Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger
Edie jedoch kurzerhand über die Rücklehne feuerte. Die Aktion machte es erforderlich, daß sie sich bückte und streckte. Woraufhin der schmale Schlauch aus elastischem Stoff, der ihr als Rock diente, so auf die Zerreißprobe gestellt wurde, daß Brian darunter die Falte zwischen ihren Pobacken sehen konnte. Er begann innerlich und äußerlich zu glühen, schrieb das jedoch der heißen Luft zu, die der elektrische Heizofen neben der Couch ausströmte.
»Also, Edie«, begann er und gab sich lässig und jovial. »Wie kann ich dir helfen?« Edie warf sich neben ihm auf die Polster.
Fairerweise mußte man sagen, daß daran nichts Anrüchiges war. Rein praktisch gesehen handelte es sich um den einzig logischen Platz, den Edie einnehmen konnte. Es hätte schließlich nicht viel Sinn gemacht, wenn sie sich in den Lichtjahre entfernten, zugemüllten Sessel gesetzt hätte. Wenn aus der Begegnung eine Beratungsstunde werden sollte, war schließlich Nähe wesentlich. Brian konnte nur hoffen, daß er Edie trotz der dröhnenden Musik auch verstehen würde. Der Baß wummerte erbarmungslos in seinem Schädel und seinen Ohren. Er hätte sie ja gern darum gebeten, das Radio auszuschalten oder zumindest die Lautstärke zu regulieren. Er fürchtete jedoch, dadurch spießig und alt zu erscheinen.
Edie zog die Beine an. Ihre glänzende schwarze Strumpfhose hatte eine Laufmasche, die vom linken Knie an aufwärts führte, bis sie unter dem Saum des leopardengemusterten Rocks abtauchte. Irgendwie gelang es Brian schließlich, den Blick von der Laufmasche loszureißen und die Gedanken an ihren Zielpunkt zu verdrängen. Nur der Ablenkung wegen erkundigte er sich erneut, was er tun könnte, um ihre Ängste zu verscheuchen.
Er sprach leise, weil er wußte, daß sie ihn nicht verstehen konnte, und zu seiner Erleichterung funktionierte der Trick. Edie stand auf und zog den Stecker des protzigen Kofferradios aus der Steckdose, womit sie auch schlagartig die flimmernde Farbigkeit der Plastikblumen auf dem Fernseher löschte, von der nur staubiges Grau zurückblieb.
»Das Ding ist, Brian ...« Edie setzte sich wieder und rückte einen Hauch näher. »Ich schaffe es nicht... Nicht vor den vielen Leuten ... nicht auf offener Bühne.«
»Selbstverständlich schaffst du das. Wenn du erst auf der Bühne bist, verschwindet die Angst automatisch. Glaub mir. Ich kenne das.«
»Außerdem is' da mein Akzent. Ich müßte doch wie eine Sekretärin reden.«
»Dein Akzent ist für die Rolle goldrichtig.«
Brian merkte umgehend, daß er das auch etwas sensibler hätte ausdrücken können.
»Eigentlich ...« Die Finger ihrer rechten Hand, die leicht auf den Rocksaum geruht hatten, faßten darunter und verschwanden. »... finde ich die ganze Persönlichkeit schwierig. Sie ist von der Sorte, die mir ehrlich auf die Titten geht. Verstehen Sie, was ich meine?«
»Ehm ...« Brian beobachtete die Bewegungen ihrer Finger unter ihrem Rock fasziniert und krächzte. »Also, das sollten wir genauer unter die Lupe nehmen, Edie. Okay? Raus mit der Sprache. Ganz spontan. Erstens, zweitens, drittens ... Warum?«
»Na wie sie so tut, als ob sie Mick nicht mag, obwohl doch tittenklar ist, daß sie nur ihn will. Also ich würde mit der Tür ins Haus fallen und Klartext reden.«
»Ahh ... aber das ist doch gerade das Aufregende an der Schauspielerei.« Brian artikulierte mühsam. Er hatte das Gefühl, als hätten sich seine Stimmbänder verknotet. »Nur für eine Weile in einen Menschen zu schlüpfen, der mit der eigenen Persönlichkeit nichts zu tun hat. Das ist Kunst, Edie. Fakten ... ungeschminkte Tatsachen zu sublimieren.«
»Sie gehen wirklich in die Tiefe, Brian.«
Brian, dessen geistige Tiefen an Seichtheit kaum zu überbieten waren, zuckte in falscher Bescheidenheit geringschätzig mit den Schultern.
»Trotzdem«, nahm Edie den Faden wieder auf. »Wenn man mit dem Sublimieren fertig ist, ist man dann nicht wieder da, wo man angefangen hat?«
Angesichts dieser aufregenden Erkenntnisse verschlug es Brian die Sprache. Edie sah ihn kurz hoffnungsvoll an, dann wandte sie sich deutlich enttäuscht ab.
Die Scham darüber, ihren Anforderungen nicht zu genügen, wurde beinahe übermächtig in Brian, während er ihr bezauberndes Profil musterte. Winzige Papageien schaukelten an goldenen Stangen von ihren Ohrläppchen. Brian erfaßte ein beunruhigendes Verlangen. Der Wunsch, dieses Ohrläppchen
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