Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Untersuchung des Spaven-Falls zu kooperieren.«
»Ich hatte Grippe.«
Ancram ignorierte die Bemerkung. »Wir wissen beide zwei Dinge: Erstens setzt sich ein guter Bulle von Zeit zu Zeit zwangsläufig in die Nesseln. Die Dienstaufsicht hatte in der Vergangenheit auch Beschwerden gegen mich zu bearbeiten. Zweitens fördern diese TV-Sendungen so gut wie nie neues Beweismaterial zutage. Es sind alles nur Spekulationen und Mutmaßungen, während die Polizei sorgfältig ermittelt und die Informationen, die sie zusammenträgt, an die Staatsanwaltschaft weitergereicht und dort von einigen der angeblich besten Strafrechtler des Landes geprüft werden.«
Rebus fragte sich, worauf Ancram hinauswollte. Im Rückspiegel konnte er sein Auto sehen, das von Ancrams Fahrer mit gebührender Sorgfalt gesteuert wurde. Ancram hielt die Augen auf die Straße gerichtet.
»Sehen Sie, John, ich meine damit lediglich: Wozu weglaufen, wenn man nichts zu befürchten hat?«
»Wer sagt, dass ich nichts zu befürchten habe?«
Ancram lächelte. Die Alte-Kumpel-Nummer war genau das: eine einstudierte Nummer. Rebus traute Ancram nicht weiter, als er einem Pädophilen auf einem Kinderspielplatz getraut hätte. Andererseits, als Uncle Joe in Hinsicht auf Tony El gelogen hatte, war es Ancram gewesen, der ihm den Tipp mit Aberdeen gegeben hatte...
Auf wessen Seite stand der Mann? Trieb er ein doppeltes Spiel? Oder hatte er lediglich angenommen, Rebus würde ohnehin nichts herausfinden, ob mit oder ohne Info? War das ein Trick gewesen, um die Tatsache zu verschleiern, dass er auf Uncle Joes Gehaltsliste stand?
»Wenn ich Sie richtig verstehe«, fuhr Rebus fort, »sagen Sie, ich hätte im Zusammenhang mit dem Spaven-Fall nichts zu befürchten?«
»War möglich.«
»Sie würden es möglich machen}« Ancram zuckte die Achseln. »Als Gegenleistung für was?«
»John, Sie sind mehr Leuten auf die Füße getreten als ein Elefant in der U-Bahn, und Sie sind dabei auch in etwa so subtil vorgegangen.«
»Sie möchten, dass ich ab jetzt subtiler vorgehe?«
Ancrams Stimme wurde schärfer. »Ich will, dass Sie zur Abwechslung auf Ihrem Arsch sitzen bleiben.«
»Und die Ermittlungen in Sachen Mitchison sein lasse?« Ancram gab keine Antwort. Rebus wiederholte die Frage.
»Sie könnten feststellen, dass Sie sich damit einen großen Gefallen tun.«
»Und Sie hätten Uncle Joe gleichfalls einen Gefallen getan, hm, Ancram?«
»Wachen Sie endlich auf. Die Realität besteht nicht aus großen schwarzen und weißen Feldern.«
»Nein, aus grauen Seidenanzügen und druckfrischen grünen Scheinen.«
»Es ist ein Geben und Nehmen. Leute wie Uncle Joe verschwinden nicht: Man zieht den einen aus dem Verkehr, und sofort rückt der Nächste nach und meldet Ansprüche an.«
»Besser der Teufel, den man kennt?«
»Kein schlechtes Motto.«
John Martyn: »I'd Rather Be the Devil«.
»Hier haben Sie noch eins«, sagte Rebus: »Alles schön beim Alten lassen. Klingt so, als wollten Sie mir genau das sagen.«
»Ich gebe Ihnen nur einen Rat - zu Ihrem eigenen Besten.«
»Glauben Sie nicht, ich wüsste das nicht zu schätzen.«
»Herrgott, Rebus, allmählich wird mir klar, warum Sie immer allein dastehen: Sie machen's einem nicht gerade leicht, Sie zu mögen.«
»Sechs Jahre am Stück Mister Sympathieträger gewesen.«
»Das kann ich mir nicht vorstellen.«
»Ich hab sogar bei der Preisverleihung geheult.« Eine Pause. »Haben Sie Jack Morton über mich ausgefragt?«
»Jack hat eine bizarr hohe Meinung von Ihnen, was ich auf seine sentimentale Ader zurückführe.«
»Nobel von Ihnen.«
»So kommen wir keinen Schritt weiter.«
»Nein, aber wir vertreiben uns die Zeit.« Rebus sah ein Raststättenschild. »Halten wir zum Mittagessen?« Ancram schüttelte den Kopf.
»Wissen Sie, eines haben Sie mich nicht gefragt.«
Ancram spielte mit dem Gedanken, nicht nachzufragen, tat es aber dann doch. »Und zwar?«
»Sie haben nicht gefragt, was Stanley und Eve in Aberdeen zu suchen hatten.«
Ancram trat hart auf die Bremse und bog auf das Raststättengelände ein. Der Fahrer in Rebus' Saab erwischte die Ausfahrt erst im letzten Moment und mit quietschenden Reifen.
»Versuchen Sie, ihn abzuhängen?« Rebus amüsierte sich über Ancrams Verwirrung.
»Kaffeepause«, knurrte Ancram und stieg aus.
Rebus saß am Tisch und las das Neueste über Johnny Bible. Das jüngste Opfer war eine gewisse Vanessa Holden, siebenundzwanzig und verheiratet - verheiratet war bislang keine
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