Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
niemand etwas Schlechtes nachsagen, was für einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde hätte reichen müssen. Ein paar Monate, zwischen dem Rücktritt des letzten Deputy Chief Constable und der Ernennung eines neuen, waren ziemlich haarig gewesen, aber Carswell hatte sich ganz gut gehalten. Einige waren der Ansicht, er sei einfach zu gut und würde es deswegen nie zum Chief Constable bringen. Lothian und Borders hatte früher einen DCC und zwei ACCs gehabt, aber einer der ACC-Posten war kürzlich zum »Planungs und Baudezernenten« umfunktioniert worden, von dessen Tätigkeit bei der Polizei kein Mensch die leiseste Ahnung zu haben schien.
»Wann?«
»Vierzehn Uhr, dürfte nicht lange dauern.«
»Gibt's Tee und Plätzchen? Sonst komm ich nicht.«
Ein schockiertes Schweigen, dann ein erleichtertes Ausatmen, als sie begriff, dass er scherzte. »Wir werden sehen, was sich machen lässt, Inspector.«
Rebus legte auf. Es klingelte wieder, und er nahm ab.
»John? Gill hier, hast du meine Nachricht gehört?«
»Ja, danke.«
»Ah. Ich dachte, du hättest vielleicht versucht, mich zu erreichen.«
»Hmmm.«
»John? Irgendwas nicht in Ordnung?«
Er riss sich zusammen. »Ich weiß nicht. Der CC Rider will mich sprechen.«
»Wozu das denn?«
»Keiner will's verraten.«
Ein Seufzer. »Was hast du denn diesmal wieder angestellt?«
»Absolut nichts, Gill, so wahr mir Gott helfe.«
»Schon geschafft, dir auf deiner neuen Dienststelle Feinde zu machen?« Während sie sprach, kamen Bain und Maclay ins Zimmer. Rebus nickte ihnen zu.
»Keine Feinde. Glaubst du, ich mach irgendwas falsch?« Maclay und Bain zogen ihre Jacketts aus und gaben sich betont desinteressiert.
»Sag mal, wegen dem, was ich dir aufs Band gesprochen habe...?«
»Ja, Chief Inspector?« Maclay und Bain gaben jede Verstellung auf.
»Können wir uns sehen?«
»Ich wüsste nicht, was dagegen spräche. Heute Abend zum Essen?«
»Heute Abend... ja, warum nicht?«
Sie wohnte in Morningside, Rebus in Marchmont... also ein Treffen auf halbem Weg, in Tollcross.
»Brougham Street«, sagte Rebus, »dieser Inder mit den Jalousien an den Fenstern. Halb acht?«
»Klar.«
»Bis dann, Chief Inspector.«
Bain und Maclay pusselten vor sich hin und sagten eine Weile nichts. Dann hustete Bain, schluckte und fragte:
»Wie war's in der Regenstadt?«
»Ich bin lebend wieder rausgekommen.«
»Irgendwas über Uncle Joe und Tony El rausgekriegt?« Bains Finger fuhr an die Narbe unter seinem Auge. Rebus zuckte die Schultern. »Vielleicht ja, vielleicht auch nicht.«
»Gut, gut, dann erzählen Sie's uns eben nicht«, sagte Maclay. Er sah komisch aus, wenn er an seinem Schreibtisch saß. Damit seine Oberschenkel unter die Tischplatte passten, hatte jemand die Beine seines Stuhls um ein paar Zentimeter gekürzt. An seinem ersten Tag im Revier hatte Rebus gefragt, warum Maclay nicht stattdessen etwas unter die Beine des Schreibtisches geschoben hatte. Maclay war vorher nicht auf diese Idee gekommen, und den Stuhl abzusägen war Bains Vorschlag gewesen.
»Es gibt nichts zu erzählen«, stellte Rebus richtig. »Nur so viel: Wie es heißt, hat sich Tony El selbstständig gemacht und sein Büro im Nordosten eingerichtet, wir müssen also das CID Grampian kontaktieren und nach ihm fragen.«
»Ich fax den Kollegen seinen Steckbrief zu«, meinte Maclay.
»Ich nehm an, hier hat sich nichts getan?«, sagte Rebus. Bain und Maclay schüttelten den Kopf.
»Einen heißen Tipp hätt ich aber für Sie«, erwiderte Bain.
»Und zwar?«
»Auf der Brougham Street gibt's mindestens zwei Inder mit Jalousien an den Fenstern.«
Rebus ließ den beiden Zeit, sich vor Lachen auszuschütten, und fragte dann, was die Nachforschungen über den Toten ergeben hätten.
»Nicht viel«, sagte Bain und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, während er mit einem Blatt Papier wedelte. Rebus stand auf und nahm ihm das Blatt ab.
Allan Mitchison. Einzelkind. Geboren in Grangemouth. Mutter bei der Geburt gestorben; worauf es mit dem Vater bergab ging und er ihr zwei Jahre später folgte. Der kleine Allan wurde in Pflege gegeben - irgendwelche Verwandte waren nicht zu ermitteln. Heim, dann eine Pflegefamilie. Zur Adoption freigegeben, aber er war ein widerspenstiges Kind, das dauernd Ärger machte. Schreikrämpfe, Wutanfälle, gefolgt von langen Schmollperioden. Früher oder später riss er immer aus, fand immer wieder ins Heim zurück. Wuchs zu einem ruhigen Teenager heran, der weiterhin zu
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