Inspector Alan Banks 17 Wenn die Dämmerung naht
wechselte.
Blackstone trank einen Schluck Bier. »Sie hatte es ganz schön schwer damals«, sagte er. »In dem Fall hatte sie ganz klar die Arschkarte gezogen.«
»Wir hatten es alle schwer«, entgegnete Banks. »Aber ich weiß, was du meinst. Irgendeine Idee?«
»Wer es getan haben könnte?«
»Ja.«
»Wie AC Hartnell schon sagte: Die Liste ist lang. Aber was mich stutzig macht, ist die ... nun, man kann wohl sagen, die Präzision.«
»Wie meinst du das?«
»Nehmen wir mal an, dass es aus verschiedenen Gründen nicht allzu schwer für den Mörder war herauszufinden, wo Lucy Payne untergebracht wurde, als sie das Krankenhaus verließ. Sicher behauptet Julia Ford, ihre Kanzlei hätte alles in ihrer Macht Stehende getan, um Lucys Identität und ihren Aufenthaltsort zu verschleiern, aber das lässt sich alles umgehen, wenn es jemand unbedingt wissen will. Ein kleiner Tipp von Eingeweihten, die Archive, ein paar Pfund, die den Besitzer wechseln, ich weiß es nicht. Vergessen wir das mal und nehmen an, dass es keine große Herausforderung war, Lucy Payne ausfindig zu machen. Was mir auffällt, ist die Methode. Wenn der Mörder ein rachsüchtiger, gestörter Angehöriger gewesen wäre, warum fährt er dann nicht einfach mit Lucy an der Klippe entlang und schubst sie runter?«
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte Banks. »So, wie es abgelaufen ist, war der Mörder gut vorbereitet. Mit einer Rasierklinge, oder was auch immer er verwendete.«
»Genau. Und selbst wenn wir annehmen, dass jemand vorhatte, Lucy zu töten, dass es Vorsatz war, wäre es immer noch logischer gewesen, sie über die Klippe zu stoßen. Es war ja nicht so, als hätte man sie zwingen können, etwas zu gestehen, Angst zu zeigen oder Schmerzen zu fühlen. Sie konnte ja nicht mal sprechen.«
»Willst du damit sagen, dass es niemand war, der mit dem Chamäleon-Fall zu tun hatte?«
»Ich weiß nicht, was ich damit sagen will«, erwiderte Blackstone. »Aber darüber sollte man mal nachdenken. Könnte jemand so kaltblütig handeln, der wütend auf Lucy Payne war wegen dem, was sie einem Angehörigen angetan hatte? Mir fehlt da einfach die Wut.«
»Wenn der Mörder Lucy einfach über die Klippe gestoßen hätte«, sagte Banks, »wäre es durchaus möglich gewesen, dass man die Leiche nicht gefunden hätte.«
»Aber man hätte den Rollstuhl entdeckt, und daraus hätte man natürlich geschlossen, was passiert wäre.«
»Möglich.«
»Vielleicht irre ich mich ja«, meinte Blackstone. »Ich denke einfach nur laut. Möglicherweise wäre sie bei einem Sturz nicht mal gestorben.«
»Nein, Ken, ich glaube schon, dass du in die richtige Richtung denkst. Das war eine kaltblütige Tat, auf jeden Fall. Eine Aufgabe, die effizient erledigt werden musste. Fast wie ein Auftragsmord. Der Täter musste sehen, dass das Opfer durch seine Hände starb, musste ihm vielleicht sogar beim Sterben zusehen. Es durfte keine Unklarheit geben. Da Lucy Payne schon querschnittgelähmt war, konnte man ihr ja nicht mehr viel antun, höchstens ihr Leben, von dem nur noch wenig übrig war, vollständig auslöschen.«
»Und alles, was noch in ihr war«, bemerkte Blackstone.
»Was heißt das?«
»Weiß nicht. Ich rede nur so vor mich hin. Aber du hast recht. Die Methode war gründlich. Der Mörder erledigte, was zu tun war, und das Ergebnis ist für alle sichtbar. Das muss irgendetwas zu bedeuten haben.«
»Der Täter will uns damit also etwas sagen?«, vermutete Banks.
»Ja. Das Lebensblut sollte aus ihr herausfließen. Und was hat das zu bedeuten? Ich glaube, wenn wir die Antwort darauf finden, sind wir schon ziemlich weit und können viele Personen ausschließen.«
»Wir?«
»Ich meine Annies Mannschaft.«
»Aber es kommt einem schon so vor wie eine Fortsetzung, nicht wahr?«, fragte Banks. »Wie eine nicht abgeschlossene Aufgabe.«
»Ja«, stimmte Blackstone ihm zu. »Ich wollte schon vorschlagen, Jenny Füller als Profiler wieder hinzuzuziehen. Sie hat damals an dem Fall gearbeitet.«
»Ich weiß gar nicht, wo sie momentan ist. Ich glaube, sie hat Eastvale verlassen. Soweit ich weiß, kann sie ebenso gut in Amerika wie in Australien sein. Ich habe sie seit Ewigkeiten nicht mehr gesehen.«
»Hört sich an, als würdest du das bedauern. War da mal was zwischen euch?«
»Eine Menge«, sagte Banks, »aber nicht das, was du meinst. Mein größter Fehler bei
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