Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
Journalisten, die im Goat and Whistle nach dem Haus der Brockleys fragten, redeten gegen eine Wand. Daß das Ehepaar nicht sonderlich beliebt war, spielte dabei keine Rolle. Doch wie das so ist, hatten die Journalisten die Adresse dennoch rasch raus und klebten schon bald am Klingelknopf von The Larches.
Shona sprang mit den Vorderpfoten gegen das Fenster, bellte und wurde fotografiert. Am nächsten Tag erschien dieses Bild unter der Überschrift: »Hund der toten Frau vergeht vor Kummer«. Mehrere Leute riefen beim Mirror an und wollten den Pudel adoptieren.
Die wenigsten Leute werden mit einem solchen Schicksalsschlag so leicht fertig. Brendas untröstliche Eltern hatten dafür allerdings die denkbar schlechtesten Voraussetzungen. Sie kauerten hinter ihren gestärkten Rüschengardinen. Iris weinte, Reg rang die Hände oder schlug mit den Fäusten gegen Wände und Möbelstücke. Der Pudel, der dringend raus mußte, jaulte eine halbe Stunde und kratzte an der Tür, dann machte er eine Pfütze in die Diele. Als sich ein bärtiges Gesicht gegen die Fensterscheibe drückte, fing Iris an zu schreien.
Das passierte in dem Augenblick, als Constable Perrot in Begleitung des Pfarrers kam. Perrot, der abwechselnd mit den Leuten schwatzte oder ihnen mit Festnahme wegen unbefugten Betretens des Grundstücks drohte, gelang es schließlich, die Presse aus dem Garten der Brockleys zurück auf den Weg zu befördern. In der berechtigten Annahme, daß auf sein Klingeln nicht reagiert würde, wiederholte er den Trick, den er schon bei Nightingales so meisterlich angewandt hatte. Er beugte sich hinab und sprach mit deutlicher Stimme durch den Briefschlitz.
»Mr. Brockley? Hier ist Constable Perrot. Ich bin Ihr Ortspolizist.« Er hielt diese Erklärung für notwendig, da er tatsächlich noch nie mit Brendas Eltern gesprochen hatte. »Der Pfarrer ist bei mir. Wir möchten Ihnen gerne helfen. Bitte machen Sie die Tür auf.«
Reg und Iris sahen sich ängstlich an. Als er gehört hatte, wie der Lärm der Presseleute ein wenig nachließ, hatte Reg durch einen schmalen Spalt in den Gardinen gelinst und gesehen, daß Perrot sie energisch aus dem Garten führte. Aus purer Dankbarkeit wollte er ihm jetzt die Tür öffnen. Und ein Funken gesunder Menschenverstand kam noch hinzu. Schließlich würden Iris und er früher oder später gezwungen sein, jemanden hereinzulassen. Oder, was noch viel schlimmer war, selbst auf die Straße zu gehen. Und zumindest war zu hoffen, daß das Interesse dieser Leute ganz selbstlos war.
Für den Pfarrer war es nicht neu, in ein Trauerhaus zu gehen. Durch jahrelange Erfahrung wußte er genau, wie er sich in einer solchen Situation am besten verhielt. Doch mußte man gerechterweise sagen, daß er sich immer von neuem um Mitgefühl bemühte und versuchte, keine Platitüden von sich zu geben oder rein mechanisch zu klingen. Doch sobald er in die private Hölle der Brockleys trat, wußte er, daß er hier überfordert war. Da er selbst keine Kinder hatte, war ihm klar, daß alles, was er sagen könnte, nur auf grausame Weise belanglos klingen würde. So stand er erst mal in der Diele herum, mit einem Fuß in der Pfütze, die der Hund hinterlassen hatte. Shona selbst kauerte einsam und allein auf der Treppe, die Nase zwischen den Pfoten.
Perrot, der durchaus Verständnis für die Brockleys aufbrachte, nahm die Dinge in die Hand. Im Wohnzimmer lag Iris kerzengerade auf dem Sofa, die kräftigen Beine ausgestreckt, die Arme an der Seite. Sie sah aus als läge sie auf einer Bahre. Reg stand mitten im Zimmer. Er wirkte verloren, als warte er darauf, daß ihm jemand sagte, was er tun sollte.
Perrot kochte Tee, schnitt einige Scheiben Brot ab und bestrich sie mit Butter. Dabei stellte er leise und unaufdringlich die eine oder andere Frage. Ist der Arzt schon dagewesen? Mußte was aus der Apotheke geholt werden? Sollte er für die Brockleys vielleicht einige Anrufe machen?
»Wir gehen nicht mehr ans Telefon«, sagte Reg.
Während er beobachtete, wie geschickt Perrot die Brockleys umsorgte, begann der Pfarrer sich nicht nur überflüssig, sondern vollkommen nutzlos zu fühlen. Verlegen ging er zu dem Sofa, auf dem Iris lag, setzte sich auf einen gerüschten Puff und nahm ihre Hand. Trotz der warmen, stickigen Luft im Zimmer war sie eiskalt. Iris’ Augen blieben geschlossen. Sie schien seine Anwesenheit überhaupt nicht wahrzunehmen.
Das erinnerte ihn an jenen Zwischenfall vor
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