Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
Barnaby saß nachdenklich da. Die Stimmung zwischen ihnen war stark gespannt. Troy war immer noch sauer, weil seine aufrichtige Sorge um Simones Wohlergehen unverschämterweise so interpretiert worden war, als versuche er nur, sie ins Bett zu kriegen. Außerdem mußte er noch die Strafpredigt verdauen, die ihm gehalten worden war. Daß es nämlich höchst unratsam sei, sich mit einer Person einzulassen, die in einen Fall verwickelt war, in dem man gerade ermittelte.
Er wußte natürlich, was das bedeutete: Der Chef traute ihm nicht zu, daß er den Mund hielt. Er hielt ihn, Troy, für unvorsichtig und blöde genug, sich von irgendeiner Tussi so um den kleinen Finger wickeln zu lassen, daß sie ihn alles fragen konnte und auch die richtigen Antworten erhielt. So eine Unverschämtheit.
»Sind Sie bereit, Sergeant?«
»Ja, Sir.« Troy trank sein Glas aus und zog seine schwarze Lederjacke wieder an.
Mrs. Lamberts Wohnung lag in einer kleinen Anlage der Firma Peabody Buildings, direkt hinter den Thermopylae Gardens. Die Häuser waren jeweils zwei Stockwerke hoch und hatten Balkons, die ganz um das Haus herumliefen. Auf einigen hing Wäsche. Die meisten Fenster im Parterre waren entweder verrammelt oder mit schmiedeeisernen Gittern versehen. Einige Leute hatten offenbar eine Wohnung gekauft und sie persönlicher gestaltet, indem sie die Außenwände blau und orange strichen oder die ursprünglichen Fenster und Türen durch andere ersetzten. Doch zum größten Teil wirkten die Fassaden einheitlich trist, schmuddelig und reparaturbedürftig.
»Fahren Sie nicht da rein.« Barnaby erinnerte sich an einen Fall, wo sein Auto knapp zehn Minuten vor einem Hochhaus gestanden hatte, während er sich bemühte, im achten Stock jemanden festzunehmen. Als er wieder herauskam, waren sämtliche beweglichen Teile des Autos verschwunden, einschließlich der Sitze. »Da drüben ist es besser.«
Troy parkte ganz vorschriftsmäßig vor einer Zeile mit kleinen Läden und stieg aus. Der Chief Inspector schnappte sich sein Handy und folgte ihm. Sie gingen durch ein offenes Treppenhaus in einen Hof, vorbei an übelriechenden Müllcontainern, die ein ganzes Stück größer waren als sie selbst. Während sie die Metalltreppe hinaufstiegen, fragte sich Barnaby erneut, was ihn wohl bewogen haben mochte, sein Territorium zu verlassen, um sich etwas anzusehen, was jemand vom örtlichen Polizeirevier in kürzester Zeit hätte überprüfen können.
Er sah, wie sich bei Mrs. Lambert die Gardinen bewegten. Sie beobachtete sie also. Noch bevor Troy klingeln konnte, riß die alte Frau bereits die Tür auf. Sie führte sie in ein blitzsauberes Wohnzimmer, das dermaßen mit Möbeln vollgestopft war, daß sie praktisch seitwärts gehen mußten. Nachdem sie den angebotenen Tee abgelehnt hatten, fragte Barnaby, wo denn Mrs. Lambert die Frau mit der dunklen Brille gesehen hätte.
»Ich zeig’s Ihnen.« Sie humpelte mühsam zum Fenster. »Direkt da drüben, sehen Sie? Wo die Kästen mit den roten Geranien sind.«
»Und können Sie mir auch sagen - Entschuldigung«, der Chief Inspector unterbrach sich, »vielleicht sollten Sie sich lieber setzen.«
»Is besser, wenn ich steh, wenn’s Ihnen nix ausmacht.« Sie trug große karierte Herrenpantoffeln, die an den Zehen stark gewölbt waren. »Sonst läuft das Blut in meine Ballen.«
»Wann haben Sie diese Frau das letzte Mal gesehen?«
»Och, vor vier, fünf Tagen.«
»Könnten Sie das vielleicht etwas genauer sagen, Mrs. Lambert?« Barnaby rutschte das Herz in die Hose. Vor fünf Tagen hatte Simone Hollingsworth bereits im Hillingdon Hospital gelegen.
»Also, mal sehn. Es war an dem Tag, bevor Elaine kam, um mich zum Fußdoktor zu fahren. Die holn einen nich ab, wenn man irgendwen auftreiben kann, der’n Auto hat. Diese Schweine.«
»Und wann war das?«
»Also, Donnerstag nachmittag geh ich zum Arzt, also muß ich sie am Tag davor gesehn haben.«
»Also am Mittwoch?« Das war vor acht Tagen. Barnaby hielt die Luft an.
»Das ist richtig.«
»Und können Sie sich auch erinnern, wann Sie sie zum erstenmal gesehen haben?«
Troy beteiligte sich nicht an dem Gespräch. Er hielt es für völlig sinnlos. Reine Zeitverschwendung. Doch in Wahrheit wurde er ganz allmählich von einer nervösen Anspannung ergriffen, wie er sie noch nie erlebt hatte.
»Das weiß ich ehrlich nich«, antwortete Queenie Lambert.
»Muß aber
Weitere Kostenlose Bücher