Inspector Barnaby 01 Die Rätsel von Badgers Drift 02 Requiem für einen Mörder
an.
Dierdre hatte ununterbrochen durchgeschlafen. Selbst jetzt noch, Stunden, nachdem sie ein Glas heißen Rum mit Zitrone getrunken hatte, war sie fast bewußtlos. Zuweilen hatte sie eine weit entfernte Stimme gehört, und gelegentlich waren da auch klirrende und glockenähnliche Laute zu vernehmen gewesen, aber die schienen nur Teil eines Traumes zu sein. Sie wollte einfach nicht aufwachen, denn ihr war vage bewußt, daß der Wachzustand mit einem derartigen Unbehagen verbunden war, daß sie ihn lieber verdrängte, als ihm zu nahe zu kommen.
Joyce öffnete die Tür und schlich lautlos hinein. Sie hatte bereits zweimal in das Zimmer geschaut und gesehen, wie fest das Mädchen schlief, und daher hatte sie es nicht über das Herz gebracht, sie aufzuwecken.
Als Tom sie gegen zwei Uhr morgens hergebracht hatte, war sie in einem schrecklichen Zustand gewesen. Naß bis auf die Knochen und mit Lehm beschmiert, das Gesicht zerkratzt und tränenüberströmt. Joyce hatte ihr Fieber gemessen, und dann waren sie zu der Einschätzung gekommen, daß sie ganz einfach überstrapaziert und erschöpft wäre und es keinen Grund dafür gäbe, einen Arzt zu rufen. Tom hatte den Ausgangspunkt von Dierdres Fahrt ermittelt, als er das Taxi bezahlte, und Joyce hatte noch vor dem Frühstück im Krankenhaus angerufen, weil sie hoffte, das Mädchen mit guten Nachrichten wecken zu können. Aber sie gaben sich sehr verschlossen (was immer ein schlechtes Zeichen war), und als sie gestand, daß sie keine nahe Verwandte wäre, hatte man ihr bloß gesagt, es ginge ihm den Umständen entsprechend.
Nun trat Joyce ans Bett und beobachtete, wie das langsam einsetzende Bewußtsein die schläfrige Verwirrung aus Dierdres Gesicht fegte.
Als Dierdre erwachte, setzte sie sich sofort auf und rief: »Ich muß ins Krankenhaus.«
»Ich habe schon dort angerufen. Und deinem Arbeitgeber habe ich auch Bescheid gegeben. Ich habe gesagt, du wärst etwas blaß um die Nase und kämest erst in ein paar Tagen wieder.«
»Was haben sie im Krankenhaus gesagt?«
»Ihm geht es... soweit ganz gut. Du kannst dort anrufen, sobald du gefrühstückt hast. Es ist nichts Besonderes.« Joyce stellte das Tablett auf Dierdres Knie. »Nur ein wenig Toast und etwas Kaffee. Oh - und mach dir keine Sorgen um deinen Hund. Im Revier passen sie schon auf ihn auf.«
»Joyce... ihr seid so nett... du und Tom. Ich hätte nicht gewußt, was ich gestern abend hätte tun sollen... wenn... wenn...«
»Na, na.« Joyce nahm Dierdres Hand, scherte sich einen Dreck um Überheblichkeit und drückte sie an sich. »Wir sind doch froh, daß wir dir helfen können.«
»Was für schöne Blumen... alles ist so hübsch hier.«
Dierdre hob ihre Tasse an den Mund. »Und der Kaffee ist einfach köstlich.«
»Dafür mußt du dich bei Cully bedanken. Sie hat gemeint, selbstlöslicher Kaffee sei nicht gut genug für dich. Und das Nachthemd auch nicht.«
»Oh.« Dierdres Gesicht verdüsterte sich. Sie sah auf ihre voluminösen purpurroten Flanellärmel hinunter. Sie hatte ganz vergessen, daß Cully da war. Sie kannte Barnabys Tochter schon, seit sie ein Kind von neun Jahren gewesen war, und Cullys Meinung über die CADS klang ihr noch ganz genau in den Ohren, da sie die derben Worte in ihrer frühen Teenagerzeit oft genug zu hören bekommen hatte. Nun studierte sie in Cambridge; es bestand kein Zweifel daran, daß sie sich heute noch drastischer äußern würde. »Ich glaube, ich schaffe den Toast nicht.«
»Das macht nichts - du bist ja gerade erst aufgewacht. Aber vielleicht möchtest du ein Bad nehmen?«
Bisher hatte Joyce nur Dierdres Gesicht und ihre Hände gewaschen, während das Mädchen vor dem Waschbecken gestanden und wie ein Zombie geschwankt hatte.
».. .Ja, gern... ich fühle mich schrecklich.«
»Ich habe nach ein paar Sachen zum Anziehen gesucht und dir auch warme Strümpfe rausgelegt. Ich fürchte, meine Schuhe sind dir zu klein. Aber vielleicht kannst du dich in meine Gummistiefel zwängen.« Joyce stand auf. »Ich lasse dir jetzt das Badewasser ein.«
»Danke. Oh, Joyce - haben sie etwas herausgefunden, nachdem ich gegangen bin... ich meine, die Polizei... wer hat...?«
Joyce schüttelte den Kopf. »Ich kann es immer noch nicht glauben.« Dierdres Gesichtszüge gerieten in heftige Bewegung. »Was für eine furchtbare Nacht. So lange ich lebe, werde ich das nie vergessen.«
»Ich denke, das wird
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