Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
nicht, dass ich ein Problem mit ihm habe.«
»Ist auch besser so. Wir leben in schwierigen Zeiten. Mit der Welt geht's den Bach runter. Man weiß nicht mehr, wem man glauben darf.«
»Wenigstens du landest ja immer wieder auf den Füßen.«
»Ich bin ein Stehaufmännchen. Kennst du die noch von früher? Man konnte sie umwerfen, sooft man wollte, sie richteten sich immer wieder auf.«
»Ich weiß«, sagte Banks.
»Egal. Trinkst du noch eins? Oder hast du's eilig?«
Banks schaute auf die Uhr. Er wollte noch jemanden besuchen, aber er musste sich nicht beeilen. »Gerne«, sagte er.
»Geht auf mich.«
Winsome fuhr den unauffälligen Polizeiwagen über die M42. Gekonnt wechselte sie die Spur und überholte Lkws. Die Scheibenwischer bewegten sich wie verrückt hin und her, um die schmutzige Gischt zu entfernen. Annie, selbst keine schlechte Fahrerin, wunderte sich, dass sie nicht im Geringsten nervös wurde. Dabei fuhren sie mit hoher Geschwindigkeit, und Winsome drängelte sich mit dem Auto in die kleinsten Lücken.
»Wo haben Sie denn so fahren gelernt?«, fragte Annie.
Winsome grinste sie an. »Keine Ahnung, Ma'am«, sagte sie. »Wahrscheinlich zu Hause. Ich meine, ich hab mit zwölf angefangen, und scheinbar liegt's mir einfach im Blut. Die Küstenstraßen bei uns ...«
»Aber auf Jamaika gibt's doch keine Autobahnen, oder?«
»Sie sind noch nie da gewesen, stimmt's?«
»Nee.«
»Stimmt, es gibt keine Autobahnen. Nicht in dem Sinne wie hier. Aber manchmal kann man ganz schön Gas geben, und in Montego Bay ist immer der Teufel los.«
»Und in Kingston?«
»Keine Ahnung. War ich noch nie. Eigentlich hab ich hier fahren gelernt, bei der Arbeit. Hab Stunden genommen.«
»Freut mich zu hören. Ähm, Winsome ...«
»Was ist, Ma'am?«
»Bei diesem ständigen >Ma'am< komm ich mir vor wie eine alte Frau. Können Sie mich nicht irgendwie anders nennen?«
Winsome lachte. »Und was schlagen Sie vor?«
»Ist mir egal, wirklich.«
»Boss?«
»Nee, das mag ich nicht.«
»Was ist mit >Detective Inspector«
»Bloß nicht!«
»Oder >Chef«
Annie überlegte kurz. Banks mochte >Chef< nicht, das wusste sie. Er fand, es hörte sich an wie im Fernsehen. Annie störte es nicht. Sie fand, es klang gut. »Einverstanden. Hört sich gut an.«
»Also gut, Chef. Was denken Sie?«
»Über William Masefield?«
»Ja.«
»Weiß nicht genau«, sagte Annie. »So einfach kann es doch nicht sein, oder?«
»Manchmal schon.«
»Meiner Erfahrung nach nicht. Wenn er auch nur ein bisschen Grips hat, dann muss er wissen, dass wir ihm über Autovermietung und Kreditkarte früher oder später auf die Schliche kommen.«
»Vielleicht ist er gar nicht so clever, wie wir glauben.« Winsome drückte sich an mindestens sechs mehrachsigen Brummis mit spanischen Nummernschildern vorbei. Annie schaute auf die Karte. »Wir sind gleich da. Fahren Sie auf die linke Spur.«
Winsome blinkte und wechselte die Fahrbahn.
»Wir müssen Ausfahrt drei nehmen. Auf die A-435. Hier!«
Winsome scherte aus und bremste langsam. Annie griff zu einer detaillierteren Karte der Gegend, die sie vorher gekauft hatte, und fand die Straße in Studley. Nun fuhr Winsome gelassener, es waren nur wenig Autos unterwegs. Sie kamen einen Hang hinunter und bogen dann rechts in eine Seitenstraße ein. Annie suchte die Hausnummer, die sie von der Autovermietung bekommen hatte.
Schließlich hielt Winsome vor dem entsprechenden Grundstück. Rechts und links standen Einfamilienhäuser, nicht besonders groß, aber hübsch mit Erkerfenstern und Garagen. Das Problem war: Wo Nummer 11 hätte sein müssen, klaffte eine Lücke.
Fassungslos stiegen die beiden aus und betrachteten das leere Grundstück.
»Kann ich Ihnen helfen?«, fragte jemand hinter ihnen mit leicht nasalem Midlands-Akzent.
Annie drehte sich um. Eine Frau war aus einem Haus auf der anderen Straßenseite getreten. Sie hatte eine graue Strickjacke über die Schultern gelegt. »Vielleicht ja«, sagte Annie und zeigte der Frau den Dienstausweis. Dann stellte sie Winsome vor. »Wir suchen einen Mr. William Masefield.«
»Ach, Mr. Masefield«, sagte die Frau. »Da kommen Sie leider zu spät, meine Liebe. Den gibt's nicht mehr. Er ist gestorben.«
»Wann denn?«
»Letztes Jahr im August.«
»Woran ist er denn gestorben ? Und was
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