Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
überwältigt von ihr. Quasselte die ganze Zeit über sie.«
»Dieses Mittagessen fand, wie ich annehme, statt, bevor Sie nach Manor House zogen?«
»Kurz davor. Ich lief Chris in der Jermyn Street über den Weg. Er hatte gerade ein paar Hemden bei Herbie Frogg’s gekauft. Ich war auf dem Weg zu einem billigen Laden, um ein paar Würstchen zu kaufen, was Ihnen eine Vorstellung von der fast zu vernachlässigenden Diskrepanz unserer Einkommen geben dürfte. Es stimmt, daß er und ich früher die gleiche Schule besucht haben. Und er war ein mieses kleines Arschloch. Mischte sich immer in die Gespräche anderer ein, in deren Jobs, zwängte sich in deren Betten.«
»Bleiben Sie beim Thema.« Barnaby fiel es leicht, zorniger zu klingen, als er war. Eine durchaus nützliche Begabung. Der falsche Christopher Wainwright fuhr fort:
»Wir gingen zusammen auf einen Drink ins Cavendish, und dann schlug er vor, zusammen bei Simpson’s zu Mittag zu essen. Beim Essen berichtete er mir ausführlich von seinem rasanten Aufstieg in der BBC und von diesem Trip >zum Dach der Welt<, wie er es nannte, obgleich ich immer der Meinung war, damit wäre Tibet gemeint. Irgendwann begann er über Poppy zu plaudern. Ich hatte keine Chance, auch etwas zu sagen, darum schaltete ich einfach auf Durchzug und konzentrierte mich auf die köstlichen Proteine. Zum Nachtisch bestellten wir Trifle, und als die Rechnung kam, holte er sein Jackett - wir belegten eine der Nischen an der Wand - und konnte seine Brieftasche nicht finden. Behauptete, sie beim Hemdenmacher vergessen zu haben. Da saß ich nun mit einer Rechnung über achtundvierzig Pfund. Ich war stinksauer, weil ich gerade blank war. Vor allem aber, weil ich sicher war, daß er sie nicht verloren hatte. Der ist schon in der Schule knickrig gewesen. Hat alles weggeschlossen - sogar seinen Waschlappen.«
Barnaby beugte sich vor, ohne die Ellbogen vom Tisch zu nehmen. Wie schlecht die Luft in seinem Büro war, registrierte er kaum. Mit der linken Hand machte er eine ermunternde Bewegung und lud »Christopher« zum Weiterreden ein.
»Ich mußte dem Golden Windhorse unbedingt einen Besuch abstatten. Um mich im Haus umzusehen, die Leute kennenzulernen. Ihre Zimmer zu durchsuchen und ihre Habseligkeiten, falls nötig. Unter meinem eigenen Namen wäre mir das " nicht möglich gewesen.«
»Und wie lautet der?«
»Andrew Carter.«
Troy warf seinem Chef einen Blick zu und beobachtete, wie dieser den Namen aufnahm, sich zurücklehnte und entspannte. Als wäre nun der Punkt erreicht, wo es keine Umkehr gab, wo die Geschichte ohne sein Zutun ihren Lauf nahm.
»Jim Carter war mein Onkel. Ich weiß nicht, ob der Name Ihnen was sagt.«
»Er ist mir bekannt, ja.«
»Ich glaube, daß er ermordet wurde. Aus diesem Grund halte ich mich auf Windhorse auf. Um rauszufinden, wieso. Und von wem.«
Barnaby sagte: »Schweres Geschütz.«
»Nicht, wenn Sie meine Beweggründe erfahren.« Er zog einen Umschlag hervor und eine Fotografie. »Mein bona fide, wenn’s recht ist.«
Er reichte das Foto weiter. Darauf abgebildet war ein lachender blonder Junge, vielleicht zehn oder elf Jahre alt, auf einem Esel. Ein Mann mittleren Alters, ebenfalls blond, hielt die Zügel. Der Junge blickte geradeaus. Der Mann, der vorsichtig und ängstlich wirkte, studierte die Miene des Jungen, als spende sie Sicherheit und Freude.
»Da besteht doch eine gewisse Ähnlichkeit.« Barnaby gab das Foto nicht zurück. »Wenn auch nur vage.«
»Haben Sie deshalb Ihr Haar gefärbt, Sir?« Troy stand nun hinter dem Schreibtisch und nahm das Foto in die Hand.
»Jesus, ist das so offensichtlich?« Nervös strich er über den dunklen Schopf. »Ja. Ich dachte, dann wären die Ähnlichkeiten weniger augenfällig. Er hat mich großgezogen - mein Onkel nachdem meine Eltern umgekommen sind. Er war unglaublich nett. Konnte es sich nicht leisten, mich weiterhin nach Stowe zu schicken, aber ansonsten bekam ich alles, was ich wollte. Selbstverständlich war mir nicht bewußt, wie sehr er seine eigenen Bedürfnisse zurückstellte. Kinder merken so was nie.« Er streckte die Hand nach dem Foto aus. »Ich war ziemlich vernarrt in ihn.«
»Ich würde davon gern eine Kopie machen, Mr. Carter.«
Andrew zögerte. »Das ist das einzige Bild, das ich besitze.«
»Sie werden es zurückkriegen, bevor Sie gehen.« Barnaby gab das Foto Troy, der damit abzog. »Wann haben Sie
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