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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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sich hinter seinen dicken Brillengläsern. «Wir könnten gleich mal zu ihm rübergehen. Ich hab Zeit, meine Arbeit fängt erst später an. Percy wohnt in der Dark Street. Ecke Scroop Street, bei der Leihbücherei um die Ecke. Er hat bestimmt schon seinen Tee genommen, und er quasselt überhaupt sehr gern.» Bertie stand vom Tisch auf, seinen Kuchen ließ er angebissen auf dem Teller liegen.
    Während Melrose noch seine Zustimmung murmelte, stand Bertie schon auf dem Flur vor der Garderobe und kämpfte mit einem riesigen schwarzen Mantel. Er warf einen unschlüssigen Blick in die Küche, auf den Tisch mit den schmutzigen Tassen und Tellern. «Abwaschen muß ich dann eben später.»
    «Laß das Arnold machen», sagte Melrose, der auch gerade in seinen Mantel schlüpfte und beobachtete, wie Bertie sich falsch zuknöpfte.
    «Mein Gott, kannst du das nicht schön der Reihe nach machen, so wie sich’s gehört?» Melrose stellte seinen Stock beiseite und knöpfte Berties Mantel zuerst auf und dann wieder zu. Er war viel zu groß für ihn. Bertie hatte eine schwarze Zipfelmütze aufgesetzt, unter der nur noch sein schmales weißes Gesicht mit den dicken Brillengläsern zu sehen war. «Wo hast du bloß deine Klamotten her. Von einem Flohmarkt für Eisbären?»
    «Klamotten», sagte Bertie mit einem Blick auf Melroses Samtkragen und silberbeschlagenen Spazierstock, «sind nicht das Wichtigste im Leben. Gehn wir?»
    Als sie mit Arnold vorneweg die Grape Lane hochgingen, sagte Bertie: «Bei Percy dürfen Sie nicht so genau hinschauen. Er ist nicht besonders ordentlich, nicht so wie wir. Überall stehen diese ausgestopften Dinger rum. Und so sauber ist es auch nicht. Er hat die komischsten Sachen überall, an den Wänden, in Wannen und so weiter. In Rackmoor gibt es wirklich allerhand zu sehen.»
    Melrose blickte auf die Schneewolke, die Arnold hinter sich aufwirbelte, und auf den kleinen schwarzen Gnom an seiner Seite und sagte: «Erzähl doch mal.»

9
    Es fehlte nur noch die Eule auf seiner Schulter.
    Percy Blythe saß hinter einem monströsen Arbeitstisch aus der Zeit Jakobs I., inmitten eines dunklen, staubigen, sehr romantischen Wirrwarrs aus präparierten Fischen, ausgestopften Vögeln, Talgkerzen, Treibholz, Fischnetzen, Lumpen, alten Zeitungen und Büchern. Obwohl Bücher und Papiere seine Tätigkeit sehr seriös und wissenschaftlich erscheinen ließen, tat Percy Blythe nichts weiter, als ein paar Muschelstückchen hin- und herzuschieben. Es war ein kleines, verhutzeltes Männchen mit spitzen Teufelsohren und einer randlosen Brille. Als Bertie sie einander vorstellte, blickte er Melrose ohne großes Interesse über seine Brille hinweg an. Er trug – oder ertrug – eine Jacke, einen Pullover, einen Schal und eine ähnliche Zipfelmütze wie Bertie. Danach wandte er sich wieder seinen Muscheln zu.
    «Wir haben Sie hoffentlich nicht beim Essen gestört», sagte Melrose, der eine dunkle Brotrinde und ein Glas mit einem Milchrand am andern Ende des Tischs entdeckt hatte – beides schien schon mehrere Tage alt zu sein. Percy Blythe beugte sich nur noch tiefer über seine Muscheln.
    «Eine interessante Arbeitsstätte, Mr. Blythe, wirklich sehr interessant.»
    Als auch darauf keine Antwort kam, blickte Melrose sich unschlüssig um, auf der Suche nach einem Gesprächsthema. Da kein elektrisches Licht den Raum erhellte, war es ziemlich schwierig, in der Masse der ausgestopften, von Glasglocken bedeckten oder sonstwie hinter Glas verwahrten Gegenstände noch etwas zu erkennen und eine Bemerkung darüber zu machen. Auf dem Milchglas der Gehäuse flackerten kleine, schwache Flammen und warfen bedrohliche Schatten an die Wände.
    Es war das schmalste Terrassenhaus, das Melrose je gesehen hatte. Es befand sich in der Dark Street, die eigentlich eher ein privater Durchgang war als eine Straße. Sie mündete in die Scroop Street und ließ sich nur über die Dagger Alley erreichen, ein steiniger Weg, der von der «Glocke» zu einem Warenhaus in der High Street führte.
    «Sie sind wirklich ein Sammler, Sir», sagte Melrose, der nicht recht wußte, wie er seine Gegenwart erklären sollte. Bertie war auch keine große Hilfe; er schien sich hier ganz zu Hause zu fühlen. Im Augenblick war er damit beschäftigt, ein seeigelähnliches Gebilde auf einem Regal zu inspizieren. Arnold hatte sofort von einem alten Flickenteppich in der Ecke Besitz ergriffen. Außer dem Kratzen, das durch das Hin- und Herschieben der Muscheln verursacht wurde,

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