Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten
einzige, von dem er mir erzählt hat, war der als Gefängniswärter.«
»Ach ja, stimmt.« Rebus nickte. »Ich nehme an, du hast ihm von uns erzählt?«.
Sie sah ihn verschmitzt an. Sie hatte rote Flecken auf den Wangen.
»Was gibt's da zu erzählen?«
»Ich meine, du hast ihm sicher von dir erzählt, woher wir uns kennen...?«
»Ach so, ja, das ja.«
»Und von Fife?«
»Er schien sich für Cardenden wirklich zu interessieren. Ich hab ihn ausgeschimpft, ich dachte, er würde mich nur veräppeln.«
»Nein, Cary interessiert sich immer für Leute.«
»Genau das hat er auch gesagt.« Sie schwieg kurz. »Ist mit dir auch wirklich alles in Ordnung?«
»Bestens. Es sind bloß... berufliche Probleme.« Nämlich Cary Oakes, der jetzt auch Janice ins Spiel hineingezogen hatte. Und Rebus stand mitten auf dem Spielbrett, ohne dass ihm jemand die Regeln erklärt hätte.
»Möchtest du einen Kaffee oder so?«
Rebus schüttelte den Kopf. »Wir fahren weg.« Wir? Wenn Cary Oakes Fife besucht hatte, war es für Janice besser, in Edinburgh zu bleiben. Aber wo? Wie sich immer deutlicher zeigte, bot Rebus' Wohnung keinen Schutz. Janice konnte sich sicherer fühlen, wenn sie bei Rebus blieb, und Rebus musste unbedingt irgendwohin.
»Wohin?«
»Nach Fife. Ich muss Dämons Freunden noch ein paar Fragen stellen.« Und das Terrain checken, nach etwaigen Schleimspuren von Oakes suchen.
Sie starrte ihn an. »Hast du... bist du auf irgendwas gestoßen?«
»Schwer zu sagen.«
»Versuch's -«
Er schüttelte den Kopf. »Ich will dir keine falschen Hoffnungen machen. Könnte sich als eine Niete erweisen.« Er wandte sich zur Tür. »Wart einen Moment, muss nur grad was packen.«
»Packen?«
»Morgen ist Wochenende, Janice. Ich dachte, ich bleib über Nacht. Gibt's noch ein Hotel im Ort?«
Sie zögerte einen Augenblick. »Du kannst bei uns wohnen.«
»Hotel reicht mir völlig.«
Sie schüttelte den Kopf. »Du wirst verstehen, dass ich dir nicht Dämons Zimmer geben kann, aber es gibt immer noch die Couch.« Rebus tat so, als würde er mit sich ringen. »Na gut«, sagte er schließlich und dachte: Ich will über Nacht da sein; ich will in ihrer Nähe sein. Nicht aus irgendwelchen nahe liegenden Gründen - Gründen, die er sich vielleicht noch vor ein paar Tagen eingeredet hätte -, sondern weil er wissen wollte, ob Cary Oakes nach Cardenden kommen, ihr Haus beobachten würde. Was immer Oakes planen mochte, machte rasche Fortschritte. Wenn er sich Janice vornehmen wollte, würde dies wahrscheinlich am Wochenende geschehen.
Falls irgendetwas passierte, musste Rebus da sein.
»Ich pack nur grad ein paar Klamotten ein«, sagte er und verschwand in seinem Schlafzimmer.
32
Als Erstes fuhr Rebus mit Janice zu Sammy. Er wollte einfach nach ihr sehen. Sie machte gerade Klimmzüge am Barren, zog sich in eine stehende Position, drückte die Knie durch und ließ sich dann wieder in ihren Rollstuhl hinunter. Die Haustür stand offen: Sie schloss sie nie ab, wenn Ned nicht da war. Rebus hatte sich Sorgen gemacht, bis sie ihm ihre Überlegung erklärte.
»Ich musste das Pro und Kontra abwägen, Dad; einerseits dass ich Hilfe brauchen, andererseits dass jemand einbrechen könnte. Wenn ich gelähmt auf dem Rücken liege, möchte ich, dass jeder etwaige gute Samariter ins Haus kann.«
Sie trug ein graues ärmelloses T-Shirt, das auf dem Rücken verschwitzt war. Ein Handtuch hing ihr um den Nacken, und das Haar klebte strähnig an ihrer Stirn.
»Weiß der Himmel, ob das meinen Beinen etwas nutzt«, sagte sie, »aber Bizepse kriege ich wie eine Kugelstoßerin.«
»Und nirgendwo Anabolika zu sehen«, meinte er und gab ihr einen Kuss. »Das ist Janice, eine alte Schulfreundin von mir.«
»Hallo, Janice«, sagte Sammy. Als sie sich wieder zu ihrem Vater wandte, verspürte er eine gewisse Befangenheit und wusste nicht genau, warum.
»Ihr Sohn ist verschwunden«, erklärte er. »Ich versuche, ihr behilflich zu sein.«
Sammy wischte sich mit dem Handtuch das Gesicht ab.
»Tut mir Leid«, sagte sie. Janice lächelte und zuckte die Achseln.
»Janice wohnt noch immer in Cardenden«, fuhr Rebus fort. »Wir fahren da jetzt hin, für den Fall, dass du mich heute Abend anrufen wolltest.«
»Okay«, sagte Samrhy, noch immer mit dem Handtuch beschäftigt. Jetzt, wo er da war, wusste er, dass er einen Fehler begangen hatte, wusste, dass Sammy dabei war, falsche Schlussfolgerungen zu ziehen, und kam beim besten Willen nicht darauf, wie er die Sache
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