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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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Schottland: Zucker und Fusel. Er stellte fest, dass in der Schankstube die Flaschen mit den Verdünnern - Limo und Irn Bru - einfach so auf dem Tresen standen. Da konnten sich die Gäste umsonst bedienen. Das gab's nicht mehr in vielen Pubs. Und das Bier war billig. Einfache Lektion in Ökonomie: Wo es viele Arbeitslose gab, musste das Bier erschwinglich sein. Er hatte Heather Cranston auf einem Hocker an der Theke entdeckt, die Augen halb unter schweren Lidern verborgen, während ein Mann ihr ins Ohr flüsterte und den Nacken streichelte.
    Helen drückte einer ihrer Freundinnen ihre Flasche in die Hand und sagte, sie müsse mal eben. Rebus blieb da. Die zwei Mädchen starrten ihn an, fragten sich offensichtlich, wer er sei.
    »Das muss ziemlich schlimm für sie sein«, sagte er.
    »Was?«, fragte die Kaugummikauende und machte ein ratloses Gesicht.
    »Dass Dämon verschwunden ist.« Das Mädchen zuckte die Achseln.
    »Eher peinlich«, bemerkte ihre Freundin. »Baut einen nicht gerade auf, wenn der Verlobte die Flatter macht, oder?«
    »Wohl kaum«, antwortete Rebus. »Ich bin übrigens John.«
    »Corinne«, sagte die Kaugummikauerin. Sie hatte langes schwarzes, mit der Brennschere gekräuseltes Haar. Ihre Freundin hieß Jacky und war ein Knirps mit platinblond gefärbtem Haar.
    »Also, was denken Sie über Dämon?«, fragte er. Er meinte, über Dämons Verschwinden, aber sie verstanden es anders.
    »Och, der ist schon okay«, sagte Jacky.
    »Bloß okay?«
    »Na, Sie wissen schon«, erwiderte Corinne, »Dämon hat das Herz am rechten Fleck, aber der Hellste ist er nicht. So, ein bisschen langsam im Kopf.«
    Rebus nickte, als sei das auch sein Eindruck. Aber die Angehörigen hatten von Dämon eher so gesprochen, als sei er ein mittleres Genie. Plötzlich wurde Rebus bewusst, wie oberflächlich sein Bild von Dämon war. Bislang hatte er lediglich die eine Seite der Geschichte gehört.
    »Aber Helen mag ihn doch, oder?«, fragte er.
    »Ich denk schon.«
    »Sie sind verlobt.«
    »Ach, das kommt vor«, sagte Jacky. »Ich kenn Freundinnen, die haben sich bloß verlobt, damit sie eine Party schmeißen konnten.« Sie warf ihrer Genossin einen Bestätigung heischenden Blick zu, lehnte sich dann vertraulich zu Rebus hinüber. »Die haben manchmal echte Megakräche.«
    »Weswegen?«
    »Eifersucht, nehm ich an.« Sie wartete, bis Corinne genickt hatte.
    »Sie hatte gesehen, wie er eine abgecheckt hatte, oder er sagte, sie hätte sich von irgendeinem Typ anquatschen lassen. Das Übliche eben.« Sie sah ihn an. »Glauben Sie, er ist mit einer durchgebrannt?«
    Rebus erkannte hinter der dicken Schminke ihren scharfen Verstand.
    »War möglich«, sagte er.
    Aber Corinne schüttelte den Kopf. »Der hätte gar nicht die Traute dazu gehabt.«
    Als er den Korridor entlangsah, stellte Rebus fest, dass Helen es gar nicht bis zu den Toiletten geschafft hatte. Sie stand an die Wand gelehnt, die Hände hinter dem Rücken verschränkt, und plauderte mit irgendeinem Typ. Rebus fragte Corinne und Jacky, was sie trinken wollten. Zwei Bacardi-Cola. Er setzte sie auf seine Bestellliste.
    Als er wieder an den Tisch zurückkehrte, stellte sich Janice gerade auf die Tanzfläche. Sie sang »Baker Street«, mit viel Gefühl und geschlossenen Augen, wusste den Text auswendig. Brian beobachtete sie, aber sein Gesichtsausdruck blieb unergründlich. Ihm war nicht bewusst, dass er, solang der Song dauerte, einen Bierdeckel in immer winzigere Fetzchen zerriss, die er auf dem Tisch aufhäufte, bevor er sie, als das Stück endete, mit einer Handbewegung auf den Boden fegte.
    Rebus ging nach draußen, atmete tief die eiskalte Nachtluft ein. Er hatte sich die ganze Zeit an stark mit Wasser verdünntem Whisky gehalten. In der Ferne war das Gegröle von Fußballfans zu hören. An der Seitenwand des Pubs Graffiti von der irisch-protestantischen Ulster Volunteer Force. Davor stand ein Mann und pisste. Anschließend kam er auf Rebus zugetorkelt und fragte, ob er wohl eine Kippe für ihn hätte. Rebus gab ihm eine, dazu Feuer.
    »Tschüs, Jimmy«, sagte der Betrunkene. Dann starrte er Rebus an.
    »Ich kannte deinen Vater«, sagte er und verschwand, bevor Rebus ihm weitere Fragen stellen konnte.
    Rebus stand da. Er gehörte nicht hierher, das wusste er inzwischen. Die Vergangenheit war ein Ort, dem man höchstens eine Stippvisite abstatten konnte; länger bleiben war nicht zu empfehlen. Fahren konnte er nicht mehr, er hatte zu viel getrunken, aber morgen... morgen

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