Inspector Banks kehrt heim
3
Früh am nächsten Morgen suchte Banks Owen Doughton im Gartencenter auf, wo er gerade Säcke mit Düngemitteln umpackte. Doughton war ein kleiner, traurig wirkender Mann von Anfang dreißig mit ungepflegtem dunklem Haar und einem herunterhängenden Schnurrbart. Über Nacht hatte es aufgehört zu regnen, nun trieb ein frischer Wind neue Wolken heran. Banks fragte, ob sie im Gebäude reden könnten. Doughton führte ihn in ein kleines, vollgestopftes Büro, in dem es schwach nach Paraffin roch. Doughton setzte sich auf den Schreibtisch, Banks auf den Drehstuhl.
»Ich habe leider eine schlechte Nachricht für Sie, Mr Doughton«, begann Banks.
Doughton musterte seine schmutzigen Fingernägel. »Ich hab heute Morgen in der Zeitung von Anna gelesen, wenn Sie das meinen«, sagte er. »Das ist furchtbar, eine schlimme Sache.« Er schob sich eine Locke aus dem rechten Auge.
»Haben Sie sie in letzter Zeit oft gesehen?«
»Nein, nicht oft. Seit der Trennung nur noch selten. Hin und wieder haben wir mal zusammen mittaggegessen, wenn wir beide Zeit hatten.«
»Sie kamen also noch miteinander aus?«
»Doch. Anna fand, es sei einfach an der Zeit, sich weiterzuentwickeln, wir hätten uns auseinandergelebt. Wir brauchten beide mehr Raum zum Wachsen.«
»Und, stimmte das?«
Doughton zuckte mit den Schultern. »Vielleicht. Aber sie bedeutete mir noch was. Nicht dass Sie meinen, Anna wäre mir egal gewesen. Ich kann das einfach nicht glauben.« Zum ersten Mal sah er Banks in die Augen. »Was ist eigentlich los? Warum interessiert sich die Polizei dafür?«
»Reine Routine«, erwiderte Banks. »Ich nehme nicht an, dass Sie wissen, in welcher Stimmung Anna in letzter Zeit war?«
»Eher nicht.«
»Wann haben Sie sie zuletzt gesehen?«
»Vor ein paar Wochen. Sie machte einen guten Eindruck.«
»Kannten Sie ihren Neuen?«
Doughton widmete sich wieder seinen Fingernägeln. »Nein. Sie hat mir natürlich von ihm erzählt, aber wir haben uns nicht kennengelernt. Hörte sich an, als sei er nett. Wahrscheinlich passte er besser zu ihr als ich. Ich hab ihr alles erdenklich Gute gewünscht. Sie glauben doch wohl nicht, dass sie es selbst getan hat, oder? Dafür war Anna nicht der Typ. Sie hatte genug, für das zu leben sich lohnte.«
»Es war wahrscheinlich eine Lebensmittelvergiftung«, erklärte Banks und klappte seinen Block zu, »aber wir müssen alle Eventualitäten in Betracht ziehen. Hat mich jedenfalls gefreut, Sie kennenzulernen. Ich denke nicht, dass ich Sie noch mal belästigen muss.«
»Kein Problem«, sagte Doughton und stand auf. Banks nickte und ging.
* 4
»Wenn wir uns trennen würden«, überlegte Banks laut bei einem frühen Abendessen im neuen McDonald's, »wärst du dann am Boden zerstört?«
Sandra kniff ihre strahlend blauen Augen zusammen. Sie bildeten einen starken Gegensatz zu ihren dunklen Augenbrauen und dem blonden Haar. »Willst du mir irgendetwas sagen, Alan? Muss ich irgendetwas wissen?«
Banks stoppte den Big Mac auf halbem Weg zu seinem Mund und lachte. »Nein, nein, nichts. Ist eine rein theoretische Frage.«
»Na, Gott sei Dank!« Sandra biss von ihrem McChicken-Sandwich ab und zog ein Gesicht. »Bah! Und dir schmeckt dieser Fraß?«
Banks nickte. »Doch, manchmal schon. Sehr nahrhaft, das Ganze.« Wie zum Beweis nahm er einen großen Bissen.
»Tja«, sagte sie, »auf jeden Fall verstehst du es, eine Frau groß auszuführen, das muss man dir lassen. Wovon redest du da überhaupt?«
»Von Trennungen. Ich hab nur drüber nachgedacht, mehr nicht.«
»Ich bin schon mein halbes Leben lang mit dir verheiratet«, sagte Sandra. »Zwanzig Jahre. Natürlich wäre ich fertig, wenn wir uns trennen würden.«
»Und du kannst dir nicht vorstellen, dass wir einfach nur getrennte Wege gehen, uns auseinanderleben, uns mehr Raum geben?«
»Alan, was ist denn mit dir los? Hast du so ein Selbsthilfebuch gelesen?« Sandra sah sich um, musterte die Plastikeinrichtung. »Ich mache mir langsam Sorgen um dich.«
»Brauchst du nicht. Ist wirklich ganz einfach. Natürlich kann man zwanzig Jahre nicht mit fünf Jahren vergleichen, aber glaubst du, dass zwei Menschen ihr gemeinsames Leben einfach so auflösen und mit einem neuen Partner weitermachen können, als wäre nichts gewesen?«
»1967 vielleicht«, gab Sandra zurück. »Vielleicht können das manche auch noch heute, aber ich
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