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Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger

Titel: Inspector Barnaby 04 - Blutige Anfänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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hatte Gerald nicht um Gnade gewinselt. Und auch jetzt wollte er ihm diese Genugtuung nicht verschaffen. Niemals.
      Gerald begann den Umschlag zu adressieren und glaubte plötzlich durch jeden Buchstaben den Atem des Mannes zu hören, das Aroma seiner Zigarre zu riechen, die strahlend blauen Augen im markanten, sonnengebräunten Gesicht zu sehen, den alten Zauber zu spüren.
      Er las den Brief erneut durch. Niemand, der die Seelenqual ahnte, die eine solche Einladung unweigerlich hervorrufen mußte, würde sie annehmen. Dessen war er sicher.
      Gerald klebte die Briefmarke aufs Kuvert, zog Schal und Mantel an und verließ das Haus. Als er in Richtung Briefkasten abbog, tauchte der Milchmann aus dem Dunkeln auf.
      »So früh schon auf den Beinen, Mr. Hadleigh?« Der Mann deutete auf den weißen Umschlag in Geralds Hand. »Wollen wohl Ihren Lottoschein noch rechtzeitig loswerden, was?«
      »Ganz recht.«
      Gerald marschierte davon. Die prosaische Begegnung hatte seine Laune schlagartig gebessert. Der Alltag, vertraut und banal, hatte ihn wieder. Die Wirklichkeit hatte die Nacht, Brutstätte kranker Phantasien, verdrängt.
      Er ging schneller, pumpte frische Winterluft in seine Lungen. Auf dem Rückweg zu seinem Cottage kamen ihm die endlosen Qualen der Nacht schon beinahe übertrieben vor. Max hatte ihn vermutlich längst vergessen. Und selbst wenn das nicht der Fall war, war kaum anzunehmen, daß er über fünfzig Kilometer fahren würde, nur um mit ein paar Amateurschriftstellern den Abend zu verbringen. Max war erfolgreich. Jeder neue Roman aus seiner Feder landete unweigerlich in den Top Ten der Sunday Times. Nein, je länger Gerald darüber nachdachte, desto unbegründeter erschienen ihm jetzt seine Befürchtungen.
      Der Morgen graute mit einer Mischung aus Rosarot, Zitronengelb und Silber, als er die Haustür wieder aufschloß und Kaffeewasser aufstellte. Und als sich das erste scharlachrote Rund der Sonne über den Horizont schob, war er fast schon überzeugt, daß der Brief all die Zeit und Mühe nicht wert gewesen war. Die Wahrscheinlichkeit, daß Max erscheinen würde, war gleich Null.
     
    Fast genau einen Monat nach dem Clubabend stand Laura an ihrer Küchentür. Ihr war klar, was passieren würde, und dennoch gab sie sich der Illusion hin, Herr ihrer Entscheidungen zu sein. In der Hand hielt sie ein verschlossenes Briefkuvert. Nur sie wußte, daß es leer war. Laura besaß keinen Hund und war nicht so naiv, in einem englischen Dorf im Dunkeln ohne offensichtlichen Grund herumzulaufen.
      Bei ihrem letzten Ausflug (vor nicht einmal einer Woche) war sie schnurstracks dem Pfarrer Clewes in die Arme gelaufen, der seinen Basset Henry Gassi geführt hatte. Sie waren zusammen weitergegangen, und Laura hatte keine andere Wahl gehabt, als ihren Umschlag in den Briefkasten zu werfen. Anschließend hatte Clewes sie nach Hause zurück begleitet und aufgepaßt, bis sie in der Tür und in Sicherheit gewesen war. Danach hatte sie es nicht gewagt, noch einmal auszugehen, und sich bitter enttäuscht ins Bett gelegt. An diesem Abend jedoch war Henry mit seinem Herrchen schon eine halbe Stunde zuvor wieder auf dem Heimweg vorbeigekommen.
      Laura knöpfte ihre dunkelblaue Matrosenjacke bis unters Kinn zu. Sie trug Jeans, dicke Lederhandschuhe, schwarze Stiefel und ein dunkles Kopftuch, unter dem sie ihre allzu bekannte, kupferrote Haarpracht verbarg. Dann trat sie in die stille Nacht hinaus, schloß die Tür, drehte den Schlüssel leise im Schloß und horchte einen Moment bewegungslos in die Dunkelheit.
      Aus den Nachbarhäusern drang kein Laut. Nirgends wurden Katzen herein- oder hinausgelassen. Weder das Klirren von leeren Milchflaschen noch das Klappern von Mülleimern verriet irgendwelche Aktivitäten. Nirgends wurden Freunde an den Türen verabschiedet. Laura machte sich lautlos auf dicken Gummisohlen auf den Weg. An ihrer Gartenpforte wandte sie sich wie magisch angezogen nach links.
      Sie ging schnell und hielt sich dicht neben den hohen Hecken ... für den Engländer die bescheidene gartenbauliche Variante der mittelalterlichen Wehrmauern. Plötzlich tauchte ein Mond wie aus knittrigem Silberpapier am Himmel auf, und Laura trat in den Schatten eines Baumes. Mauern aus Feuerstein und die gerade noch schwarzen Silhouetten der Bäume und Sträucher waren mit einem Mal in fahles Licht getaucht. Selbstvergessen nur auf ihr Ziel konzentriert, war Laura jetzt halb ohnmächtig vor Schreck,

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