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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Pfarrer an dem Abend, als Ainsley ermordet wurde, nicht in der Hammerschmiede gewesen. Trotzdem fragte ihn Jury: «Waren Sie am Freitagabend zufällig in der Nähe der Hammerschmiede?»
    Der Pfarrer schien beinahe enttäuscht, ihm antworten zu müssen: «Nein, leider kann ich Ihnen da nicht weiterhelfen. Ungewöhnlich, diese Figur des Schmieds. Es gibt nur noch eine ähnliche, und zwar in –»
    Jury unterbrach ihn. «Diese Sache mit den Rillen, die ist doch den wenigsten bekannt. Haben Sie davon schon andern hier in der Gegend erzählt?»
    Der Pfarrer errötete. «Ich muß gestehen, daß es mir die Geschichten der alten Gasthöfe besonders angetan haben. Bestimmt habe ich auch mit dem einen oder dem andern darüber gesprochen. Ich könnte aber nicht mehr sagen, mit wem.» Von seinem bequemen, mit Chintz überzogenen Sessel aus blickte er zur Decke. «Es sind nicht die ersten Morde in einem Gasthof. Es gab da den Straußen von Colnbrook –»
    Melrose Plant unterbrach ihn hastig. Er hatte nicht die Absicht, sich noch einmal die Falltürgeschichten anzuhören. «Ich glaube, Inspektor Jury sieht da keinen direkten Zusammenhang, Hochwürden.»
    «Nun, ich glaube jedenfalls nicht, daß Matchett oder Scroggs etwas mit diesen schrecklichen Todesfällen zu tun haben … obwohl diese Geschichte mit Matchetts früherer Frau … Daß die Vergangenheit sich auch nie begraben läßt!» Er warf Jury einen kurzen Blick zu, offensichtlich in der Hoffnung, in dieser Ecke ein kleines Feuer gelegt zu haben. «Verbrechen aus Leidenschaft, etwas in dieser Richtung. Matchett stand einer Dame nahe –»
    Jury lächelte. «Die Polizei war damals überzeugt, daß Mr. Matchett nichts mit dem Mord zu tun hatte.»
    «Aber sie fanden nie heraus, wer es war», sagte Smith, der Jury einen so saftigen Happen erst einmal gründlich durchkauen sehen wollte, bevor er ihn schluckte.
    «Sie wären überrascht, wenn Sie wüßten, bei wie vielen Morden wir die Ermittlungen einstellen müssen, ohne den Täter ausfindig gemacht zu haben. Es kann schon enttäuschen, wie wenig effizient die Polizei im Grunde ist.» Als der Pfarrer errötete, erhob sich Jury. «Wir danken Ihnen für Ihre Hilfe, Sir. Leider muß ich mich jetzt wieder auf den Weg machen.»

    Als er mit Plant auf der Straße stand, nahm sich Jury einen Augenblick Zeit und bewunderte das prächtige Fenster auf der Ostseite der Kirche mit seinem netzartigen Maßwerk.
    «Wenn Sie hineingehen wollen …» sagte Plant.
    Jury schüttelte den Kopf. «Ein ernster Ort auf einer ernsten Welt.»
    Sie blickten beide zu dem Glockenturm hoch, dessen Schallbretter schräg gestellt waren, um den Ton bis zum höchsten Punkt ansteigen zu lassen. Plant fragte: «Interessieren Sie sich für Lyrik, Inspektor?»
    Jury nickte.
    «Ich traf Vivian, als sie zur Polizeiwache ging, um mit Ihnen zu sprechen. Sagen Sie, was halten Sie von ihr?»
    Jurys Blick wanderte von dem Glockenturm zu einem faszinierenden kleinen Zweig zu seinen Füßen. «Oh», er zuckte die Achseln, «sie scheint … eine ganz angenehme Person zu sein.»

    Mrs. Jubal Creed traf kurz nach vier auf der Polizeiwache in Weatherington ein und wurde sofort in die Leichenhalle des Kreiskrankenhauses gebracht, um die sterbliche Hülle ihres Gatten zu identifizieren. Als sie zurückkam, war ihre Gesichtsfarbe nicht unbedingt fahler als vorher; Mrs. Creed hatte nämlich einen so fahlen Teint, daß man den Eindruck gewann, die Natur habe bei ihr an allen Farben außer an einem schmutzigen Beigegrau gespart. Ihre Figur war genauso unglücklich: eine Vogelscheuche in altmodischen, schlechtsitzenden Kleidern.
    Nur als sie den vollen Namen ihres Mannes angab, erwähnte sie auch seinen Vornamen, danach war er für sie ausschließlich Mr. Creed.
    Das Taschentuch gegen den Mund gepreßt – einen Mund, der wie ausgeschnitten wirkte –, blickte sie Oberinspektor Jury aus trüben Augen an, während sie seine Frage nach Creeds Stellung beantwortete: «Mr. Creed war seit fünf Jahren pensioniert; vorher war er bei der Polizei von Cambridgeshire. Ein Posten, dem er nicht nachgetrauert hat.»
    «Fühlte er sich denn schlecht behandelt?»
    «Das kann man wohl sagen. Er wurde nie befördert und endete als Kriminalwachtmeister in Wigglesworth. Kein Wunder, daß er verbittert war.» Ihr mißbilligendes Schnauben galt der Polizei im allgemeinen und Jury und Wiggins, die ihr in dem kahlen Raum des Polizeireviers von Weatherington gegenübersaßen, im besondern.
    «Mrs. Creed

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