Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
an. »Meinst du das ernst?«
»Na klar.«
Maria errötete und schob ihm das leere Glas hin. »Dann nehme ich bitte noch einen Campari Soda.«
Wenn er selbst die Initiative übernahm, wurde Maria scheinbar schüchterner, dachte Banks auf dem Weg zur Theke. Während Cyril das Bier zapfte, ließ Banks sich durch den Kopf gehen, was er gerade erfahren hatte. Selbst wenn Marias Eindruck richtig war, hatte es nicht unbedingt etwas zu bedeuten. Aber warum hatte Phil Keane es ihm nicht selbst erzählt? Warum hatte er behauptet, McMahon nicht zu kennen? Und wie konnte Banks das näher untersuchen, ohne seine bereits angeknackste Beziehung zu Annie aufs Spiel zu setzen?
* 12
Im Zug nach London grübelte Banks weiter über das, was Maria Phillips ihm am vergangenen Abend erzählt hatte. Was fing er bloß damit an? Vor Sorge konnte er nicht einmal entspannen und seine John-Mayall-CD genießen. Auf den Thriller von Eric Ambler konnte er sich genauso wenig konzentrieren.
An dem, was Maria erzählt hatte, gab es nichts zu rütteln: Phil Keane war in ein Gespräch mit Thomas McMahon vertieft gewesen, und es hatte ausgesehen, als ob sich die beiden gut kannten. Keane hatte aber behauptet, er kenne den Maler nicht. Natürlich konnte er sich schlicht und einfach irren - schließlich war es bereits einige Monate her -, aber irgendwie glaubte Banks das nicht.
Vielleicht wollte Keane wie die meisten Menschen vermeiden, in eine polizeiliche Ermittlung hineingezogen zu werden. Das war verständlich. Damit will ich nichts zu tun haben. Ich halt mich da raus. Leslie Whitaker hatte genauso reagiert, und Banks war überzeugt, dass er viel tiefer drinsteckte, als er zugab.
Aber Phil Keane war ebenso am Fall beteiligt. Als Experte und als Annies Freund. Was doch eigentlich bedeutete, dass er auf ihrer Seite war - oder etwa nicht? Mit Annie darüber reden konnte Banks auf keinen Fall. Sie würde sofort auf die Barrikaden gehen, weil sie argwöhnte, Banks wolle aus Eifersucht Phil und sie auseinander bringen. Verglichen mit dem Ärger, der dann ins Haus stand, wäre ihr Wortwechsel am Vortag nur ein Austausch von Höflichkeiten gewesen.
Kurz hinter Grantham kam Banks eine Idee. Auf dem Handy rief er einen alten Kollegen von der Metropolitan Police an, der ihm möglicherweise helfen konnte. Danach war sein Kopf ein bisschen freier, sodass er Blues from Lau-rel Canyon genießen konnte.
King's Cross war wie immer ein Tohuwabohu. Banks steuerte schnurstracks auf die Taxen zu und stellte sich hinten an. Nach wenigen Minuten saß er in einem Wagen und war auf dem Weg zum Büro von Sir Laurence West. Es ging nur langsam voran, wie meistens in London. Das milde Wetter schien mehr Menschen als sonst auf die Straße zu locken. Ohne die geringste Rücksicht auf ihre eigene Sicherheit oder die der anderen schlängelten sich Fahrradkuriere zwischen den Autos hindurch. Fußgänger überquerten die Straße, ohne einen Blick auf die Ampel zu werfen. Viele trugen nur Anzug oder Windjacke und Jeans.
Es gibt in der City nicht viele Hochhäuser, aber in einem von ihnen befanden sich die Büroräume von Sir Laurence. Vom zwölften Stock hatte man eine herrliche Aussicht auf die Themse nach Süden, Richtung Southwark. Jedenfalls, wenn es nicht so bedeckt gewesen wäre.
Als Banks endlich an Wachleuten, Empfangsdamen, Sekretärinnen, Büromanager und persönlicher Assistentin vorbei war, bereute er schon, nicht jemand anderen geschickt zu haben. Bürokratie regte ihn immer auf, er verlor schnell die Geduld. Als er schließlich ins Allerheiligste vorgelassen wurde, war er so geladen, dass Sir Laurence es zu spüren bekommen würde.
Das Büro war ungefähr so groß wie die gesamte obere Etage des Polizeipräsidiums und stand zum größten Teil leer. Dicke Orientteppiche mit kunstvollen Mustern lagen auf dem Boden, dazwischen schimmerte Parkett. In der Mitte thronte ein riesiger Teakschreibtisch, auf dem lediglich ein Laptop glänzte. In einer Zimmerecke stand eine dreiteilige schwarze Polstergarnitur um einen niedrigen Glastisch, daneben ein Cocktailschrank. In der Luft hing schwach der Geruch von Zigarren.
Sir Laurence, ein großer, stattlicher Mann, hatte eine Glatze und buschige Augenbrauen. Er erinnerte Banks stark an Robert Morley. Sir Laurence war schätzungsweise Anfang siebzig, hatte sich aber gut gehalten. Er trug einen schiefergrauen Anzug, ein weißes Hemd und eine gestreifte Krawatte,
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