Inspektor Bony 24 - Bony und die Maus
bißchen nach. Die Vordertür war verschlossen, an den Fenstern alles in Ordnung. Die Hintertür war nur angelehnt. Ich kam herein, machte sie hinter mir zu, schob den Riegel vor und setzte mich dann ins Zimmer der Patientin, bis sie aufwachte. Wann waren Sie zu Bett gegangen?«
»Um halb elf Uhr. Meinen Wecker hatte ich auf halb eins gestellt, um nach der Patientin zu sehen. Sie schlief um die Zeit, wie ich erwartete, denn ich hatte ihr eine Tablette gegeben. Also ging ich wieder zu Bett.«
»Nach draußen, etwa durch die Hintertür, sind Sie nicht gegangen?«
»Nein, zur Hintertür bin ich nicht mehr gegangen, also konnte ich auch nicht bemerken, daß sie offen war. Aber ich weiß genau, daß ich sie um halb elf, ehe ich mich hinlegte, zugeriegelt habe. Bei uns in Daybreak läuft schließlich ein Mörder frei herum!«
»Also hat jemand zwischen zehn Uhr dreißig und null Uhr fünfundzwanzig, als ich hereinkam, die Tür geöffnet.«
»Warum aber? Aus welchem Grund?« fragte Schwester Jenks beunruhigt.
»Bei der Aufklärung von Verbrechen gibt es stets viele Warum. Darf ich Ihnen empfehlen, wieder in Ihr Zimmer zu gehen und weiterzuschlafen? Ich werde hier sitzen bleiben und über die wahrscheinlichen Antworten nachdenken.«
»Ich könnte jetzt doch nicht schlafen! Der Tee ist kalt, ich werde Ihnen frischen aufgießen. Möchten Sie noch etwas zu essen haben, ja? Aufschnitt, Brot und Butter?«
Als er bejahte, ging sie wieder zur Anrichte, blieb aber kurz davor stehen und sagte: »Wenn nun der Mann erst kurz vor Ihnen hereingekommen ist, könnte er doch noch im Haus sein?«
»Seien Sie versichert, daß er nicht hier ist. Ich habe in jeden einzelnen Raum gerochen, auch in Ihr Zimmer.«
»In jeden Raum gerochen!« rief sie wie ein Echo, und Bony amüsierte sich königlich über ihre verblüffte Miene.
»›Gerochen‹ ist der richtige Ausdruck. Ich öffnete nur die Tür und zog die Luft ein. Einen Feind kann ich wittern. Bei Ihnen haben mich die Antiseptika ein bißchen beim Riechen gestört, doch ich bin überzeugt, daß meine Nase nicht versagt hat.«
»Also haben Sie auch in mein Schlafzimmer gerochen?«
»Ja.«
»Das ist aber ein starkes Stück!«
»Ich mußte das doch – um mich zu vergewissern, daß sich kein Mann bei Ihnen eingeschlichen hatte.«
»Oh! Ich geb’s auf, Nat.«
»Besser gleich als später. Und schlafen wollen Sie nicht mehr?«
»Nein. Ich möchte Ihnen ein paar Fragen stellen.«
»Ist das denn die Möglichkeit!« rief Bony spöttisch. »Genau das wollte ich auch. Gestatten Sie mir bitte den Vortritt. Als Sie hier mit der Verletzten eintrafen – was geschah da weiter? Wer trug sie übrigens herein?«
»Bert Ellis und Bob Merke. Bert ist Ratsdiener und Merke arbeitet bei seinem Bruder in der einzigen Garage des Ortes.«
»Die beiden trugen sie also ins Krankenzimmer?«
»Ja.«
»Und gingen sofort wieder?«
»Ja. Kurz vorher war noch Janet, Joys Schwester, gekommen. Sie ist zwei Jahre älter. Beide wohnen bei ihrem Vater in Dryblowers Flat und sind – na, sagen wir: ein bißchen seltsam. Janet regte sich jedenfalls über den Unfall ihrer Schwester nicht im geringsten auf. Sie half mir, sie auszukleiden und ins Bett zu packen und scheute sich kein bißchen, mir auch beim Behandeln des Fußes zu helfen, der doch, wie Sie wissen, wahrhaftig nicht schön aussieht. Eine Mrs. Powell, die mir den Haushalt führt, aber nicht hier wohnt, bereitete etwas zu essen, und wir weckten die Patientin, damit sie etwas zu sich nähme.«
»Also waren nur Sie drei Frauen hier und die Patientin. Kam niemand zu Besuch?«
»Harmon kam, der Wachtmeister. Er wollte Joy Elder vernehmen, aber ich sagte ihm, er solle bis morgen früh warten.«
»Sonst niemand?«
»Nein. Es ist natürlich viel über die Sache geredet worden. Als Janet fortging, haben die Leute sie mit Fragen bestürmt. Ihr Vater war auch auf dem Wege hierher, aber sie hat ihn beruhigt, daß er nicht zu kommen brauche.«
»Haben Sie bemerkt, ob Janet Schuhe trug?«
»Sie trug keine. Ist offenbar so, wie sie war, von zu Hause weggerannt, ohne sich erst umzuziehen.«
»Ihre Haushälterin – ging die schon, bevor Sie die Hintertür endgültig zuschlossen?«
»Ja, gewiß. Zerbrechen Sie sich über die Tür immer noch den Kopf?«
Bony sagte: »Ihre Tante hat mir erzählt, daß Sie von Ihrem jungen Leben drei Jahre mit der Arbeit in dieser schrecklichen Abgeschiedenheit verschwendet haben und daß sie es viel lieber sähe, Sie wären
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