sich in den Hintern beißen können. Die Angst, was er auch tue, mit wem er auch ausginge, es könne alles zerbrechen, war ihm in Fleisch und Blut übergegangen. Dass er in normalem Verhalten schon eine Kränkung sah, war zum Teil Annies Schuld. Bei ihr hatte er immer das Gefühl gehabt, er hantiere mit rohen Eiern. Er stand hier mit Michelle in einer Kapelle, Herrgott noch mal. Sie waren Polizeibeamte. Was erwartete er denn von ihr? Dass sie ihm verliebte Blicke zuwarf? Sich in der Kapelle auf seinen Schoß setzte und ihm Liebesschwüre ins Ohr flüsterte?
      »Heute Morgen auf dem Revier hätte ich dir am liebsten gesagt, wie wunderbar die letzte Nacht war, aber das ging schlecht, was?«
      Michelle streichelte ihm über die aufgeplatzte Lippe. »Ich fand es auch wunderbar.«
      »Kommst du noch mit zu den Marshalls?«
      »Nein, glaub nicht. So was liegt mir nicht.«
      »Mir auch nicht. Aber ich gehe trotzdem hin.«
      »Klar.«
      Sie schlenderten einen schmalen Kiesweg zwischen den Gräbern entlang, die Grabsteine waren dunkel vom Regen. Eiben hingen tief hinunter, aus ihren Zweigen tropfte es auf den Schirm, lauter als der Nieselregen. »Du hast gesagt, du wolltest mit mir reden.«
      »Ja.« Michelle erzählte Banks, dass Dr. Wendell die Tatwaffe unter Vorbehalt als Kampfmesser der Marke Fairbairn-Sykes identifiziert hatte und dass Harris im Krieg gewesen war.
      Banks pfiff durch die Zähne. »Jet Harris war bei einer Nahkampfeinheit?«
      »Ja.«
      »Scheiße noch mal. Das ist echt eine vertrackte Sache.« Banks schüttelte den Kopf. »Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass Jet Harris Graham umgebracht hat«, sagte er. »Es ergibt einfach keinen Sinn. Ich meine, was für ein Motiv soll er gehabt haben?«
      »Keine Ahnung. Höchstens das, was wir gestern überlegt haben, dass er möglicherweise mit Fiorino und dem Pornoring zu tun hatte und Graham ihnen in die Quere gekommen ist. Trotzdem kann ich mir nur schwer vorstellen, dass jemand in Harris' Position so etwas persönlich erledigt. Und knallharte Beweise haben wir nicht; alles nur Indizien. Außerdem ist er nicht der einzige mögliche Kandidat. Mir ist wieder eingefallen, dass Mrs. Walker meinte - du weißt schon, die Frau im Zeitungsladen - Donald Bradford wäre in einer Spezialeinheit in Burma gewesen. Hab ich nachgeprüft. Er war tatsächlich in einer Nahkampftruppe.«
      »Bradford auch? Das wird ja immer komplizierter.«
      »Na ja, immerhin wissen wir mit Sicherheit, dass Bradford mit Pornographie zu tun hatte. Aber dass Harris korrupt gewesen sein soll, dafür haben wir keinen einzigen Beweis«, sagte Michelle. »Nur Shaws sonderbares Verhalten. Das erinnert mich an das Gespräch mit Des Wayman.«
      »Was hat er zu seiner Verteidigung vorgebracht?«
      Michelle erzählte Banks von Waymans Behauptung, Shaw habe den Überfall der vergangenen Nacht in Auftrag gegeben. »Aber bei einer offiziellen Vernehmung würde er das nicht zugeben. Und Shaw wird es mit Sicherheit auch abstreiten.«
      »Aber wir wissen, dass es stimmt«, sagte Banks. »Das haben wir ihm voraus. Das war dumm von Shaw. Das heißt, er hat Angst, fühlt sich in die Enge getrieben. Was ist mit dem Einbruch in deine Wohnung und dem Wagen, der dich überfahren wollte?«
      Michelle schüttelte den Kopf. »Davon wusste Wayman nichts. Shaw muss noch jemanden haben, vielleicht einen mit etwas mehr Grips. Ich hatte das Gefühl, Wayman kann man nehmen, wenn man einen fürs Grobe braucht, aber ansonsten ist er so dumm, dass er nicht ohne fremde Hilfe vom Klo in die Küche findet.«
      »Wie Bill Marshall?«
      »Ja. Meinst du, wir sollten uns mal mit Shaw unterhalten?«
      »Ja, bald. Zunächst wäre es gut, ein bisschen mehr über Harris in Erfahrung zu bringen.«
      »Ich ruf dich an.«
      »Gut.«
      »Wo willst du jetzt hin?«, fragte Banks.
      Michelle blieb stehen und lächelte ihn an.

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