Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
Vom Netzwerk:
hatte vor Angst in die Hose gepinkelt, sich aber Zentimeterweise weiter über die Röhre vorwärts getastet, während der Fluss unter ihm rauschte. Andere marschierten locker hinüber, Hände in den Hosentaschen und ohne mit den Armen zu balancieren. Rebus zählte zu den Vorsichtigeren.
    Dasselbe Rohr führte weiter durch den ganzen Park, bevor es jenseits davon im Gestrüpp verschwand. Man konnte ihm bis zum hing folgen, der hügelhohen Halde von Schlacke und Kohlengrus, die die örtliche Zeche nach und nach dort abgelagert hatte. Wenn man auf der Halde ein Feuer entzündete, konnte es noch monatelang weiterschwelen, so dass dünne Rauchschwaden wie aus einem Vulkan aufstiegen. Mit der Zeit waren auf den Hängen Bäume und Gras gewachsen, wodurch die Halde wie ein natürlicher Hügel wirkte. Aber wenn man bis ganz hinaufstieg, gelangte man auf eine Art Plateau, eine Mondlandschaft, die zur Sicherheit mit Draht abgesperrt war. Es sah aus wie ein kleiner loch mit einer öligen Oberfläche, dickflüssig und schwarz. Man hielt ehrfürchtig Abstand, warf Steine hinein und beobachtete, wie sie verschluckt wurden und langsam versanken.
    Jungen und Mädchen suchten sich jenseits des Parks im Dickicht oder auf verlassenen Wiesenstücken Verstecke, die sie als ihr geheimes Revier betrachteten. Auch Janice und Rebus hatten das getan, vor langer, langer Zeit...
    Die Kinks: »Young and Innocent Days«.
    Jetzt hatte sich alles verändert. Die Halde war verschwunden, die ganze Gegend begrünt und zur Parklandschaft gestaltet worden. Die Zeche existierte nicht mehr. Cardenden war rund um die Kohle entstanden: hastig aus dem Boden gestampfte Häuserzeilen für die von außerhalb zuziehenden Bergleute. Diese Straßen hatten nicht einmal Namen erhalten, lediglich Nummern. Rebus' Familie wohnte in der 13th Street. Später war sie in ein Fertighaus umgesiedelt worden und schließlich in ein Reihenhaus in einer Sackgasse in Bowhill. Als Rebus auf die Oberschule kam, war der Abbau schon zunehmend schwieriger geworden: die Flöze verworfen, so dass ein Streb mitunter sehr wenig Kohle abwerfen konnte. Die Zeche wurde unrentabel. Die Sirene, die den täglichen Schichtwechsel signalisierte, war schließlich verstummt. Schulfreunde von Rebus, Jungen, deren Väter und Großväter schon unter Tag gearbeitet hatten, wussten mit einem Mal nicht, was aus ihnen werden sollte.
    Und auch Rebus hatte sich Fragen wegen seiner Zukunft gestellt. Aber mit Mitchs Hilfe war er zu einer Entscheidung gelangt. Sie würden beide zur Army gehen. Damals schien das noch so einfach zu sein...
    »Ist Mickey noch in der Gegend?«, fragte Janice.
    »Wohnt in Kirkcaldy.«
    »Das war eine richtige Pest, dein kleiner Bruder. Weißt du noch, wie er ins Schlafzimmer gestürmt kam? Oder das bowley-hole ganz plötzlich aufriss, um uns in flagranti zu ertappen?«
    Rebus lachte. Bowley-hole - ein Wort, das er seit Jahren nicht mehr gehört hatte: die Durchreiche zwischen Küche und Wohnzimmer. Er sah jetzt Mickey vor seinem geistigen Auge, wie er auf der Arbeitsfläche in der Küche kauerte und versuchte, Rebus und Janice zu beobachten, während sie allein im Wohnzimmer waren.
    Rebus schaute sich wieder um. Er glaubte nicht, dass sich Cary Oakes in der Stadt aufhielt. In einem Ort wie diesem, wo jeder jeden kannte, war es schwer, nicht aufzufallen. Schon in der kurzen Zeit die er hier war, hatten ihn ein paar Leute angesprochen und gegrüßt, so als wäre er nie Jahre fort gewesen. Und Janice war von Nachbarn oder Neugierigen angehalten und nach Dämon gefragt worden. Sein Bild schien an jeder Wand, jedem Laternenmast und jedem Fenster zu kleben.
    »Ich bin vor ein paar Jahren mal hier gewesen«, sagte er zu Janice.
    »Hutchys Wettbüro.«
    »Du warst hinter Tommy Greenwood her?«
    Er nickte. »Und hab Cranny wieder gesehen.« Ihr alter Spitzname für Heather Cranston.
    »Sie wohnt noch immer hier. Ihr Sohn auch.« Rebus kramte im Kopf nach dem Namen. »Shug?«
    »Genau«, sagte Janice. »Mit ein bisschen Glück siehst du Heather heute Abend.«
    »Wie das?«
    »Sie kommt oft zum Karaoke.«
    Rebus fragte Janice, ob sie umkehren könnten. »Ich möchte gern auf den Friedhof«, erklärte er. Und denselben Weg zurückgehen, hätte er hinzufügen können, was, wie er bei der Army gelernt hatte, eine gute Methode war, um festzustellen, ob einem jemand folgte. Also wanderten sie durch Bowhill zurück und dann den Friedhofshügel hinauf. Er dachte an all die Geschichten, die dort

Weitere Kostenlose Bücher