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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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blickte ihn wütend an. «Verdammt noch mal, natürlich nicht!»
    Jury genoß es, ihn für sein schäbiges Verhalten Sheila gegenüber büßen zu lassen. «Komisch. Er war ein Bewunderer von Ihnen. Dieses Buch, Sie wissen schon.» Jury tat so, als hätte er gerade einen glänzenden Einfall gehabt, und schnalzte mit den Fingern. «Oder vielleicht doch kein Bewunderer. Erpressung war schon immer ein guter Grund, jemanden um die Ecke zu bringen.»
    Darrington fuhr von seinem Stuhl hoch. «Mein Gott! Ich hab ihn nicht umgebracht , ich hab den Mann noch nie in meinem Leben gesehen –»
    «Wie wollen Sie das wissen, Mr. Darrington?»
    «Was meinen Sie?»
    «Ich nehme an, Sie haben den Toten noch nicht gesehen. Wie wollen Sie also wissen, ob Sie ihm nicht schon einmal begegnet sind, als er noch am Leben war?»
    «Soll das eine Falle sein? Daß er mein Buch in der Hand hatte, beweist wohl alles?»
    Sheila, etwas scharfsinniger als Darrington, sagte: «Mein Gott, Oliver, der Inspektor wird doch wohl nicht annehmen, daß drei verschiedene Männer hier aufgekreuzt sind, um dich zu erpressen!»
    Wie ein Kind, das seine Eltern verdächtigt, gemeinsame Sache gegen es zu machen, blickte Oliver von einem zum anderen. Was zum Teufel, fragte sich Jury, fand Sheila nur an diesem Mann?
    «Das Buch beweist eigentlich eher, daß Sie es nicht waren.» Jury stand auf und steckte seine Zigaretten in die Tasche. «Es wäre doch ziemlich seltsam, wenn Sie bei dem Ermordeten etwas hinterlassen hätten, was den Verdacht auf Sie lenkt. Nur jemand ganz Tolldreistes, jemand mit eisernen Nerven und einem ausgesprochenen Sinn für Makabres würde das wagen. Bei Ihnen, Mr. Darrington, habe ich noch keine dieser Eigenschaften festgestellt.»
    Sheila brach in schallendes Gelächter aus.

XIII

    Melrose Plant zockelte die Sidbury Road entlang und lächelte bei der Vorstellung, wie außer sich Agatha sein würde, wenn sie begriff, daß sie immer noch zu den Verdächtigen zählte, während er ein einwandfreies Alibi hatte. Nicht gerade fair von Melrose, sich auf diese Weise aus den Fängen von Scotland Yard zu befreien, während sie (trotz ihrer aufopfernden Mitarbeit) zusehen konnte, wie sie allein zurechtkam. So würde Agatha die Sache betrachten. Und sie würde zu dem Schluß kommen, daß Melrose an allem schuld war; daß Jury und Melrose sich wahrscheinlich gegen sie verbündet hatten.
    Während weite, in der Sonne schimmernde Wiesen an ihm vorbeirollten, ließ Melrose sich in die Polster seines Bentley sinken und fragte sich, ob er sich insgeheim nicht etwa wünschte, Detektiv zu sein – eine dunkle Seite seines Wesens, die ihm noch nicht bewußt geworden war. Er betrachtete es als Zeitvertreib, sich alle möglichen Erklärungen für diese Serie von Morden durch den Kopf gehen zu lassen. Hatte es der Mörder nur auf einen abgesehen und die andern beiden umgebracht, um von seinem Motiv abzulenken? Ein alter Trick, um Verfolger in die Irre zu führen. Durchaus denkbar natürlich, aber die Tatsache, daß alle drei ortsfremd gewesen waren, sprach eigentlich dagegen. Warum sollte jemand irgendwelche Fremde hierherbestellen, um sie dann um die Ecke zu bringen? Hätten es nicht auch zwei überflüssige Einheimische getan?
    Schuldbewußt blickte Melrose aus dem Fenster. Eine ziemlich kaltblütige Art, die Dorfbewohner zu betrachten. Die einzigen Lebewesen, die seinen Blick erwiderten, waren ein Mutterschaf und ihr Junges; sie standen mitten auf einer Wiese und kauten langsam vor sich hin. Was konnten sie bei dieser Kälte wohl noch zu fressen finden?
    Es war natürlich auch möglich, daß die bisher begangenen Morde zu einem andern führen würden, wie Jury es angedeutet hatte; ein fürchterlicher Gedanke. Er ließ das Blut in seinen Adern erstarren, weil er sofort an Vivian Rivington dachte, die eine wirkliche Zielscheibe darstellte: so viel Geld und so viele, die darauf scharf waren. Die dunklen Gedanken, die ihm durch den Kopf gingen, schienen sich in dem Schild mit dem schwarzen Punkt konkretisiert zu haben, das zu seiner Linken auf der Höhe des Gasthofs zum Hahn mit der Flasche auftauchte.
    Plant nahm den Fuß vom Gaspedal und fuhr nur noch im Schritttempo, damit sein Auspuff nicht beschädigt würde, wenn er über die Bodenwelle fuhr, die die Autos vor der nächsten Kurve zum Verlangsamen zwingen sollte und die im Volksmund sinnigerweise «Toter Mann» genannt wurde. Als er näherkam, blinkte etwas in dem grellen Sonnenlicht. Er fuhr vorsichtig über

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