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Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht

Titel: Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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eine Frau«, sagte Annie. »Was glauben Sie, woher Sie sie kannten?«
      »Das weiß ich nicht. Es ist nur so ein Gefühl, ohne Grundlage. Die Polizei hat mir gesagt, ich hätte im B&B in Whitby ein Mädchen kennengelernt, und inzwischen kann ich mich an sie erinnern. Die Polizei meint, sie wäre die Frau am Hafen gewesen, aber das weiß ich nicht. Ich hatte immer wieder dieselben Träume, Alpträume, kann man wohl sagen, aber ich weiß nicht, inwiefern sie mit der Realität übereinstimmen.«
      »Was für Alpträume?«
      »Die sind ein bisschen ... ähm ... peinlich.«
      »Ich bin Polizeibeamtin«, sagte Annie. »Sehen Sie mich einfach als Ärztin.«
      »Trotzdem sind Sie eine Frau.«
      »Tut mir leid, aber daran kann ich nichts ändern.«
      McLaren lachte. »Ich tue mein Bestes. Wissen Sie, es ist ein wenig sexuell. Dieser Traum. Wir sind im Wald, ja, liegen auf dem Boden, machen herum, küssen uns und so.«
      »So weit alles klar«, sagte Annie. »Und nur zu Ihrer Information: Bisher bin ich nicht rot geworden.« Der Wasserkessel kochte. Annie klemmte sich das Telefon unters Kinn und goss das Wasser auf den Teebeutel in ihrer Tasse, achtete darauf, sich nicht zu verbrühen.
      »Danach kippt das Ganze und wird ein Horrorfilm«, fuhr McLaren fort. »Auf einmal liege ich da nicht mit einem hübschen jungen Mädchen, sondern mit einem Monster, das einen Kopf hat wie ein Hund oder Wolf, wie so ein Werwolf, denke ich, und auf der Brust ist die Haut wie roh, ich sehe nur eine Brustwarze, die blutet, der Rest ist kreuz und quer mit roten Streifen überzogen, wo eigentlich die Brüste und die andere Brustwarze sein müssten. Dann reißt mein Kopf auf. Ich hab ja gesagt, es ist ziemlich seltsam. -«
      »So ist das nun mal mit Träumen«, sagte Annie. »Keine Sorge, ich werde Sie jetzt nicht analysieren.«
      »Das ist kein Problem. Wäre nichts Neues für mich. Nun, das ist es jedenfalls im Großen und Ganzen. Ich wache dann immer schweißgebadet auf.«
      Annie wusste von ihrem Gespräch mit Sarah Bingham, dass Kirsten Farrow nach der Vergewaltigung an der Brust operiert worden war, ebenfalls an der Scheide und im Schambereich. »Was hat der Traum Ihrer Meinung nach zu bedeuten?«
      »Das hat mich der Psychologe auch gefragt. Null Ahnung.«
      »Was machten Sie damals in Whitby?«
      »Ich war gerade mit der Uni fertig und wollte etwas von der Welt sehen, bevor ich zu Hause sesshaft wurde. Ich hatte Geld gespart und bin rüber nach Europa, machen ja viele Aussies. Wir sind hier so weit ab vom Schuss, und das Land ist so riesig, dass wir das Gefühl haben, mindestens einmal eine große Reise machen zu müssen, bevor wir uns hier häuslich niederlassen. Einer meiner Vorfahren stammte aus Whitby. Strafgefangener. Hatte ein Brot gestohlen oder so. Deshalb hatte ich in meiner Kindheit viel über den Ort gehört und wollte ihn mir mal ansehen.«
      »Erzählen Sie mir von dem jungen Mädchen aus der Pension!«
      »Könnten Sie eben kurz warten? Ich hole nur mein Notizbuch. Da steht alles drin, was ich noch weiß.«
      »Super«, sagte Annie. Sie wartete eine halbe Minute, dann war McLaren wieder in der Leitung.
      »Ich hab's«, sagte er. »Ich habe sie beim Frühstück kennengelernt. Sie sagte, sie heiße Mary oder Martha, irgend so was. Das weiß ich nicht mehr so genau.«
      Annies Puls schlug vor Aufregung schneller. Die Frau, die Lucy aus Mapston Hall abgeholt hatte, nannte sich ebenfalls Mary. »Nicht Kirsten?«, fragte sie.
      »Kommt mir nicht bekannt vor.«
      »Was für einen Eindruck hatten Sie von ihr?«, wollte Annie wissen und zeichnete auf ihren Schreibblock den Blick aus dem Fenster, den fedrigen Nebel über den gewellten roten Dachpfannen, das Meer als vager Dunst unter einem Totentuch, Grau in Grau, die Sonne so blass und schwach, dass man ewig hätte hineinsehen können, ohne zu erblinden.
      »Ich weiß noch, dass ich sie interessant fand«, erwiderte McLaren. »Ich kann mich nicht erinnern, wie sie aussah, aber sie war jedenfalls keine Beleidigung fürs Auge. Ich kannte niemand sonst in dem B&B. Ich wollte einfach nur freundlich sein, mehr nicht, ich hatte es nicht auf sie abgesehen. Jedenfalls nicht ausdrücklich. Sie war sehr zurückhaltend, das weiß ich noch. Ausweichend. Als wollte sie einfach nur in Ruhe gelassen werden. Vielleicht kam ich etwas zu aufdringlich rüber. Das sagt man uns Aussies ja öfter nach. Wir wären zu direkt. Egal, ich

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