Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod
Entschlossenheit. Über ihnen waren Schritte zu hören.
Troy wollte loslaufen, mußte aber feststellen, daß ihm der Weg versperrt war.
»Gavin, hören Sie mir zu.«
»Da oben ist jemand.«
»Es gibt hier nur eine Lösung.«
»Das glaube ich Ihnen nicht.«
»Es tut mir wirklich leid.«
»Es gibt immer mehr als eine Lösung. Das haben Sie mir selbst vor langer Zeit erklärt.«
»Diesmal nicht.«
»O Gott.«
»Möchten Sie hier unten bleiben?« Barnaby sprach diese Worte sehr leise, während er auf die Treppe zuging. Troy schüttelte den Kopf. »Dann seien Sie still, okay?«
Sie stiegen die Treppe hinauf. Troy bemühte sich, ein ausdrucksloses Gesicht zu machen und seine Gefühle irgendwie in den Griff zu kriegen. Er kam sich vor, als würde er durch die Mangel gedreht, als würde sein Herz von einer riesigen Faust gequetscht. Wenn das Liebe ist, dachte er, dann wünsche ich mir lieber jeden Tag einen Tritt in den Hintern.
Die Tür zum Schlafzimmer stand auf, und sie konnten vom Treppenabsatz aus hineinschauen. Barnaby legte seinem Sergeant warnend eine Hand auf den Arm - ganz unnötig, denn Troy hätte um nichts in der Welt einen Ton gesagt.
Eine Frau, für beide Männer nicht wiederzuerkennen, obwohl sie genau wußten, wer sie war, stand da und starrte in einen Spiegel, in dem sie sich komplett sehen konnte. Ganz in die zufriedene Betrachtung ihrer Erscheinung vertieft, bemerkte sie die beiden Männer nicht.
Sie trug ein schick geschnittenes Kleid aus edlem schwarzem Samt, rückenfrei und mit sehr tiefem Dekollete. An den Füssen hatte sie elegante Sandalen mit halsbrecherisch hohen Absätzen, auf denen sie jedoch mühelos balancierte. Mit natürlicher Grazie wiegte sie sich leicht hin und her. Sie trug eine schulterlange, aschblonde Perücke, die kunstvoll zerzaust in weichen Locken herabfiel. An ihrem Hals, den Handgelenken, an Händen und Ohren glitzerte und blinkte es.
Ihr Gesicht war sehr schön und gleichzeitig völlig ausdruckslos. Ein erstaunliches Beispiel für die Wunder der Kosmetik. Elfenbeinfarbene Pfirsichhaut, die über geschickt konturierten Wangenknochen leicht errötete. Riesige, glänzende, aber sehr harte Augen, die durch zarte Schichten von Lidschatten hervorgehoben wurden. Falsche, dunkle Wimpern, die stark geschwungen waren und glänzten.
Doch die erstaunlichste Veränderung hatte an ihrem Mund stattgefunden. Anstelle ihrer eigenen, eher schmalen Lippen strahlte ein neuer blutroter Mund, der verlockend und gierig wirkte.
Sie drehte sich zur Seite, hielt kurz inne, um ihr perfektes Spiegelbild zu bewundern, und rückte das Diamantenkollier zurecht. Dann nahm sie einen wunderschönen bodenlangen Blaufuchsmantel, der über einem Stuhl gehangen hatte, und legte ihn sich um die Schultern.
In diesem Augenblick sah sie die beiden.
Simone drehte sich zwar nicht um, aber sie wurde ganz starr und betrachtete die Eindringlinge schweigend im Spiegel. Trotz all der Schminke konnte Barnaby ihre Gedanken rasen sehen, als ob sie offen vor ihm lägen. Erklärungen, Entschuldigungen, Ausflüchte, Abgänge. In panischem Tempo ging sie alles durch. Es war, als beobachte man, wie bei einem Spielautomaten das Ergebnis erscheint. Kling, kling, kling. Lauter Zitronen.
»Schönen guten Tag, Mrs. Hollingsworth.«
»Oh. Hallo.«
Jetzt konnte sie nichts mehr tun, dachte Barnaby mit einer kleinen Portion Befriedigung und einer großen Portion Wut. Jetzt hatte sie keine Möglichkeit mehr, in die Rolle des schüchternen, traurigen und doch so reizenden kleinen Frauchens zurückzukehren, das die Welt so grausam behandelt hatte.
»Ich bin nur gekommen, um mir ein paar Sachen zu holen.«
»Das seh ich.« Er warf einen Blick auf das Bett, auf dem reichlich Geld verstreut lag. Außerdem lagen da noch weitere Kleider. Und Unterwäsche und Schuhe. Mehrere Koffer aus echtem Leder standen aufgeklappt herum. »Ich hoffe, Sie haben nicht vor, uns zu verlassen.«
Simone ignorierte diese Bemerkung. Ihre hübsche rosa Zunge kam hervor und befeuchtete die bereits glänzenden Lippen. Sie sah zu Sergeant Troy und versuchte, ein verführerisches Lächeln aufzusetzen, indem sie ihre dunkelrote Oberlippe hob, unter der perfekte Schneidezähne sichtbar wurden. Doch die extreme Anspannung ließ die Bewegung erstarren und verzerrte ihre Lippen zu einem beinah spöttischen Grinsen.
»Hi, Gavin.«
Troy drehte sich um
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