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Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht

Titel: Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Fernseher abzuwenden. »Und wie genau soll das gehen?«
      »Wenn irgendeins von diesen Fotos irgendwo auftaucht, werde ich nicht nur behaupten, dass ich betrunken war, als sie gemacht wurden, was zutrifft und was jeder sehen kann, sondern dass mir K.o.-Tropfen eingeflößt wurden.«
      Langsam drehte sich Eric zu Annie um, einen ungläubigen Ausdruck im Gesicht. »Das würdest du wirklich tun?«
      »Ja. Und wenn es notwendig wäre, würden die Beamten, die deine Wohnung durchsuchen, hier auch Rohypnol oder GHB oder so finden. Du würdest dich wundern, wie viel davon bei uns auf der Dienststelle herumliegt.« Annie klopfte das Herz bis zum Hals. Sie war überzeugt, dass Eric es hören konnte oder es sogar zucken sah. Sie war es nicht gewohnt, so zu lügen oder zu drohen.
      Eric zündete sich die nächste Zigarette an. Er war blass geworden, und Annie sah, dass seine Hände zitterten. »Langsam glaube ich wirklich, dass du das tun würdest«, sagte er. »Als ich dich kennenlernte, dachte ich, du wärst echt nett.«
      »Hör mit dem Blödsinn auf! Als du mich kennengelernt hast, dachtest du, da haben wir eine nicht allzu schlecht aussehende, betrunkene alte Tussi, mit der du ohne großes Aufhebens ins Bett gehen kannst.«
      Eric klappte der Mund auf.
      »Was ist?«, fragte Annie. »Kannst du die Wahrheit nicht vertragen?«
      »Ich ... ist nur ...« Er schüttelte staunend den Kopf. »Du bist echt hart drauf.«
      »Glaub's mir«, sagte Annie. »Ich denke, ich muss nicht mehr sagen, oder?«
      Eric schluckte. »Nein.«
      »In diesem Sinne: auf Wiedersehen.«
      Annie achtete darauf, die Tür nicht hinter sich zuzuschlagen. So wütend und durcheinander sie auch war - sie musste Eric zeigen, dass sie alles im Griff hatte, auch wenn das nicht stimmte. Als sie in die kalte Nachtluft ging, blieb sie an der Straßenecke stehen und atmete mehrmals tief durch. Sie hatte es geschafft, sagte sie sich. Problem gelöst. Alles geklärt. So viel zum Thema: Annie Cabbot, Engel der Barmherzigkeit. Doch warum hatte sie, als sie die Straße hinunterging und auf das dunkle, funkelnde Meer blickte, bloß das Gefühl, gerade mit Kanonen auf Spatzen geschossen zu haben, auch wenn Eric noch so widerwärtig war? Dann redete sie sich ein, dass er bestimmt kein Spatz war, eher schon eine Schlange, und musste grinsen.
     
     

* 12
     
    Mit der Weinflasche in der Hand holte Banks tief Luft und drückte auf die Klingel. Es war ein komisches Gefühl, wieder auf der Straße zu sein, wo er so viele Jahre mit Sandra und den Kindern gelebt hatte. Sandra war jetzt wieder verheiratet und noch einmal Mutter geworden, Tracy war mit der Uni fertig, und Brian spielte erfolgreich in einer Rockband. Doch als Banks zu den zugezogenen Vorhängen seines alten Hauses hinüberschaute, einer unauffälligen Doppelhaushälfte mit Erkerfenster, neuer Tür und raugeputzter Fassade, wurde er von Erinnerungen überwältigt: wie er spätabends eine Tasse heißen Kakao mit der zwölfjährigen Tracy getrunken und die »Vier letzten Lieder« von Strauss angestellt hatte, als er von der Ermittlung im Mordfall eines Mädchens in ihrem Alter heimgekehrt war; an Brians erste ungeschickte Versuche, »Sunshine of Your Love« auf der Akustikgitarre zu spielen, die Banks ihm zum sechzehnten Geburtstag geschenkt hatte; wie er sich so leise wie möglich mit Sandra unten auf der Couch geliebt hatte, nachdem die Kinder ins Bett gegangen waren, und wie sie sich das Lachen verkniffen hatten, als sie auf den Boden gerutscht waren. Und Banks erinnerte sich an seine letzten Wochen allein im Haus, als er mit einer Flasche Laphroaig neben sich auf dem Sofa eingeschlafen war und die ganze Nacht Blood on the Tracks auf dem CD-Spieler lief.
      Bevor er noch länger auf dem gefährlichen Pfad der Erinnerung wandelte, öffnete sich die Tür, und Harriet Weaver stand vor ihm. Sie sah kaum älter aus als vor zwanzig Jahren, als sie Banks und seine Familie im Namen der Nachbarschaft begrüßt hatte. Banks beugte sich vor und küsste sie auf beide Wangen.
      »Hallo, Alan«, sagte sie. »Ich freue mich sehr, dass du Zeit hattest.« Banks reichte ihr den Wein. »Das war doch nicht nötig! Komm rein!«
      Banks folgte ihr in den Flur, wo er seinen Mantel aufhängte, dann gingen sie weiter ins Wohnzimmer. Die meisten Gäste waren schon da und saßen im geselligen Schein der orangen Tischlampen, plauderten und tranken. Insgesamt waren es zwölf Personen, zwei Pärchen

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