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Inspektor Jury schläft außer Haus

Titel: Inspektor Jury schläft außer Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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–»
    «Melrose, hör auf damit!» Vivian war offenbar wirklich etwas verstört.
    Sie nimmt alles ein bißchen zu ernst, dachte Jury, nicht, daß diese Morde nicht ernst zu nehmen waren, aber Plant hatte doch nur versucht, die gedrückte Stimmung zu heben. Vielleicht gingen Dichter die Dinge so an. Dichter und Polizeibeamte. Aber nein, er hatte Sinn für Melroses Humor.
    «Sie wollen gehen?» fragte Agatha. «Ich denke, ich bleibe noch ein Weilchen.»
    «Aber du bist doch mit Vivian gekommen, liebe Tante. Willst du sie jetzt allein nach Hause gehen lassen?»
    «Ich wage zu behaupten, Vivian ist alt genug, um auf sich selbst aufzupassen», sagte Agatha mit honigsüßer Stimme. «Inspektor Jury kann sie ja mitnehmen.»
    Melrose lächelte. «Ich würde mir an deiner Stelle dem Inspektor gegenüber nicht zu viel herausnehmen, Tantchen.» Er stand vor seinem Kamin aus Marmor und blies Rauchkringel in die Luft.
    Jury half Vivian in den Mantel, und Melrose begleitete sie zur Tür. «Nicht gerade fair von Ihnen, Vivian zu entführen und mich mit Agatha hier sitzenzulassen.»
    «Fairness war noch nie meine Stärke, Mr. Plant.»

    «Was kann ich Ihnen anbieten? Einen Drink? Oder Kaffee?»
    Er beeilte sich, ihr klarzumachen, daß sein Besuch nicht gesellschaftlicher Natur war. «Danke, nichts. Ich möchte Ihnen nur noch ein paar Fragen stellen.»
    Sie seufzte. «Schießen Sie los, Inspektor. Sie scheinen sich auch nie eine Pause zu gönnen.»
    Jury zeigte sich empört. «Das ist auch nicht einfach bei vier Morden.»
    «Tut mir leid», sagte sie und rieb sich die Arme, als wäre es plötzlich kalt um sie herum geworden. «Ich wollte die Sache nicht auf die leichte Schulter nehmen. Nur …» Sie setzte sich auf das Sofa und griff nach einer Zigarettenschachtel.
    Jury hatte in dem Sessel ihr gegenüber Platz genommen. Zwischen ihnen stand ein kleiner Kaffeetisch. Irgendwie hatte er Angst, er könnte sich zu wohl fühlen. «Also – meine erste Frage: wie ich gehört habe, sind Sie mit Simon Matchett verlobt?»
    Ihr Blick hatte für Jury etwas Gehetztes an sich, als sie ihm die Zigaretten über den Tisch reichte. Er gab ihr Feuer und zündete sich dann seine Zigarette an, auf ihre Antwort gespannt.
    «Ja, doch, das stimmt wohl schon.» Sie erhob sich. «Ich hole mir was zu trinken. Trinken Sie doch auch was.»
    Jury starrte auf das winzige, rotglühende Ende seiner Zigarette. «Whisky.»
    Während sie zu dem Büfett ging und Gläser und Flaschen herausholte, schaute er sich etwas in dem Zimmer um.
    Sie kam wieder zurück und sagte: «Was Simon betrifft, habe ich mich noch nicht ganz entschlossen.» Sie gab ihm sein Glas.
    Er starrte darauf und fragte sich, ob die Flüssigkeit sich nicht gleich purpurrot färben würde. «Sie meinen, Sie wissen nicht, ob Sie ihn heiraten wollen? Was spricht denn dagegen?»
    Sie stand vor ihm und blickte in Fernen, die er nicht ermessen konnte. «Weil ich nicht glaube, daß ich ihn liebe.»
    Die Möbel, die Jury bis zu diesem Augenblick noch gar nicht wahrgenommen hatte, fingen plötzlich an, in der Dunkelheit zu schimmern. Er räusperte sich und fragte sich, ob er überhaupt in der Lage sei, einen verständlichen Satz hervorzubringen. «Wenn Sie ihn nicht lieben, warum wollen Sie ihn dann heiraten? Ich hoffe, Sie nehmen mir diese Frage nicht übel», fügte er rasch hinzu.
    Vivian, die sich wieder ihm gegenüber gesetzt hatte, starrte auf ihr Glas und bewegte es wie eine Kristallkugel in ihren Händen. Dann zuckte sie die Achseln, als könne sie sich das alles selbst nicht erklären. «Man kriegt das Alleinsein auch mal satt. Und er scheint mich zu mögen –»
    Jury setzte unsanft sein Glas ab. «Deswegen zu heiraten ist doch absolut blödsinnig.»
    Sie riß die Augen auf. «Also wirklich, Inspektor! Welche Gründe würden denn vor Ihren Augen Gnade finden?»
    Jury war von seinem Stuhl aufgestanden und ans Fenster getreten; er starrte auf den Schnee hinaus, der im Schein der Straßenlaterne zu Boden fiel. «Leidenschaft! Besessenheit! Sex, wenn Sie wollen. Von jemandem nicht die Finger lassen können, so was, in dieser Art!» Er drehte sich nach ihr um. «‹Sich mögen› – was für ein verwaschener Begriff! Haben Sie noch nie andere Empfindungen gehabt?»
    Einen Augenblick lang schaute sie ihn einfach nur an. «Ich weiß nicht. Aber Sie anscheinend.»
    «Lassen wir meine Person aus dem Spiel. Wieviel Geld werden Sie erben?»
    «Eine Viertelmillion Pfund, falls Ihnen das weiterhilft.» Ihre

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