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Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten

Titel: Inspector Rebus 10 - Die Seelen der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Rankin
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kommt's, dass wir uns trennen wollen?«
    »Wie meinst du das, Kumpel?«
    »Na, von England.«
    Cal hatte die Zeitung auf seinem Schoß zusammengefaltet, Asche in einen Aschenbecher geschnippt, der auf der Armlehne seines Sessels stand. »Weil wir die Engländer nicht mögen.«
    »Wieso nicht?«
    »Weil sie Engländer sind.« Eine Schärfe in Cals Stimme, die Jamie zur Vorsicht gemahnte.
    »Aber wir haben doch Cousins in England. Die hassen wir doch nicht, oder, Cal?«
    »Also...«
    »Und gegen die Deutschen, da haben wir doch zusammen mit den Engländern gekämpft, oder?«
    »Also, Jamie, wir wollen unser Land selbst regieren, okay? Das ist alles. Schottland ist ein Land, oder?« Als Jamie nickte, redete er weiter. »Wer sollte es dann regieren? London oder Edinburgh?«
    »Edinburgh, Cal.«
    »Na also.« Zeitung wieder aufgeschlagen, Diskussion beendet. Jamie hatte jede Menge weiterer Fragen auf Lager, aber irgendwie schien er nie Antworten darauf zu kriegen. Seine Mutter war zu nichts nutze: »Komm mir bloß nicht mit Politik«, sagte sie andauernd. Oder: »Komm mir bloß nicht mit Religion.« Oder was auch immer, echt. Als hätte sie in ihrem Leben schon über alles nachgedacht, zufrieden stellende Antworten gefunden und jetzt nicht vor, seinetwegen wieder damit anzufangen.
    »Dafür hast du doch die Lehrer«, gab sie dann meist zurück.
    Und da war schon was dran, aber in der Schule hatte Jamie einen Ruf zu wahren. Er war Cal Bradys Bruder . Er konnte nicht einfach die Lehrer was fragen. Da hätten alle angefangen, sich über ihn zu wundern. Cal hatte ihm schon vor langem eingeschärft: »In der Schule, Jamie, da heißt es ›wir‹ und ›die‹, weißt du, was ich meine? Ein Schlachtfeld, Kumpel, keine Gefangenen machen, kapiert?«
    Und Jamie hatte genickt und nichts kapiert.
    Wie er so vor dem Laden stand und mit der Fußspitze gegen eine Mülltonne klopfte, kam Billy Horman angeschlendert. Jamie straffte seine Schultern.
    »Alles klar, Billy Boy?«
    »Geht so. Hast 'ne Kippe?«
    Jamie reichte ihm eine seiner kostbaren Zigaretten.
    »Gestern Abend Fußball geguckt?«
    Jamie schüttelte den Kopf, schniefte. »Keinen Bock gehabt.«
    »Hearts, ihr Prachtkerle!« So, wie er ihn ansah, als er das sagte, Bestätigung oder was auch immer heischend, wusste Jamie, dass Billy den Spruch irgendwo aufgeschnappt hatte, vielleicht beim Freund seiner Mutter, und sich dabei nicht so ganz sicher war.
    »Sind ganz okay«, räumte Jamie ein, während Billy einen imaginären Ball in ein imaginäres Tor drosch.
    »Gehst du nach Haus?«, fragte Billy.
    Jamie tippte auf die Zeitung und die Brötchen, die er sich unter den Arm geklemmt hatte.
    »Wart 'n Augenblick, ich komm mit.« Billy marschierte in den Laden, kam mit Milch und einer Packung Margarine wieder heraus.
    »Mum hat heute Morgen voll die Krise gekriegt. Ihr neuer Macker ist vom Pub nach Haus gekommen und hat gut zehn Scheiben Toast verdrückt.« Er warf die Margarine in die Luft und fing sie wieder auf. »Hat den Becher leer gefressen.«
    Jamie sagte nichts. Er dachte über Väter nach und dass es doch komisch war, dass weder Billy noch er einen hatte. Jamie fragte sich, wo seiner geblieben sein mochte, welcher Geschichte über ihn er Glauben schenken sollte.
    »Wer war das, mit dem du gestern zusammen warst?«, fragte er, als sie losgegangen waren.
    »Hä?«
    »Unten auf der St. Mary's Street. Ein Onkel oder so?«
    »Ja, genau. Mein Onkel Bill.«
    Aber Billy Boy log. Wenn er log, bekam er immer rote Ohren... Zu Hause angelangt, brachte Jamie Cal die Zeitung.
    »Wurd auch langsam Zeit, Knirps.« Cal lag im Bett vor laufendem Fernseher. Im Zimmer miefte es. Manchmal versuchte Jamie, die Luft anzuhalten. Auf dem Fußboden, neben dem Aschenbecher, stand ein Becher Tee.
    »Schalt mal grad um.«
    Der tragbare Fernseher stand auf einer Kommode am Fußende des Betts. Er hatte keine Fernbedienung. Cal war eines Abends einfach mit dem Ding heimgekommen, hatte behauptet, er hätte ihn im Pub bei einer Wette gewonnen. Neben den Bedienungsknöpfen war so ein kleines Viereck. Da drauf stand »Remote Sensor«. Deswegen wusste Jamie, dass da eigentlich eine Fernbedienung dazugehörte. Um an den Fernseher ranzukommen, musste er über einen Haufen von Cals Klamotten steigen. Drückte auf den Knopf für Channel 4. Im Frühstücksfernsehen kriegte man immer ein paar Puppen zu sehen - das Wort hatte er von Cal gelernt: Puppen.
    Jamie hüpfte über die Klamotten zurück und verließ

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