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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Neues?«
      »Niemand Besonderes.« Kay lächelte und errötete leicht, dann griff sie zu ihrem Glas und trank. Dieses Lächeln und Erröten kannte Banks von früher, als er sich zum ersten Mal mit ihr verabredet hatte. Was war nur mit ihnen geschehen?, fragte er sich. Warum hatten sie sich getrennt? Aber er kannte die Antwort: Es war seine Schuld gewesen.
      Das Essen kam, kurz darauf auch Kays Wein. Banks blieb beim Bier, er musste noch fahren. »Wie kommst du zurecht mit dem Aufräumen?«, fragte er, als sie beide ein wenig gegessen hatten.
      »Ganz gut, würde ich sagen. Das meiste hab ich erledigt, bis aufs Saubermachen.« Sie lächelte. »War noch nie meine starke Seite, auch nicht bei mir zu Hause.
      Mache ich wahrscheinlich morgen. Am Montagmorgen kommt jemand vorbei und holt die Möbel ab. Er hat nicht viel geboten, aber was soll's ... Der Rest ist schon gepackt und wird zu mir transportiert.« Sie schüttelte den Kopf. »Es ist schwer, das Leben eines anderen Menschen durchzusehen. Die Erinnerungen der eigenen Mutter. Weißt du, ich habe Briefe gefunden, die sie vor langer Zeit von einem jungen Mann bekam - natürlich bevor sie meinen Vater kennenlernte -, das sind richtige Liebesbriefe. Einer oder zwei sogar ganz pikant.«
      »Man kann sich immer nur schwer vorstellen, dass die Eltern auch ein eigenes Leben haben, nicht?«
      Kay nickte. »Hab auch viele andere Sachen gefunden: alte Fotos, von mir als Kind am Meer, Briefe von mir, als ich an der Uni war. Voller Ehrgeiz und Energie.« Sie bekam feuchte Augen.
      »Und jetzt?«
      Kay wischte die Tränen fort. »Ach, ich bin wohl immer noch ziemlich ehrgeizig. Ich arbeite praktisch den lieben langen Tag. Ich weiß, dass ich meine Mutter vernachlässigt habe, besonders nach Dads Tod.« Banks erinnerte sich, dass Kays Vater zehn Jahre zuvor bei einem Autounfall verunglückt war. Ihre Mutter hatte überlebt. Damals hatte man in der Siedlung wochenlang von nichts anderem gesprochen, seine Mutter hatte es ihm erzählt. Kay lachte und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Weiß nicht, vielleicht ist das so was Unbewusstes - ich war immer Dads Liebling -, aber zu der Zeit hatte ich gerade beruflich richtigen Aufwind. Endlich war das Leben spannend: viele Reisen, Partys, Geld. Ich hatte kaum Zeit, um mal heimzufahren und Mom zu helfen, selbst dann nicht, als sie krank war. Verdammt, als sie starb, war ich in Zürich. Ich hab's gerade so geschafft, rechtzeitig zur Beerdigung herzukommen. Tolle Tochter! Und 'ne tolle Mutter. Selbst meine Kinder sagen, dass sie mich nie sehen.«
      »Du hast Kinder?«
      »Ja, drei Töchter. Alle verheiratet. Ich habe bereits Enkelkinder, Alan! Kannst du das glauben? Ich bin eine alte Großmutter!«
      »Kaum zu glauben, wenn man dich so sieht.«
      Sie errötete abermals. »Oh, danke. Aber ich sage dir, dafür muss man heute schwer arbeiten und eine Menge Geld in Cremes und Salben investieren. Weißt du noch, als Kinder? Wir dachten, wir würden ewig leben.«
      »Stimmt«, bestätigte Banks. »Ich warte immer noch auf die Weisheit, die angeblich mit dem Alter kommt.«
      »Ich auch.«
      In behaglichem Schweigen aßen sie weiter. Banks beobachtete, wie Kay mit der Gabel Stücke von der Seezunge abtrennte. Seine Medaillons waren hervorragend: zart und köstlich. Er fand, er könnte noch etwas trinken, und bat die Kellnerin um ein Glas Rotwein.
      »Wie geht es denn deinen Eltern?«, erkundigte sich Kay.
      »Gut. Ach, da fällt mir ein: Meine Mutter lädt dich ein, morgen vorbeizukommen, wenn du Lust hast.«
      Kay nickte langsam. »Gerne. Ja, das wäre schön.«
      »So gegen sechs?«
      »Okay. Für eine halbe Stunde oder so.« Sie runzelte die Stirn. »Da gibt es eine Sache mit meiner Mutter, die macht mir ein bisschen Sorgen.«
      »Was denn?«
      »Eigentlich ist es nichts, aber ich bin gestern ihre Finanzen durchgegangen, und da habe ich gemerkt, dass sie am Tag, als sie starb, hundert Pfund am Geldautomaten abgehoben hat, aber ich kann das Geld nirgends finden. In ihrem Portemonnaie sind nur sechs, sieben Pfund, und sie war nicht der Typ, der das Geld unter der Matratze versteckt.«
      Die kleine Narbe an Banks' rechtem Auge begann zu jucken. »Vielleicht musste sie noch Rechnungen bezahlen, oder sie hatte Schulden?«
      »Bloß keine Schulden machen, das war Moms Wahlspruch. Alle Rechnungen waren bezahlt. Nein, ich weiß es wirklich nicht. Was sagt Sherlock Holmes

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