Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten
Reihe.«
Rebus merkte, worauf sein Chef hinauswollte. »Sir, glauben Sie , dass ich in Notwehr gehandelt habe?«
»Natürlich, John. Versteht sich von selbst.« Aber der Farmer wich seinem Blick aus.
Rebus versuchte, sich eine passende Erwiderung auszudenken;
entschied dann, dass es die Mühe nicht lohnte.
»Die Kollegen vom Crime Squad sind ziemlich stinkig«, fügte der Farmer mit einem Lächeln hinzu. »Eine solche Antiklimax ist nicht gerade nach ihrem Geschmack.«
»Vielleicht sieht man es mir von außen nicht an, Sir, aber mir blutet das Herz.« Er wandte sich zur Tür.
»Sie fahren nicht ins Krankenhaus, John«, sagte der Farmer in warnendem Ton. »Ich möchte nicht, dass er aus dem Bett fällt und behauptet, jemand hätte ihn geschubst.«
Rebus schnaubte, stieg die Treppe hinunter und ging hinaus auf den Parkplatz. Er würgte noch ein paar Schmerztabletten trocken hinunter, steckte sich eine Zigarette an und starrte in die Richtung von Holyrood Park. Sie waren da - Arthur's Seat, Salisbury Crags -, man konnte sie bloß
nicht immer sehen. Aber das bedeutete nicht, dass sie nicht da gewesen wären.
Leicht, da im Dunkeln einen Fehltritt zu machen... Leicht, nicht zu merken, wie sich von hinten jemand anschlich ...
Rebus verließ den Parkplatz und schlenderte die St. Leonard's Bank entlang. Stevens' Wagen war zur kriminaltechnischen Untersuchung nach Howdenhall geschafft worden. Am Ende der Straße gab es eine Lücke im Zaun, durch die man in den Park gelangte. Rebus kletterte hinunter zum Queen's Drive. Nachdem er die Straße überquert hatte, begann er den Aufstieg. Jetzt, wo er die Straßenlaternen hinter sich gelassen hatte, schritt er zögernder aus. Er spürte eher den Anfang der Radical Road unter den Füßen, als dass er ihn gesehen hätte; darüber ragte die unregelmäßige Felswand der Crags auf. Rebus ließ den Pfad links liegen und kletterte weiter querfeldein, bis er den Gipfel der Crags erreicht hatte und die Stadt unter sich als ein Raster von natriumorangefarbenen und halogenweißen Lichtbändern sah. Der Moloch war am Aufwachen -immer mehr Autos krochen stadteinwärts. Als er sich umdrehte, sah er, dass der Himmel einen Stich weniger schwarz war als die Felsmasse darunter. Manche Leute meinten, der Arthur's Seat sehe aus wie ein sprungbereit kauernder Löwe. Springen tat er allerdings nie. Ein Löwe prangte auch auf der schottischen Fahne - nicht kauernd, sondern aufgerichtet...
War Jim Margolies mit der ausdrücklichen Absicht hier heraufgekommen, sich hinunterzustürzen? Rebus glaubte, jetzt die Antwort zu kennen. Und er wusste es des Abendessens wegen, zu dem die Margolies an dem Abend eingeladen gewesen waren, auf der anderen Seite des Parks.
Deswegen, und einer gewissen weißen Limousine wegen ...
50
Dr. Joseph Margolies wohnte mit seiner Frau in einem Einzelhaus in Gullane, mit unverbautem Blick auf den Golfplatz von Muirfield. Rebus spielte kein Golf. Als Junge hatte er es ein paarmal versucht, hatte einen halben Satz Schläger über den örtlichen Platz geschleppt und ein halbes Dutzend Bälle im Jamphlars Pond versenkt. Er wusste, dass ein paar seiner Kollegen mit dem Spielen angefangen hatten, weil sie sich davon berufliche Vorteile versprachen - solange sie nur ihre Vorgesetzten immer gewinnen ließen.
Rebus fand nicht, dass das ein Sport nach seinem Geschmack war. Siobhan Clarke parkte und schaltete die Radionachrichten aus. Es war zehn Uhr morgens. Rebus hatte es geschafft, in seiner Wohnung ein paar Stunden lang zu schlafen, und dann Patience angerufen und ihr mitgeteilt, dass Cary Oakes hinter Gittern saß.
»Bleiben Sie im Auto«, sagte er zu Clarke, während er sich durch die Tür manövrierte. Was keine Kleinigkeit war, wenn ein Arm in der Schlinge steckte und die Brust einem Kummer bereitete, wenn man sich ein bisschen reckte.
Mrs. Margolies öffnete die Tür. Von nahem sah sie ihrem Sohn ähnlich. Das gleiche kantige Kinn, die gleichen schmalen Augen. Sie hatte sogar das gleiche Lächeln.
Rebus stellte sich vor und fragte, ob er ihren Mann sprechen könne.
»Er ist im Gewächshaus. Gibt es Probleme, Inspector?«
Er lächelte. »Keine Probleme, Madam. Nur ein paar Fragen, das ist alles.«
»Wenn Sie mir bitte folgen wollen«, sagte sie und trat beiseite, um ihn hereinzulassen. Sie hatte einen Blick auf seinen Arm geworfen, aber offenbar nicht vor, sich dazu zu äußern. Manche Leute stellten eben nicht gern Fragen... Während er ihr den Korridor entlang
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