Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
haben Sie bereits erwartet. Kommen Sie doch herein. Ich bin Julia Redfern. Geben Sie mir Ihren Mantel!«
Banks reichte ihr den Mantel, sie hängte ihn in den Dielenschrank. Im Haus roch es nach Äpfeln und Zimt. Mrs. Redfern führte ihn in die Küche, wo es noch stärker duftete. »Ich hoffe, es stört Sie nicht, wenn wir uns hier unterhalten«, sagte sie. »Arbeitszimmer und Esszimmer sind einfach zu förmlich. Ich finde immer, die Küche ist der wahre Mittelpunkt des Hauses, nicht wahr?«
Banks stimmte ihr zu. Auch wenn er meistens im Wohnzimmer saß und las, Fernsehen guckte oder Musik hörte, liebte er seine Küche. Sie war sogar der Hauptgrund gewesen, warum er das Cottage überhaupt gekauft hatte, da er schon vorher von ihr geträumt hatte. Die Küche der Redferns war viel größer als seine, rustikal eingerichtet mit einem schweren Holztisch und vier Stühlen mit stabiler Rückenlehne. Eine Glastür, die geschlossen war, führte in einen kleinen Wintergarten. Banks nahm Platz.
»Außerdem«, ergänzte Mrs. Redfern, »müsste der Kuchen jetzt fertig sein. Ich nehme ihn raus und lasse ihn ein bisschen abkühlen.«
»Es hat schon so lecker gerochen«, sagte Banks.
»Ich mache gerne etwas Besonderes, wenn wir Besuch haben«, erwiderte Mrs. Redfern. Sie holte den Apfelkuchen aus dem Ofen und stellte ihn auf ein Gitter. Die goldene Kruste sah knusprig aus. Die Situation hatte etwas Surreales, fand Banks: eine rustikale Küche, Düfte aus dem Ofen, ein frischer Apfelkuchen. Völlig anders als die Welt von Mark und Tina. Er überlegte, ob Mrs. Redfern das Gefühl gehabt hatte, sich irgendwie von seinem bevorstehenden Besuch ablenken zu müssen oder sich zu beruhigen.
Dr. Redfern kam herein. Obwohl er über siebzig war, machte er einen rüstigen, agilen Eindruck. Er hatte volles, silbergraues Haar. Sein Händedruck war fest. Banks fragte sich, ob er ein guter Arzt gewesen war. »Maurice Redfern«, stellte er sich vor. »Freut mich.« Dann nahm er Banks gegenüber Platz.
»Zuerst einmal«, begann Banks, »möchte ich Ihnen sagen, dass es mir sehr Leid tut, was mit Ihrer Enkelin geschehen ist. Wir tun, was wir können, um den Täter zu finden.«
»Ich weiß nicht, wie wir Ihnen helfen können«, sagte Dr. Redfern, »aber wir tun natürlich alles, was möglich ist.«
Seine Frau war mit dem Tee beschäftigt. Sie stellte die Kanne und drei Tassen mit Untertellern auf den Tisch und schnitt für jeden ein Stück Apfelkuchen ab. »Nehmen Sie Sahne?«, fragte sie Banks. »Oder vielleicht eine Scheibe Cheddar?«
»Nein, danke. Der sieht sehr gut aus.«
»Milch und Zucker?«, wollte sie wissen.
»Nein, nichts, danke«, antwortete Banks. Sie goss ihm Tee ein und setzte sich. Banks fand, sie wirkte nervös, unruhig. Aber vielleicht war sie einfach so. Er trank einen Schluck Tee. Er war stark, so mochte Banks ihn. Sandra hatte immer gesagt, in seinen Tee könnte man einen Löffel stellen, er würde nicht umkippen. Sie hatte ihn lieber schwach mit Milch und zwei Stück Zucker getrunken. Vor seinem inneren Auge schob sie den Kinderwagen durch den Regen, fort von ihm. »Eigentlich brauche ich nur ein paar Hintergrundinformationen«, erklärte er. »Sie würden sich wundern, wenn Sie wüssten, wie wichtig Kleinigkeiten manchmal sein können, und man weiß es erst, wenn man sie gefunden hat. Ist so ähnlich wie die Diagnose eines Arztes, oder?«
»Allerdings«, bestätigte Maurice Redfern. »Nun gut. Dann legen Sie mal los.«
»Standen Sie Ihrer Enkeltochter sehr nahe?«, fragte Banks.
Die Redferns tauschten einen Blick aus. Schließlich antwortete Maurice: »Christine lebte bei uns, bis sie fünf Jahre alt war. Danach hat sie uns oft besucht, manchmal blieb sie auch länger hier. Wenn ihre Eltern mal einen Kurzurlaub gemacht haben oder so, haben wir auf sie aufgepasst.«
Eine sehr ausweichende Antwort, fand Banks. Aber vielleicht war seine Frage für die Redferns zu schwierig, zu schmerzhaft zu beantworten. »Hat sie sich Ihnen anvertraut?«
»Sie war sehr still. Eine Träumerin. Ich wüsste nicht, dass sie sich überhaupt jemandem anvertraut hätte.«
»Und als sie älter wurde? War da das Verhältnis auch noch so eng?«
»Haben Sie selbst Kinder, Mr. Banks?«, fragte Julia Redfern.
»Ja, zwei«, erwiderte Banks. »Einen Sohn und eine Tochter.«
»Enkelkinder?«
»Noch nicht.«
»Natürlich nicht. Sie sind ja noch jung.
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