Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
nicht. Ich meine, meine Mum ist in Ordnung, aber mein Dad ...«
»Was ist mit dem?«
»Ach, der macht mich ständig an, wie ich mich anziehe, wie ich rede, dass ich Kaugummi kaue, welche Musik ich höre.«
Banks grinste. »War bei meinen genauso. Ist heute noch so.«
»Echt?«
»Ja, echt.«
»Das ist komisch«, sagte Chelsea. »Ich sag mir immer, dass sie mir auf die Nerven gehen, dass sie wirklich spießig sind und so, aber bei solchen Sachen ...« Eine Träne rollte ihr über die Wange.
»Ich weiß«, sagte Banks. »Keine Sorge. Sie können gleich zu ihnen. Bald liegen Sie sicher und warm in Ihrem Bett.«
Chelsea fuhr sich mit dem Handrücken über die Wange. »Ich war einfach, keine Ahnung, wie festgewachsen. Ich wusste nicht, was los war. Der Mann, der mich verfolgte, blieb stehen und schien überrascht zu sein. Ich glaube nicht, dass er wusste, was passierte. Ich wusste es auch nicht. Irgendwas Warmes spritzte mir ins Gesicht, ich glaube, ich habe geschrien. Es ging alles so schnell und so unspektakulär.«
»Was machte der Mann dann?«
»Er fiel auf die Knie. Ich hörte etwas knacken. Ich weiß noch, dass ich dachte, es müsste doch weh tun, aber er schrie nicht auf oder so, er guckte nur ganz erstaunt. Dann legte er die Hand an den Hals, so, nahm sie wieder weg und starrte sie an, dann fiel er nach vorn mitten aufs Gesicht. Es war furchtbar. Ich stand einfach da. Ich wusste nicht, was ich tun sollte. Ich spürte dieses ganze ... Zeug auf mir, dieses warme, klebrige Zeug, so wie Haarspray, und zuerst wusste ich gar nicht, dass es Blut war. Ich bin blöd, aber zuerst dachte ich, er hätte geniest oder so, und ich dachte, na super, jetzt bekomme ich eine Erkältung und kann dann nicht zur Arbeit gehen. Ich bekomme kein Geld, wenn ich nicht auftauche, wissen Sie.«
»Konnten Sie den Täter sehen?«
»Nein. Wie gesagt, sie war kleiner als er, so dass er die meiste Zeit vor ihr stand, den Blick auf sie versperrte, und als er hinfiel, verschwand sie wieder im Dunkeln, und ich konnte sie nicht mehr sehen.«
»Sie sprechen von einer Sie.« »Ja?«
»Ja.«
Chelsea runzelte die Stirn. »Hm, ich weiß nicht. Das war wohl der Eindruck, den ich hatte. Vielleicht weil sie so klein und schmächtig war. Aber sicher sagen kann ich es nicht.«
»Könnte es auch ein Mann gewesen sein?«
»Wahrscheinlich schon. Aber irgendwie hatte ich das Gefühl, es wäre eine Frau. Ich weiß nicht genau, warum, und ich könnte es natürlich auch nicht beschwören.«
»Konnten Sie etwas von ihrem Gesicht erkennen?«
»Nein. Sie trug einen Hut. Das weiß ich noch. Eine Baskenmütze oder so ähnlich. Es lag bestimmt an der Art, wie sie sich bewegte, dass ich sie für eine Frau hielt. Aber ich bin mir nicht sicher. Vielleicht habe ich mich geirrt.«
»Vielleicht«, sagte Banks mit einem Blick auf Winsome, die ihm ein Zeichen gab, dass sie alles notierte. »Aber es könnte eine Frau gewesen sein?«
Chelsea dachte kurz nach. »Ja. Ja, ich denke schon.«
»Was trug sie?«
»Dunkle Sachen. Jeans und eine schwarze Jacke. Vielleicht aus Leder?«
»Könnten Sie das Alter schätzen?«
»Ich habe sie ja nicht richtig gesehen. Tut mir leid. Aber nicht richtig alt, würde ich sagen, so wie sie sich bewegte.«
»Wie ging es weiter?«, fragte Banks.
»Ich glaube, ich habe noch mal geschrien, dann bin ich zum Marktplatz gelaufen, zum Fountain. Ich wusste, dass ich dort am ehesten einen Polizisten finden würde, und selbst wenn da keiner gewesen wäre, der dem nächtlichen Treiben zusah, wäre die Dienststelle direkt auf der anderen Seite gewesen. Na, das wissen Sie ja.«
»Gut gedacht«, lobte Banks.
Chelsea erschauderte. »Ich kann es immer noch nicht glauben. Was war das, Mr Banks? Was habe ich gesehen?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Banks. »Ich weiß nur, dass Sie jetzt in Sicherheit sind.« Er warf Winsome einen Blick zu, die Chelseas Hand in ihre nahm.
»Kommen Sie, meine Liebe«, sagte sie. »Ich bringe Sie zu Ihren Eltern. Die nehmen Sie mit nach Hause.«
»Was ist mit meinen Sachen?«
»Die müssen wir noch eine Weile behalten, um ein paar Untersuchungen durchzuführen«, erklärte Banks. »Das Blut. Es hilft unseren Rechtsmedizinern. Mal sehen, ob Dr. Wong irgendwas für Sie auftreiben kann.«
Als Chelsea zur Tür ging, schaute sie sich nach Banks um. »Dieser Mann«, sagte sie,
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