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Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod

Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod

Titel: Inspector Barnaby 05 - Treu bis in den Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Graham
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unsicher, in welche Richtung er sich setzen sollte, dann ließ er sich in den Sessel fallen.
      PC Perrot schaute sich zögernd um. Durch die zugezogenen Samtvorhänge drang nur wenig Licht, doch eine Lampe in Form einer goldenen Ananas mit einem glatten Leinenschirm brannte. Eine Vase mit halb verwelkten Rosen, deren Blätter braun und verschrumpelt waren, verbreitete einen unangenehmen Geruch. Dieser vermischte sich mit dem Geruch von Alkohol, Zigaretten und Knoblauch und von etwas, das der Polizist zwar kannte, aber nicht hätte benennen können, bei dem es sich um Glutamat handelte. Schmutziges Besteck und mehrere verklebte Alubehälter lagen auf einem hübschen Tisch mit Einlegearbeiten herum. Es gab noch nicht mal eine Tischdecke. In einigen Behältern waren noch Knochen und Essensreste. Zahlreiche Fliegen schwirrten herum.
      Da mit einer Aufforderung, Platz zu nehmen, offenkundig nicht so bald zu rechnen war, zog PC Perrot sich einen der schmallehnigen Eßzimmerstühle heran und setzte sich in wohlbemessenem Abstand zum Tisch hin. Er legte seinen Helm auf den Fußboden und rückte das Funkgerät zurecht, das sich in seine leicht rundliche Taille bohrte. Dann deutete er mit einem höflichen Nicken auf die Alubehälter und sagte: »Wie ich sehe, versorgen Sie sich selbst, Sir.«
      Alan Hollingsworth antwortete nicht. Er starrte auf die Uhr, eine riesige Sonne mit kristallenen Strahlen und vergoldetem Zifferblatt und Zahlen. Er sah furchtbar aus. Sein Haar war verfilzt und hing ihm in fettigen Strähnen ins Gesicht. Er hatte sich seit Tagen nicht rasiert und so wie er aussah - und roch - auch nicht gewaschen. Unter den Armen hatte er dunkle Schweißkränze im Hemd. Seine Augenlider und Mundwinkel waren mit weißlich-gelben Schuppen überkrustet.
      Perrot, der sechs Monate seiner Pension dafür hergegeben hätte, die Fenster zu öffnen, wagte den kühnen Vorschlag, ob man dies nicht tun könne. Darauf fing Hollingsworth wieder an zu brüllen. Perrot solle endlich sagen, weshalb er gekommen sei, und verschwinden.
      »Na schön, Sir«, sagte Constable Perrot und scheuchte mit der Hand eine besonders fette Schmeißfliege weg. »Wir hatten ein bis zwei besorgte... ähm...« Er wollte gerade was von »Gerüchten« sagen, beschloß jedoch, daß sich das zu sehr nach Klatsch anhörte, »Nachfragen bezüglich des Verbleibs Ihrer Frau. Sie werden verstehen, daß dieser Besuch keinerlei Verdacht unsererseits oder Zweifel am Wohlergehen der Dame bedeuten soll. Es handelt sich lediglich um die übliche Vorgehensweise der Polizei...«
      In diesem Augenblick begrub Hollingsworth den Kopf in den Händen. Seine Schultern begannen zu zucken, dann heftig zu beben. Merkwürdige Laute drangen aus seiner Kehle. Heiseres Schluchzen. Es hätte aber auch hysterisches Gelächter sein können. Dann warf er den Kopf so wild zurück, daß man fürchten mußte, ihm würde das Genick brechen. Perrot sah das von Tränen verschmierte Gesicht, war sich aber immer noch nicht sicher, ob der Mann gelacht oder geweint hatte.
      »Kann ich Ihnen irgendwas holen, Mr. Hollingsworth? Eine Tasse Tee vielleicht?«
      »Nein.« Die schmutzigen Doppelmanschetten seines Hemds hingen ihm schlaff über die Handrücken. Mit einer davon wischte er sich erst übers Gesicht, dann über die Nase.
      »Es geht Ihnen ganz offensichtlich nicht gut, Sir.«
      »Ich bin besoffen, Sie dämlicher Idiot.«
      Merkwürdigerweise war Constable Perrot über diese Beleidigung keineswegs verärgert, sondern sie stärkte in gewisser Weise sogar sein Selbstvertrauen. Die Tatsache, daß der Bewohner dieses prächtigen Hauses sich nicht besser benahm als ein rüpelhafter Faulenzer aus einer Sozialwohnung, hatte die Situation zu seinen Gunsten verschoben. Der Polizist knöpfte die Brusttasche seines Hemdes auf und nahm Notizbuch und Kuli heraus.
      Hollingsworth griff zur nächststehenden Flasche, die unverschlossen war, goß reichlich davon in ein schmieriges Whiskyglas und kippte es in sich hinein. Der Schweißgeruch im Raum wurde noch stärker und unangenehmer. Zum ersten Mal kam Constable Perrot der Gedanke, daß Hollingsworth nicht nur verzweifelt war, sondern möglicherweise auch Angst hatte.
      »Gehe ich richtig in der Annahme, daß Mrs. Hollingsworth zu Besuch bei ihrer Mutter ist?« Keine Antwort. Constable Perrot wiederholte die Frage, aber das Ergebnis war das gleiche. Er wartete einen Augenblick, dann sagte er: »Wenn Sie sich weigern, mir

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