Inspector Rebus 08 - Das Souvenir des Mörders
verhandelten mit drei oder vier Umweltschützern in roten Overalls und Gasmasken. Die Polizisten meinten, dass sich die Unterhaltung ohne Gasmasken leichter gestalten ließe. Sie verlangten außerdem, dass die Demonstranten das Gelände der T-Bird Oil räumten, nämlich den Grünstreifen vor dem Haupteingang. Diese konterten mit einschlägigen Paragrafen. Juristische Kenntnisse gehörten heutzutage zum Geschäft. Sie waren wie die Regeln des unbewaffneten Nahkampfes für einen Soldaten.
Rebus bekam das gleiche Informationsmaterial wie am Vortag angeboten.
»Danke, ich hab schon«, sagte er lächelnd. Zopfköpfchen sah zu ihm auf und kniff die Augen zusammen, als wollte sie einen Schnappschuss von ihm machen.
In der Empfangshalle stand jemand am Fenster und nahm die Demo auf Video auf .Vielleicht für die Polizei, vielleicht auch für T-Birds hauseigenes Archiv. Stuart Minchell erwartete Rebus bereits.
»Das ist doch unglaublich!«, sagte er. »Anscheinend haben sich Gruppen wie diese da vor jeder der Sechs Schwestern versammelt, außerdem vor kleineren Betrieben wie unserem.«
»Sechs Schwestern?«
»Die Großen im Nordseegeschäft. Exxon, Shell, BP, Mobil... die letzten zwei fallen mir momentan nicht ein. Also, fertig zur Abreise?«
»Weiß ich nicht genau. Wie stehen meine Chancen, unterwegs ein Nickerchen zu machen?«
»Könnte ziemlich holprig werden. Die gute Nachricht ist, eine Maschine von uns fliegt hinauf, da bleibt Ihnen der Welli erspart - wenigstens heute. Sie fliegen direkt nach Scatsta. War früher ein Stützpunkt der Royal Air Force. Da brauchen Sie nicht in Sumburgh umzusteigen.«
»Und das ist nicht weit von Sullom Voe?«
»Grad um die Ecke. Jemand holt Sie ab.«
»Das ist sehr freundlich, Mr. Minchell.«
Minchell zuckte die Achseln. »Schon mal in Shetland gewesen?« Rebus schüttelte den Kopf. »Na ja, wahrscheinlich werden Sie davon nicht viel zu sehen bekommen, außer aus der Luft. Merken Sie sich nur eins: Sobald der Flieger abhebt, befinden Sie sich nicht mehr in Schottland. Dann sind Sie ein soothmoother , eine Südfresse, unterwegs nach meilenweit Nix & Nochmalnix.«
15
Minchell fuhr Rebus zum Flughafen Dyce. Der Flieger war eine zweimotorige Propellermaschine mit vierzehn Sitzplätzen, von denen an dem Tag allerdings lediglich ein halbes Dutzend besetzt waren - ausschließlich von männlichen Passagieren. Vier von ihnen hatten Anzüge und nichts Eiligeres zu tun, als ihre Aktenkoffer zu öffnen und Papierstöße, ringgeheftete Berichte, Taschenrechner, Stifte und Laptops auszupacken. Einer trug eine Schaffelljacke; ihm mangelte es an dem, was die anderen vermutlich als »ein gepflegtes Äußeres« bezeichnet hätten. Er behielt die Hände in den Taschen und starrte aus dem Fenster. Rebus, der nichts gegen einen Gangplatz hatte, beschloss, sich neben ihn zu setzen.
Der Mann versuchte, ihn durch Anstarren zu verscheuchen. Seine Augen waren blutunterlaufen, Wangen und Kinn mit grauen Stoppeln bedeckt. Unbeeindruckt schnallte sich Rebus an. Der Mann knurrte, setzte sich dann aber so aufrecht hin, dass Rebus in den Genuss einer halben Armlehne kam. Dann drehte sich der Typ wieder zum Fenster. Draußen fuhr gerade ein Wagen vor.
Die Motoren sprangen an, die Propeller drehten sich. Eine Stewardess stand am hinteren Ende der engen Kabine. Sie hatte die Tür noch nicht geschlossen. Der Mann auf dem Fensterplatz wandte sich an die Anzugträger.
»Alles fertig machen zum Ins-Höschen-Machen.« Dann brach er in Gelächter aus. Abgestandene Whiskeydünste streiften Rebus und bewirkten, dass er froh war, nicht gefrühstückt zu haben. Noch jemand stieg ins Flugzeug ein. Rebus blickte nach hinten. Es war Major Weir, in Kilt und Felltasche. Die Anzugträger erstarrten zu Salzsäulen. Das Schaffell war noch immer am Kichern. Die Tür knallte zu. Sekunden später setzte sich die Maschine in Bewegung.
Rebus, ein Feind des Fliegens, versuchte sich vorzustellen, er säße in einem netten Intercity, mit festem Boden unter den Rädern und nicht der geringsten Absicht, sich plötzlich in die Luft zu erheben.
»Noch ein bisschen fester ziehen«, sagte sein Platznachbar, »und Sie haben die Armlehne in der Hand.«
Der Aufstieg war wie eine Fahrt über eine holprige Straße. Rebus meinte zu spüren, wie ihm einige Plomben aus den Zähnen flogen, und zu hören, wie die Nieten ächzten und die Schweißnähte des Flugzeugs platzten. Doch dann pendelten sie in die Horizontale ein, und die Lage beruhigte
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