Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
Geschichte.«
Derselbe Streifenwagen fuhr Rebus in die Stadt zurück; wieder vermied es der Fahrer konsequent, das Tempolimit zu unterschreiten.
Rebus fühlte sich hellwach. Er wanderte in seinem Zimmer auf und ab, rauchte drei Zigaretten. Die Stadt draußen war endlich eingeschlafen. Der Pay-TV-Pornokanal sendete noch. Ansonsten wurde nur noch Beachvolleyball aus Kalifornien geboten. In Ermangelung sonstiger Ablenkungen nahm er sich die Flugblätter von der Demo vor. Eine deprimierende Lektüre. Makrele und andere Fischarten waren in der Nordsee mittlerweile »kommerziell ausgestorben«, während andere, darunter der Schellfisch - der Fish-and-Chips-Fisch schlechthin - das Ende des Jahrtausends nicht mehr erleben würde. Gleichzeitig waren in der Nordsee vierhundert Ölplattformen in Betrieb, die eines Tages überflüssig werden würden, und wenn sie dann einfach mitsamt ihren Schwermetallen und Chemikalien versenkt würden... ade, ihr Fischlein.
Natürlich war es ohne weiteres möglich, dass die Fische ohnehin bald den Weg allen Irdischen gehen würden: nitrat- und phosphathaltige Abwässer, dazu die Kunstdünger aus der Landwirtschaft... alles gelangte letztlich ins Meer. Rebus fühlte sich mieser denn je und schmiss die Flugblätter in den Papierkorb. Eins davon landete daneben, und er hob es wieder auf. Es war die Ankündigung, dass am Samstag eine Protestkundgebung mit anschließendem Benefizkonzert mit den Dancing Pigs als Hauptact stattfinden würde. Rebus traf diesmal den Korb und beschloss, seinen Anrufbeantworter abzuhören. Es gab zwei - aufgeregt bis wutschäumend klingende - Nachrichten von Ancram und eine von Gill, die ihn bat, sie, egal zu welcher Uhrzeit, zurückzurufen. Also tat er es.
»Hallo?« Sie klang so, als habe ihr jemand den Mund zugeklebt.
»Tut mir Leid, dass es so spät ist.«
»John.« Sie sah offenbar auf die Uhr. »Es ist so spät, dass es praktisch schon wieder früh ist.«
»Auf dem AB hast du gesagt...«
»Ich weiß.« Sie gähnte herzhaft. »Howdenhall hat sich diesen Notizblock vorgenommen, den ESDA-Test angewendet, du weißt schon, die elektrostatische Untersuchung.«
»Und?«
»Eine Telefonnummer entziffert.«
»Von wo?«
»Vorwahl Aberdeen.«
Rebus spürte ein Kribbeln entlang der Wirbelsäule. »Wo in Aberdeen?«
»Es ist das Münztelefon in einer Diskothek. Moment, ich hab den Namen hier... Burke's Club.« Klickediklick.
»Sagt dir das was?«, fragte sie.
Ja, dachte er, das sagt mir, dass ich hier an mindestens zwei, vielleicht sogar drei verschiedenen Fällen arbeite.
»Sagtest du, ein Münztelefon?«
»Ein öffentlicher Fernsprecher. Ich weiß es, weil ich die Nummer angerufen habe. Wie es klang, nicht weit vom Tresen entfernt.«
»Gib mir die Nummer.« Sie tat es. »Sonst noch was?«
»Die einzigen auffindbaren Fingerabdrücke stammten von Fergie selbst. Auf seinem Haus-PC nichts Interessantes, außer dass er hier und da an seiner Steuererklärung zu drehen versuchte.«
»Und in seinen Geschäftsräumen?«
»Bislang nichts. John, ist alles in Ordnung?«
»Sicher, warum?«
»Du klingst so... ich weiß nicht, irgendwie weit weg.«
Rebus gestattete sich ein Lächeln. »Ich bin hier. Schlaf noch 'ne Runde, GUI.«
»Nacht, John.«
»Nacht, Nacht.«
Er beschloss, es mit Lumsden in der Zentrale zu probieren. Pflichtbewusst: fast drei Uhr nachts, und er war da.
»Sie sollten längst in Morpheus' Armen liegen«, sagte Lumsden.
»Was ich Sie schon vorhin hatte fragen wollen.«
»Ja?«
»Dieser Klub, in dem wir waren - der, wo Michelle Strachan Johnny Bible kennen gelernt hatte.«
»Burke's?«
»Ich hab mich gefragt«, sagte Rebus, »ob der Laden sauber ist.«
»Halbwegs.«
»Das heißt?«
»Gelegentlich schlittert er auf recht dünnem Eis. Eine Zeit lang wurde da ein bisschen gedealt. Die Besitzer haben versucht aufzuräumen. Ich glaube, sie haben's ganz gut hingekriegt.«
»Wer sind denn die Besitzer?«
»Zwei Yanks. John, worum geht's eigentlich?«
Rebus brauchte weniger als eine Sekunde, um seine Lüge zu fabrizieren. »Der Edinburgher Fensterhüpfer hatte ein Briefchen Streichhölzer in der Tasche. Aus dem Burke's.«
»Ist ein beliebtes Lokal.«
Rebus gab ein beipflichtendes Geräusch von sich. »Diese Besitzer, wie hießen die noch mal?«
»Das hatte ich nicht gesagt.« Plötzlich lauernd.
»Ist es ein Geheimnis?«
Ein freudloses Lachen. »Nein.«
»Vielleicht möchten Sie nicht, dass ich die belästige?«
»Herrgott, John...«
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