Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten
sagte er. »Ist John da?«
»Nein, tut mir Leid.«
Das Lächeln verschwand; der Mann sah auf seine Uhr. »Ich will nicht hoffen, dass er mich schon wieder versetzt.«
»Na ja, bei seinem Beruf...«
»Da haben Sie natürlich Recht. Sie können ja wahrscheinlich ein Lied davon singen.«
Sie spürte, wie sie unter seinem direkten Blick errötete. »Ich bin nicht seine Freundin oder so.«
»Nein? Und ich dachte schon, der alte Satansbraten hat's ja mal richtig getroffen.«
»Nein, wir sind lediglich Freunde.«
»Nur gute Freunde, hm?« Er tippte sich seitlich an die Nase. »Sie können mir vertrauen, ich werde Patience nichts verraten.«
Ihre Röte vertiefte sich. »Wir waren zusammen auf der Schule, Johnny und ich. Haben uns vor kurzem wieder getroffen.« Sie quasselte wie ein hirnloses Huhn, was sie auch wusste, aber irgendwie konnte sie nichts dagegen tun.
»Das ist nett, wenn sich alte Freunde wieder sehen. Da hat man sich eine Menge zu erzählen, hm?«
»Stimmt.«
»Ich kenne das. Ich hatte auch jahrelang den Kontakt zu John verloren.«
»Wirklich?«
»In den Staaten gearbeitet.«
»Wie interessant. Sind Sie da lang...?« Sie unterbrach sich.
»Entschuldigung, ich lass Sie da die ganze Zeit auf der Türmatte stehen...«
»So langsam fiel mir das auch auf.«
Sie zog die Tür weiter auf, trat einen Schritt zurück. »Kommen Sie bitte rein. Ich heiße übrigens Janice.«
»Sie werden lachen, wenn Sie meinen Namen hören. Ich kann dazu nur sagen: Mich hat keiner gefragt.«
»Warum, wie heißen Sie?« Lachte jetzt, als er an ihr vorbei in die Diele trat.
»Cary«, antwortete er. »Nach dem Schauspieler. Seinen öligen Schmelz habe ich mir allerdings nie so richtig aneignen können.« Als sie die Tür schloss, zwinkerte er ihr zu.
Als Rebus nach Hause kam, war die Wohnung leer, aber er spürte, dass jemand da gewesen war, aufgeräumt und sauber gemacht hatte. Wieder Janice. Er sah sich nach einem Zettel um, aber sie hatte nichts hinterlassen. Er holte sich ein Bier aus dem Kühlschrank, schaltete dann die Hi-Fi-Anlage an. Die Stones: »Goat's Head Soup«. David Bailey hatte sie mit irgendeinem durchscheinenden Material über den geschminkten Gesichtern fotografiert, wodurch Jagger femininer denn je aussah. Rebus wählte Alan Archibalds Nummer. Niemand daheim außer dem AB. Archibalds Stimme klang abgehackt und fern.
»Hier ist John Rebus. Kurz und bündig: Aufpassen! Oakes hat in der Nähe Ihrer Wohnung ein Taxi angehalten. Ich kann mir keinen anderen Grund denken, warum er in der Gegend gewesen sein sollte.
In meiner Straße war er auch. Keine Ahnung, was er sich denkt.
Vielleicht will er uns nur nervös machen. Wie auch immer, betrachten Sie das als Vorwarnung.«
Er legte den Hörer auf. Gefahr erkannt, Gefahr gebannt, dachte er und fragte sich, wie Archibald die Gefahr wohl bannen würde.
Er drehte die Lautstärke wieder auf, setzte sich ans Fenster und starrte auf das gegenüberliegende Mietshaus. Die Kinder waren von der Schule zurück und spielten am Wohnzimmertisch, soweit erkennbar, irgendein Kartenspiel. Vielleicht Quartett. Rebus war darin nie sonderlich gut gewesen. Als er sich vom Fenster abwandte, sah er eine Gestalt in der Tür stehen.
»Herrgott«, sagte er und griff sich ans Herz, »hast du mich erschreckt!«
»Tut mir Leid«, sagte Janice lächelnd. Sie hielt eine Packung Milch hoch. »War fast nichts mehr da.«
»Danke.« Er folgte ihr in die Küche, beobachtete, wie sie die Milch in den Kühlschrank tat.
»Hast du deine Verabredung vergessen?«
»Verabredung?« Rebus überlegte: Arzt? Zahnarzt?
»Du hast deinen Freund versetzt. Er war vor einer Stunde hier. Ich bin mit ihm einen Kaffee trinken gegangen.« Sie machte missbilligende Geräusche.
»Da komm ich nicht mit«, sagte er.
»Cary«, erklärte sie. »Ihr beide wolltet irgendwo was trinken gehen.« Rebus lief es eiskalt über den Rücken. »Er war hier?«
»Hat nach dir gefragt, ja.«
»Und du bist mit ihm gegangen?«
Sie war gerade dabei gewesen, die Arbeitsfläche abzuwischen, drehte sich jetzt aber um, sah den Ausdruck in seinem Gesicht.
»Was ist los?«, fragte sie.
Er öffnete einen der Hängeschränke und tat so, als suchte er darin etwas. Er konnte es ihr nicht sagen. Sie wäre ausgerastet. Er machte den Schrank wieder zu.
»Nett geplaudert, ihr beiden?«
»Er hat mir von seinem Job in den Staaten erzählt.«
»Welchem? Ich glaube, er hatte mehrere.«
»Ach ja?« Sie runzelte die Stirn. »Na ja, der
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