Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
Lebensweisen zu lösen. Was mir hier gefällt, ist die Abgeschiedenheit. Meistens habe ich die Vorhänge zugezogen.«
»Gute Idee. Und Thomas McMahon - Sie waren mal mit ihm befreundet. Was passierte dann?«
»Tom? Soll mein Freund gewesen sein?« Hayward fuhr sich mit der Hand durchs strähnige, fettige Haar. »Ja, gut, irgendwie schon.«
»Haben Sie sich zerstritten?«
»Mir hat seine künstlerische Ausrichtung nicht gepasst, besser gesagt, das Fehlen jeglicher Orientierung. Diese abstrakten Sachen, an denen er da arbeitete, die waren doch seit den Kubisten passé, und dann diese grässlichen Landschaften, die er wie am Fließband für die Touristen produziert hat.«
»Um die Miete zahlen zu können?«
»Wahrscheinlich schon. Aber was ist schon die Miete im Vergleich zur Kunst?«
Annie war froh, nicht Haywards Vermieterin zu sein. »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?«
»Muss vier, fünf Jahre her sein.«
»Seitdem nicht mehr?«
»Nein. Irgendwann gehörte er nicht mehr zur Szene. Was man so Szene nennt.« Hayward kratzte sich zwischen den Beinen. »Ich hab ihn immer seltener gesehen. Er wurde griesgrämig und launisch. Schließlich wusste ich nicht mal mehr, wo er wohnte. Ich dachte, er wäre weggezogen.«
»Das heißt, Sie haben ihn letztes Jahr nicht auf dem Turner-Empfang getroffen?«
Hayward verzog das Gesicht. »Ich bitte Sie! Turner? Glauben Sie, ich würde meine Zeit mit so einem Schund vergeuden?«
»Natürlich nicht. Verzeihung. Hätte ich mir denken können. Mal abgesehen davon, dass Sie McMahons Stil nicht guthießen, gab es da noch andere Streitpunkte?«
»Nein. Wir haben uns immer gut verstanden. Haben uns nett unterhalten. Jedenfalls war das, was er machte, keine Kunst.«
»Sie haben aber keine Ahnung, was er in letzter Zeit so trieb?«
»Nein, überhaupt nicht.«
»Seine Werke sind nicht irgendwo aufgetaucht?«
»Nein, Gott sei Dank nicht.«
»Würde es Sie überraschen zu hören, dass er offenbar auf einem besetzten Boot am Kanal lebte, ein Boot, das Donnerstagnacht in Brand gesetzt wurde, wobei er und das Mädchen auf dem Nachbarschiff umkamen?«
Wenn Annie noch Hoffnung gehabt hatte, Hayward aus der Reserve zu locken und eine menschliche Reaktion hervorzurufen, so wurde sie endgültig enttäuscht. »Nein«, sagte der Maler. »Mich erstaunt eigentlich nichts mehr. Außer die Kunst. Und selbst die nicht mehr so häufig wie früher. Wie schon Diaghilew zu Jean Cocteau sagte: Etonne moi! Ha. Wenn das nur ginge!«
»Haben Sie eine Vorstellung, warum irgendjemand Tom McMahon hätte umbringen wollen?«
»Weil er schlechte Bilder malte?«
»Mr. Hayward, bitte.«
Der Maler grinste. »War Ihnen wohl etwas zu brutal? Zu nah an der Wahrheit?«
»Sie scheinen sehr genau zu wissen, welche Wirkung Sie erreichen wollen. An Ihrer Stelle wäre ich ein bisschen vorsichtiger, damit sich kein steifer, hölzerner Akzent in Ihre Arbeit schleicht. Wissen Sie, diese arrogante, gekünstelte Egozentrik kann ziemlich kontraproduktiv sein.«
»Was verstehen Sie schon davon?«
»Nichts. Ist nur meine Meinung.«
»Die Meinung von Ignoranten ist ungefähr so spannend wie ein Landschaftsbild von Constable.«
»Aha«, sagte Annie, die die Landschaftsmalerei von Constable durchaus interessant fand. Interessanter jedenfalls als die Bilder an Haywards Wänden. Sie kam hier nicht weiter. Hayward war offenbar viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt, um die Existenz anderer Menschen wahrzunehmen. Oder gar um jemanden zu ermorden. Zeit zu gehen.
»Hören Sie«, sagte Hayward, als Annie sich erhob und auf die Tür zusteuerte. »Es tut mir Leid, dass ich Ihnen keine größere Hilfe war, aber ich habe Tom wirklich seit Jahren nicht gesehen und habe keine Ahnung, was er so machte. Er war einfach kein besonders origineller Maler, das ist alles.«
»Schon gut«, gab Annie zurück. »Vielen Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben.«
Haywood stand in der Tür, lehnte sich gegen den Rahmen und versperrte Annie den Weg nach draußen. »Vielleicht war Ihr Besuch aber doch nicht ganz umsonst.«
Annie merkte, dass sich ihr Hals zusammenzog. »Ach nein?«, sagte sie.
»Hm. Ich meine, es gibt oft andere Beweggründe, oder? Versteckte Beweggründe. Man tut etwas aus einem bestimmten Grund, zumindest oberflächlich, aber hinterher stellt sich heraus, dass es ein tiefer
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