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Inspector Banks kehrt heim

Titel: Inspector Banks kehrt heim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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hat das so lange gedauert? Gab es einen anderen?«
      Billings nickte.
      »Bei Ihnen oder bei ihr?«
      »Bei Anna. Bis vor sieben Monaten hat sie noch mit Owen zusammengelebt. Owen Doughton heißt er.«
      »Und dann trennten sie sich?«
      »Ja.«
      »Kam er damit klar?«
      Billings nickte. »Doch. Es ging alles sehr zivilisiert über die Bühne. Die beiden waren ja nicht verheiratet. Anna meinte, sie hätten sich einfach auseinandergelebt. Sie waren gute fünf Jahre zusammen und hatten das Gefühl, keine gemeinsame Zukunft zu haben, deshalb trennten sie sich.«
      »Wie haben Sie den letzten Abend verbracht?«
      »Wir waren essen bei dem Chinesen in der Kendal Road. Sie glauben doch nicht, dass es von da kam?«
      »Das weiß ich nicht. Was haben Sie gegessen?«
      »Das übliche. Frühlingsrolle, Chow mein mit Huhn, Garnelen nach Szechuan-Art. Wir haben uns alles geteilt.«
      »Alles?«
      »Ja, das machen wir immer. Anna isst nicht besonders gern scharf, aber sie probiert ein bisschen, mir zuliebe. Ich bin ganz verrückt nach Curry. Je schärfer, desto besser. Zuerst dachte ich, ihr wäre vielleicht davon schlecht geworden, von diesen Chilischoten, verstehen Sie? Falls es keine Grippe war.«
      »Danach sind Sie sofort nach Hause gegangen?«
      »Nein. Wir haben noch was im Red Lion getrunken. Kurz nach elf waren wir dann wieder hier.«
      »Fühlte Anna sich da schon schlecht?«
      »Nein. Da ging's ihr noch gut.«
      »Was haben Sie zu Hause gemacht?«
      »Nichts Besonderes. Dies und das, dann sind wir ins Bett gegangen.«
      »Das war alles?«
      »Ja. Ich muss zugeben, dass mir nachts selbst ein bisschen schlecht wurde. Ich hatte Kopfschmerzen, und mein Bauch tat weh, aber nach einer Alka-Seltzer war es wieder besser. Ich kann es einfach nicht glauben. Ich stelle mir die ganze Zeit vor, sie kommt gleich ins Zimmer und sagt, es ist nichts passiert.«
      »Hat Anna vor dem Schlafengehen noch etwas getrunken?«, fragte Banks nach einer kurzen Pause. »Ein Glas Horlicks zum Einschlafen oder so was?«
      Billings schüttelte den Kopf. »Sie konnte Horlicks nicht ausstehen. Nein, nach dem Pub haben wir nichts mehr getrunken.«
      Banks erhob sich. Es war jetzt wärmer im Raum, sein fleckiger Regenmantel war bereits ein wenig getrocknet. »Vielen Dank«, sagte er und gab Billings die Hand. »Noch einmal Entschuldigung, dass ich Sie in Ihrer Trauer belästigt habe.«
      Billings zuckte mit den Schultern. »Was glauben Sie, was es war?«
      »Ich weiß es noch nicht. Aber ich muss Sie noch etwas fragen. Bitte nehmen Sie es mir nicht übel.«
      Billings schaute ihn an. »Bitte!«
      »War Anna vielleicht aus irgendeinem Grund durcheinander? Depressiv?«
      Entschieden schüttelte Billings den Kopf. »Nein, nein. Ganz im Gegenteil. Sie war glücklicher denn je. Hat sie mir jedenfalls gesagt. Ich weiß, worauf Sie hinauswollen, Inspector - der Arzt hat auch schon so eine Andeutung gemacht -, aber das können Sie vergessen. Anna hätte niemals versucht, sich das Leben zu nehmen. So war sie einfach nicht. Sie war voller Energie und Lebenslust.«
      Banks nickte. Hätte er jedes Mal ein Pfund bekommen, wenn er das über einen Selbstmörder hörte, wäre er längst reich. »Schon gut«, sagte er. »Nur der Vollständigkeit halber: Wo wohnt dieser Owen?«
      »Das weiß ich leider nicht. Aber er arbeitet in dem großen Gartencenter an der North Market Street, gegenüber vom Rathaus.«
      »Das kenne ich. Vielen Dank, Mr Billings.«
      Banks schlug den Kragen hoch und lief zum Auto. Der Hagel war wieder in Regen übergegangen. Auf der Fahrt ließ Banks das Gespräch mit John Billings Revue passieren. Die Trauer des Mannes wirkte echt, er hatte kein erkennbares Motiv, Anna Childers etwas anzutun; doch wusste Banks bisher nur das, was ihm erzählt worden war. Dann gab es noch Owen Doughton, den Exfreund, mit dem Anna zusammengelebt hatte. Vielleicht war die Trennung doch nicht so zivilisiert abgelaufen, wie Anna Childers behauptet hatte.
      Als gerade der wunderbare vierte Satz der Symphonie begann, bog Banks in seine Straße ein. Er blieb im Wagen sitzen und lauschte dem prasselnden Regen und der Musik. Als Otto Edelmann mit O Freunde, nicht diese Töne ... einsetzte, stellte er die Kassette ab und ging ins Haus, sonst hätte er sich noch die vollständige Symphonie angehört, und davon wäre Sandra bestimmt nicht begeistert gewesen.
     
     
    *

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