Inspector Alan Banks 14 Kein Rauch ohne Feuer
schwarzen Hund unterwegs gewesen.«
Der schwarze Hund. So hatte Winston Churchill seine Depressionen genannt, an denen er zeit seines Lebens litt. »Meinen Sie, er war selbstmordgefährdet?«
Mellor überlegte kurz. »Es gab Zeiten, da hab ich mir Sorgen gemacht, dass er sich was antun würde.«
Feuer war keine gängige Selbstmordmethode, wusste Banks. Der letzte derartige Fall war ein Mann gewesen, der sich an das Lenkrad seines Autos gekettet, sich mit Benzin übergossen und dann angezündet hatte. Die Fenster hatte er jedoch verschlossen, sodass zu wenig Sauerstoff im Wageninnern war. Das Feuer konnte sich nicht ausbreiten. Als die Flammen verloschen, ist der Mann erstickt, äußerlich war er nahezu unversehrt. Dennoch durfte Banks diese Möglichkeit nicht außer Acht lassen. »Glauben Sie, dass Gardiner den Wohnwagen angesteckt hat?«, fragte er Mel-lor.
»Ob er ihn in Brand gesetzt hat? Du lieber Himmel, nein. So etwas Unverantwortliches hätte Roland niemals getan. Dabei hätte ja jemand anders verletzt werden können. Zum Beispiel ein Feuerwehrmann. Außerdem ist das bestimmt ein schmerzhafter Tod. Nein. Roland hatte starke Tabletten von einem Arzt bekommen, hat er mir mal erzählt. Schlaftabletten. Ich weiß nicht, wie die hießen. Er hatte scheinbar große Schlafprobleme. Albträume und so. Wenn er hätte sterben wollen, dann hätte er Schlaftabletten genommen.«
Depressionen, Albträume. Roland Gardiner war offensichtlich ein gequälter Mensch gewesen. Lag es an dem Verlust seiner Arbeit und an der Trennung von seiner Frau, oder gab es da noch andere Gründe?
»Außerdem lief es in letzter Zeit besser für ihn.«
Banks warf Annie einen kurzen Blick zu. »Ach ja?«
»Doch. Er wirkte viel fröhlicher, optimistischer.«
»Hat er auch gesagt, warum?«
»Nur dass er einen alten Freund wiedergetroffen hätte.«
»Was für einen Freund?«
»Hat er nicht näher erklärt. Wie gesagt, Roland war ein ziemlich zurückhaltender Typ.«
»War das der Freund, der ihn im Wohnwagen besucht hat?«
»Kann sein. Das war ungefähr zur gleichen Zeit.«
»Im letzten Sommer?«
»Ja.«
»Wann haben Sie Roland zum letzten Mal gesehen?«
Mellor dachte kurz nach. »Letzten Mittwoch, glaub ich. Er hat mir ein Buch geliehen.«
»Was für ein Buch?«
»Ein Geschichtsbuch. Wir interessierten uns beide für das viktorianische England.«
Banks erhob sich. »Vielen Dank, Mr. Mellor. Sie sind uns eine große Hilfe gewesen. Sollen wir Sie nach Hause bringen?«
»Ja, gern. Normalerweise würde ich ja zu Fuß gehen, aber es ist schon spät und so kalt, und ich stehe ein wenig neben mir. Haben Sie auch Platz für Sandy?«
»Aber sicher. Keine Sorge.«
Annies Wagen stand noch an Jennings Feld, daher zwängten sie sich in Banks' Renault; Sandy legte sich neben Mellor auf die Rückbank. Die Heizung voll aufgedreht, fuhren sie nach Ash Cottage. Nach wenigen Minuten war es warm im Auto, und Banks merkte, dass der Brandy ihn müde gemacht hatte. Er wusste, dass es nur die Müdigkeit war, nicht der Alkohol. Sie setzten Mellor mit seinem Hund ab, und Banks gab ihm seine Visitenkarte. »Falls Ihnen noch was einfällt.« Dann brachte er Annie zum Feld. Bei laufendem Motor und summender Heizung blieben sie in seinem Wagen sitzen und sahen dem Treiben um den ausgebrannten Wohnwagen zu. Es wurde langsam ruhiger, aber Stefan war noch da, außerdem Geoff Hamilton und einige Feuerwehrleute. Die beiden Löschzüge waren bereits fort.
»O Mann, wie ich Feuer hasse«, sagte Banks.
»Warum? Warst du mal in einem drin?«
»Das nicht, aber ich träume ständig davon.« Banks massierte sich die Schläfen. »Damals, als ich noch in London gearbeitet habe, musste ich mal zu einem Tatort. Brandstiftung. Reihenhaus in Hammersmith. Irgendwas mit einer arrangierten Hochzeit hatte nicht funktioniert, und die brüskierte Familie hat der anderen Benzin durch den Briefkastenschlitz gegossen.« Banks hielt inne. »Neun Menschen kamen ums Leben. Neun Menschen! Man konnte Leichen und Brandschutt gar nicht mehr richtig auseinander halten, nur einen konnte man erkennen, auf dessen Kopf kochte eine rote Blase. Und dieser Gestank ... mein Gott! Aber weißt du, was sich mir so richtig ins Gehirn eingebrannt hat?«
»Was?«
»Dieses kleine Mädchen. Es sah aus, als würde es vor dem Bettchen knien, mit gefalteten Händen, und beten. Die Kleine
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