Inspector Barnaby 03 - Ein Böses Ende
mir Astarte eine Manifestation zuteil werden ließe und ich all diese extrem dynamische Energie nicht nutzte? Und außerdem«, sagte sie, setzte sich auf, trank einen kleinen Schluck Oxymol und strahlte die anderen an, »bin ich schon wieder ganz die alte.«
* 4
Es war halb fünf. Beim Abendessen waren die Craigies sicherlich anwesend. Und hinterher gab es vielleicht keine Möglichkeit mehr, Sylvie allein zu sprechen. So kam es, daß Guy verfrüht in Compton Dando eintraf. Die leise Befürchtung, daß dies eventuell nicht gern gesehen war, hatte keine Chance gehabt, neben dem alles umfassenden Deckmantel freudiger Aufregung zu bestehen.
Auf dem Weg dorthin war es ihm gelungen, sich selbst davon zu überzeugen, daß der Brief in Wirklichkeit - ihm war es sehr wohl gegeben, zwischen den Zeilen zu lesen - von Sylvies Entscheidung kündete, ihm zu verzeihen. Daß sie ihn nicht persönlich über ihren Sinneswandel in Kenntnis setzen konnte, dafür brachte Guy großes Verständnis auf. Sie war tief verletzt worden und keineswegs bereit, die Rolle einer Bittstellerin einzunehmen. Und dies wünschte er auch nicht. Aber daran, daß eine Einladung ausgesprochen worden war, und zwar nicht nur mit ihrer Erlaubnis, sondern auf ihren Wunsch hin, hatte er nun nicht mehr den geringsten Zweifel. Die Jahre seiner einsamen Trauer neigten sich dem Ende zu. Mit einem Blumenstrauß und einer Karte mit den schlichten Worten »In Liebe« neben dem Haupteingang von Manor House stehend, wurde er von Glücksgefühlen übermannt. Er war darin gebadet, wie in Schweiß.
Er schaute sich nach Anzeichen von Leben um. Im Schloß steckte ein großer gotischer Schlüssel, und an einem vertikal angebrachten Eisenstab war eine rostige Klingel befestigt, an der erzog. Die Klingel tönte recht laut, aber niemand kam. Die Blumen umständlich haltend, wartete er eine Weile. Auf der Veranda standen zwei an die Wand gelehnte Holzstühle, abgenutzt und glatt wie jene, die man oft vor alten Dorfkirchen fand. Guy legte den Strauß auf einem der Stühle ab und trat einen Schritt zurück, um das bemerkenswert imposante Haus besser betrachten zu können.
Daß sie gar nicht dasein könnte, war Guy nicht in den Sinn gekommen. Sollte er erst in sein Hotel einchecken und später wiederkommen? Gina hatte ihm ein Zimmer im Chartwell Grange, dem einzig halbwegs annehmbaren Hotel weit und breit, reserviert. Guy hatte beschlossen, nach dem Abendessen, egal welchen Ausgang es nahm, nicht heimzufahren. Er wollte allein sein und das Wiedersehen mit seiner Tochter allein verdauen, genießen, im Geist noch mal durchleben und feiern. Und auch wenn Felicity nichts von der Einladung ahnte und - bis er zurückkehrte - sich mit Hilfe von Alkohol und Tabletten unter aller Garantie ins seelische Niemandsland katapultiert hatte, war Guy der Gedanke unerträglich, sich kurz nach dem Abschied von seiner Tochter ihrer Gegenwart aussetzen zu müssen.
Noch nicht gewillt aufzugeben, marschierte er am Haus entlang. Was für ein Durcheinander hier herrschte. Blumen, deren Blüten nicht aufgerichtet waren, sondern im Staub lagen. Ein immens hohes, vielfach verstrebtes blaues Etwas, das in sich zusammengefallen war und auf dem Kies verstreut lag. Er gelangte zu einer räudigen Eibenhecke, die parallel zur einer Mauer verlief. An einer Stelle waren die Äste für einen Durchgang, durch den Guy nun trat, gekappt worden.
Dahinter lag ein weitläufiges Rasengrundstück, auf dem Stiefmütterchen und Klee sprossen, an denen sich eine korpulente Ziege labte. In der Mitte stand eine große Zeder, die so alt wie das Haus sein mußte. Zu seinen Füßen lag ein rechtwinkliger Teich mit herumflitzenden Fischen. Manche waren wie Tiger gestreift, andere waren kleiner und hatten dünne Rücken und durchsichtige schneckenartige Hörner. Am Ende der Rasenfläche erhoben sich mehrere Bambuswigwams. Dort mußte es - das verriet ihm die Uneinheitlichkeit der Pflanzen - auch einen Gemüsegarten geben. Und endlich ein Anzeichen von menschlichem Leben. Jemand harkte Erde. Vielleicht Ian Craigie?
Kaum hatte Guy sich richtig in Bewegung gesetzt, da stellte der Mann sein Tun ein, warf den Kopf nach hinten und begann zu deklamieren. Die Verse waren schlicht, wurden laut vorgetragen und mit befremdlichen Gesten untermalt. Der Mann warf die Arme hin und her und hielt das Gesicht in die Sonne. Leicht verstört zog sich Guy zurück.
Wieder auf der Veranda, beschloß er, noch mal
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