Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

zärtlich zu berühren, es zu küssen, wurde übermächtig. Er steckte die Hände energisch zwischen seine Knie.
      »Weiß Ihre Frau eigentlich, daß Sie hier sind, Brian?«
      »Nein.« Er setzte eine verwunderte Miene auf, um deutlich zu machen, wie unverständlich ihm diese Frage war. »Sie war gar nicht zu Hause, als ich mich aufgemacht habe. Ich bin oft für die Schule unterwegs. Und ich lege nicht über jeden meiner Schritte Rechenschaft ab.«
      »Verheiratet zu sein muß toll sein. Ein eigenes kleines Haus und Familie zu haben ...«
      »Da bist du aber auf dem Holzweg.» Er brachte ein hartes, stoßartiges Lachen zustande. »Diese ganze verdammte Häuslichkeit kann tödlich sein.«
      »Aber Sie sind nicht tot.«
      »Doch ... tief in meinem Inneren schon.«
      Brian bereute seine Worte augenblicklich. Er hatte sich mit Edie auf eine Stufe gestellt. Was hatte ihn nur geritten, vor ihr intime oder, was noch schlimmer war, ausgesprochen - wenig schmeichelhafte Aspekte seines Privatlebens preiszugeben? Brian kam es gar nicht in den Sinn, daß ihn das Eingeständnis von Problemen seiner Theatergruppe wesentlich sympathischer gemacht hätte, als die herablassende Jovialität, die er permanent zur Schau trug.
      »Ohhh, Brie ...« Edie seufzte und legte ihre Hand mit den zahllosen Ringen auf sein Knie. »Das tut mir ja so leid.«
      Brian zuckte zusammen. Sein Mund wurde trocken wie Sandpapier. Während er auf die schlecht geschnittenen, magentaroten Nägel starrte, schielte er fast vor innerer Anspannung.
      »Das war strikt >entre nous<, Edie.«
      »Das war was?«
      »Ich möchte nicht, daß du's jemandem erzählst.«
      »Wofür halten Sie mich?« So schnell, wie sie sich zu ihm gebeugt hatte, fuhr sie auch wieder zurück. Ihr junges Gesicht wurde kalt und abweisend. »Sie haben 'ne komische Vorstellung von Freundschaft, Mann.«
      »Oh ... verzeih mir. Ich wollte nicht... Edie? Geh nicht...«
      Aber sie ging bereits davon. Er beobachtete fasziniert, wie sie die Hüften schwingend über das blutrote Spiralmuster des Teppichs schritt, betrachtete den festen, köstlich prallen Leopardenhintern, dessen Pobacken sich Wange an Wange rieben, und glaubte, jeden Moment ohnmächtig werden zu müssen. Dann hatte Edie das Büffet erreicht und entkorkte die nächste Flasche von Thunderbirds Weinschorle.
      »Noch einen?«
      »Ja, bitte.« Er hatte nicht das geringste Verlangen nach dem scheußlichen Getränk, aber wenn er sie auf diese Weise zu sich zurücklocken konnte, konnte er ... Konnte er was?
      »Wenn Sie wollen, können wir jetzt meinen Text durchgehen.«
      Edie schien sich ebenfalls ein Glas einzuschenken. Dann sah sie ihn mit einem derart bezaubernden Lächeln an, als habe der kurze, ärgerliche Dialog nie stattgefunden. Diese rasanten und scheinbar irrationalen Stimmungsumschwünge, die sämtlichen Mitgliedern der Theatergruppe zu eigen waren, begriff Brian am allerwenigsten. Er selbst war immer schnell und anhaltend beleidigt und verweigerte sich erbarmungslos jeder versöhnlichen Anwandlung.
      Edie legte eine neue Musikkassette ein. Diesmal war es ein langsames Stück, melancholisch und sehnsuchtsvoll.
      »Gefällt's Ihnen?«
      »Sehr sogar.«
      »Also ...«Sie reichte ihm seinen Drink und sagte: »Haken Sie ein.«
      »Wie bitte?«
      »Wie wenn man Freundschaft trinkt.«
      Sie schlang ihren Arm durch seinen, hob ihr Glas an die Lippen und zog dabei sein Gesicht näher zu sich heran. Ihr Atem roch nach Zigarettenrauch, Salz, Essig und einem durchdringenden Aroma, das er aus dem Chemielabor kannte und später als den Geruch von Birnendrops identifizierte. So eingehakt tranken sie lachend. Vor lauter Aufregung und Nervosität verschüttete Brian dabei über die Hälfte seines Getränks.
      »Scheiße«, fluchte Edie. »Alles auf meinen Pulli.«
      »'tschuldigung.«
      »Trocknet ja wieder.«
      Sie rückte von ihm ab, und ihr Gesicht nahm wieder Konturen an. Mangofarbene Lippen, feucht vom klebrigen Wein, große violett-geschminkte Augen, die Wimpern so dick mit Wimperntusche verkleistert, daß sie beinahe waagerecht wie Dornen wegstanden. Ihr herrlich orangefarbenes Haar hatte sie lässig mit Kämmen hochgesteckt, ohne dabei alle Strähnen ihrer üppigen Mähne zu bändigen. Sie saß ihm zugewandt mit übereinandergeschlagenen Beinen und seufzte tief und lasziv.
      Brian erwiderte ihren Blick wie hypnotisiert. Er suchte krampfhaft nach