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Inspektor Jury spielt Domino

Inspektor Jury spielt Domino

Titel: Inspektor Jury spielt Domino Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Rackmoor-Galerie, den sie offensichtlich als ihr Terrain betrachtete. Jury hatte sie aus dem Schlaf gerissen, als er die Hände vors Gesicht hielt und gegen die Scheiben preßte.
    Jury trat ein und wäre beinahe auf einen Umschlag getreten, den jemand unter der Tür durchgeschoben hatte. Er hob ihn auf. Er war aufgegangen, und eine Pfundnote ragte heraus, eine von mehreren. Die Adresse, die auf dem billigen Papier stand, war die von Bertie Makepiece; der Brief schien jedoch schon vor Monaten abgesandt worden zu sein. Jury interessierte vor allem der Absender: R. V. H. London S. W. 1. Er wollte ihn gerade genauer inspizieren, als Adrian Rees in einer völlig verschmierten Schürze und mit einer kleinen Schüssel in der Hand auftauchte. Er stellte sie auf den Hartholzfußboden, und die Katze kam angerannt.
    «Hereinzubitten brauche ich Sie ja offensichtlich nicht mehr», gähnte Rees.
    Jury hielt ihm den Umschlag hin. «Das lag auf dem Fußboden.»
    Adrian warf einen Blick darauf, und eine leichte Röte überzog seinen Hals und sein Gesicht. «Aha, ein kleines Darlehen von Bertie.» Als Jury ihn einfach nur anschaute, fügte er hinzu: «Was denken Sie denn, um Himmels willen? Daß ich ihn erpresse? Bertie ist der einzige in Rackmoor, auf den man sich verlassen kann, wenn man ein bißchen Kleingeld braucht.»
    «Kann ich mir vorstellen. Er scheint ja alles im Griff zu haben. Könnten Sie vielleicht diesen Umschlag erübrigen?»
    Adrian sah ihn sich an, nahm die Scheine heraus und gab ihn dann Jury. «Gibt’s denn im ‹Fuchs› keine Umschläge mehr?» fragte er grinsend. Dann zog er die Brauen hoch. «Verdammt, kleine Jungs sollte man nicht um Geld anhauen, ich weiß! Aber ich bin wirklich total pleite – das macht wohl keinen sehr guten Eindruck.» Er seufzte und fuhr mit einem Pinsel über seine Schürze, mal in die eine, mal in die andere Richtung.
    «Was halten Sie von dieser Geschichte?»
    «Von welcher?»
    «Der von Bertie. Daß seine Mutter nach Irland gefahren ist?»
    Adrian lächelte. «Kaum zu glauben, daß jemand solche Umstände macht wegen einer kranken Oma.»
    «Haben Sie seine Mutter gekannt?»
    «Roberta? Nur vom Sehen. Ein Leichtgewicht, zumindest was intellektuelle Kraftakte betrifft. Aber unsere Betschwestern scheinen es ja geschluckt zu haben. Stockfisch, Fischauge & Co. Sie müssen zugeben, die Idee ist gar nicht so schlecht. In Belfast wird bestimmt niemand nachschauen wollen. Sind Sie deswegen gekommen?»
    «Nein. Eigentlich wegen Gemma Temple. Ihre Beziehung war wohl doch etwas enger, als Sie uns glauben machen wollten.»
    Daraufhin erfolgte eine längere Pause, in der Adrian automatisch mit dem Pinsel über seine Schürze fuhr. Dann sagte er achselzuckend: «Jemand hat uns wohl gesehen?» Jury nickte und wartete. «Na ja, eine ‹Beziehung› würde ich es nicht nennen. Es blieb bei diesem einen Mal.»
    «Auch bei einem Mal kann viel passieren.» Jury fand diese numerische Betrachtungsweise einfach unverständlich. Er dachte an die Frauen, die er in den letzten Jahren kennengelernt hatte. Ein einziges Mal hatte häufig genügt, um den Stein ins Rollen zu bringen. «Warum haben Sie mir das nicht erzählt, Mr. Rees? Es war doch anzunehmen, daß ich es rauskriegen würde. Und wie Sie sehen, hab ich’s auch rausgekriegt. Haben Sie Gemma Temple eigentlich auch an dem Abend getroffen, an dem sie ermordet wurde – ich meine, bevor Sie ihr auf der Grape Lane begegnet sind?»
    «Was? Nein, glauben Sie mir! Wer das behauptet, lügt!»
    «Sie wurde in der High Street gesehen, ganz in der Nähe von hier.»
    «Davon weiß ich nichts. Was die andere Sache betrifft: Gegen mich gab’s schon so viel belastendes Material, daß ich mir dachte, es wäre besser, mich darüber auszuschweigen. Ich hab sie als letzter gesehen, und das nach diesen blödsinnigen Tiraden über Raskolnikow und Mord im allgemeinen.»
    «Sie glauben doch wohl nicht, daß ich darauf was gebe? Diese Art von Verbrechen ist vielleicht bei Dostojewskij überzeugend, aber auf den Straßen von London ist derlei äußerst selten.»
    «Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Dann hätt ich Ihnen vielleicht auch was von meinem Abenteuer mit Gemma Temple erzählt.»
    «Wir machen hier doch keine Geschäfte, Mann. Könnte ich nun bitte etwas über Gemma Temple erfahren?»
    «Na schön», sagte Adrian aufsässig. «Sie ist mir einmal hier und dann noch paarmal im ‹Fuchs› begegnet. Natürlich ist sie mir auch gleich ins Auge gestochen. Wem

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