Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
ihn nicht kennen.«
»Stimmt. Weder ihn noch seine Arbeiten.«
»Mir wurde aber erzählt, dass Sie auf dem Turner-Empfang im vergangenen Juli mit ihm gesprochen hätten.«
Keane runzelte die Stirn. »Da habe ich mit einer Menge Leute gesprochen. Unter anderem habe ich da Annie kennen gelernt.«
»Ja, ich weiß«, entgegnete Banks. »Aber was war mit McMahon?«
»Tut mir Leid. Ich wüsste nicht, wer das gewesen sein soll.«
»Klein, leicht untersetzt, nicht sehr ordentlich rasiert, langes, fettiges braunes Haar. Etwas schlampig. Hat bestimmt getrunken.«
»Ah. Meinen Sie den Typ mit dem etwas unangenehmen Körpergeruch?«
Als Banks McMahon gesehen hatte, hatte er nach verbranntem Fleisch gerochen. »Kann sein«, gab er zurück. »Ich habe ihn leider nie gerochen. Jedenfalls nicht, als er noch lebte.«
»Künstlertyp. Leicht angeduselt, wenn ich mich recht erinnere.«
»Das heißt, Sie kannten ihn?«
»Nein. Ich hatte keine Ahnung, wer er war.« Keane streckte die Hände aus. »Aber wenn Sie sagen, es war Thomas McMahon, dann wird das schon stimmen.«
»Aber Sie haben sich mit ihm unterhalten, ja?«
»Das eine Mal, ja.«
»Worüber?«
»Er war ein bisschen aufdringlich, das weiß ich noch. Ich glaube, wir haben uns einfach über die ausgestellten Bilder unterhalten. Er fand sie furchtbar. Mir gefielen ein, zwei davon. Ach ja, jetzt fällt's mir wieder ein: Er machte so verächtliche Bemerkungen über Turner, er könnte ohne weiteres das fehlende Yorkshire-Aquarell hinhauen.«
»Über das wir gerade gesprochen haben?«
»Genau das.«
»Und das ist Ihnen jetzt erst eingefallen?«
»Ja. Sie haben meinem Gedächtnis auf die Sprünge geholfen. Warum? Ist das wichtig?«
»Könnte sein. Das heißt, Sie haben sich mit McMahon gestritten?«
Keane lächelte. Sein Ton wurde etwas schärfer. »Gestritten würde ich nicht sagen, war wohl eher eine künstlerische Meinungsverschiedenheit. Worauf wollen Sie hinaus? Worum geht's hier überhaupt?«
»Hat wahrscheinlich nichts zu bedeuten«, entgegnete Banks, stand auf und steuerte auf die Tür zu. »Tut mir Leid, dass ich Sie aufgehalten habe.«
Keanes Stimme wurde wieder freundlicher, als er merkte, dass Banks gehen wollte. »Ach, kein Problem. Schade, dass ich Ihnen nicht helfen kann. Und Sie wollen ganz bestimmt keinen für den Weg? Oder verstößt das gegen die Vorschriften?«
Banks lachte. »Ich kann nicht behaupten, dass mich das abhalten würde, aber nein, danke. Ich muss jetzt los. Falls Ihnen noch irgendetwas zu dem Gespräch mit McMahon einfällt, sagen Sie mir doch bitte Bescheid, ja?«
»Natürlich.«
Banks hielt in der offenen Tür inne. »Eine Sache noch.«
»Ja?«
»Wir wollen eine Gegenüberstellung machen, und Sie sind von derselben Statur und Hautfarbe wie der Verdächtige. Und da Sie ja praktisch zur Mannschaft gehören: Würden Sie aushelfen und sich mit dahin stellen?«
»Wie aufregend«, sagte Keane. »So was habe ich noch nie gemacht. Ja, natürlich. Ich helfe gerne.«
»Gut«, erwiderte Banks. »Danke. Ich melde mich. Bis dann!«
* 14
Als Banks am Nachmittag nach Leeds fuhr, dachte er über Phil Keanes Reaktion auf seinen Besuch und die Fragen nach. Er wusste, aufschlussreich waren oft nicht die Dinge, die jemand sagte, sondern eher das Unausgesprochene, die Art und Weise, wie jemand etwas sagte, oder seine unbewusste Körpersprache. Doch sooft Banks Keanes Vorstellung im Geiste auch durchging, er fand keinen Makel daran. Selbst die leichte Verärgerung, befragt zu werden, war verständlich und nachvollziehbar. Er hätte genauso reagiert.
Aber irgendetwas passte nicht. Erst im Kreisverkehr an der Umgehungsstraße von Leeds fiel Banks ein, was es war. Keane hatte ihm tatsächlich eine Vorstellung geliefert. Banks konnte es nicht abwarten zu erfahren, ob Burgess irgendwas hatte ausgraben können, beschloss aber, noch bis zum nächsten Morgen zu warten. Wenn er bis dahin nichts gehört hatte, würde er Scotland Yard anrufen.
Doch erst mal musste er sich auf ein ziemlich heikles Gespräch mit Tinas Großeltern, den Redferns, konzentrieren. Ihr Haus war leicht zu finden, eine große Doppelhaushälfte mit Erkerfenster in einer ruhigen, baumgesäumten Straße im Stadtteil Roundhay. Banks parkte an der Straße.
»Mr. Banks«, begrüßte ihn die matronenhafte Frau, die die Tür öffnete. »Wir
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