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Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden

Titel: Inspektor Morse 07 - Huete Dich vor Maskeraden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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hatten einander abgelöst, und am Ende war ihre Erinnerung an das, was am 31. vorgefallen war, so verwischt, daß man ihr so wenig trauen konnte wie einem untreuen Geliebten.
    Bis etwa halb zwölf Uhr hielt sie sich meistens in dem für Sport und Spiele vorgesehenen Raum auf. Sie bürstete noch einmal den grünen Flanell auf dem Billardtisch ab, montierte das Pingpong-Netz, überprüfte die Monopoly-, Scrabble- und Cluedo-Spiele auf Vollständigkeit und legte Billardstöcke, Tischtennisschläger und -bälle, Pfeile und Würfel, Kreide sowie Papier und Kugelschreiber zum Aufschreiben der Ergebnisse an ihren jeweiligen Platz. Zwischendurch half sie immer wieder im Restaurant aus. Sie war gerade dabei, beim Aufstellen der Tischböcke zu helfen und die ersten Tischdecken aufzulegen, als auch schon die ersten beiden Gäste eintrafen. Sie wurden von einer schrecklich nervösen und überreizten Mrs. Binyon in Empfang genommen, weil Sarah noch schnell nach oben in das ihr provisorisch zugeteilte Zimmer gelaufen war, um sich in ihre Dienstkleidung zu werfen: die langärmelige, hochgeschlossene, cremefarbene Bluse und den wadenlangen, engen schwarzen Rock, der zwar unbequem war, aber wie Sarah zugeben mußte, den großen Vorteil hatte, Taille, Hüften und Oberschenkel vorteilhaft schlank erscheinen zu lassen.
    Ab Mittag trafen unaufhörlich neue Gäste ein, und alles mußte ruck, zuck gehen. Doch das Personal ließ sich nur wenig von seiner Überlastung anmerken, und falls man ab und zu einmal kurz angebunden war, dann nur untereinander. Sarah empfand das hektische Hin und Her sogar als angenehm; es lenkte sie ab. Mrs. Binyon verstand es, sich aus dem größten Trubel herauszuhalten, und tauchte nur ab und zu in der Küche oder im Restaurant auf, um halbherzig ihre Hilfe anzubieten. Sie merkte jedoch schnell, daß sie nicht besonders erwünscht war, und zog sich früh ins Bett zurück. Mr. Binyon war um so aktiver. Er schleppte Koffer, reparierte einen leckenden Heizkörper, korrigierte ein flackerndes Fernsehbild und brachte einen tropfenden Wasserhahn in Ordnung. Als er am frühen Nachmittag entdeckte, daß die Technik in der Disco nicht einwandfrei funktionierte, war er jedoch mit seinem Latein am Ende und verbrachte den Rest des Nachmittags damit, jeden, der zu erkennen gab, auch nur das mindeste von Schaltsystemen und Elektronik zu verstehen, anzuflehen, sich der Sache anzunehmen, um das Hotel vor einer Katastrophe zu bewahren. Die Krise bedeutete, wie Krisen fast immer, daß Sarah einspringen mußte. Und so pendelte sie fast den ganzen Nachmittag unablässig hin und her zwischen dem Empfang — wo sie vor allem Anrufe von Gästen entgegennahm, die sich entschuldigten, daß sie sich des schlechten Wetters wegen verspäten würden — und dem Raum, wo die Spiele stattfanden.
    Dabei hätte allein das, was im Spielraum vor sich ging, schon gereicht, sie in Atem zu halten.
    Es fing mit den Darts-Turnier an. Sarah erkannte sehr schnell, daß es kein großer Erfolg werden würde, es hatten sich nämlich gerade drei Teilnehmer gemeldet. Und wer wollte es dem ehemaligen Gastwirt aus East Croydon, dessen Pfeile mit geradezu aufreizender Regelmäßigkeit ins Schwarze trafen, verübeln, wenn er die ältliche, kleine Putzfrau aus den Chilterns, die schon vor Begeisterung kreischte, wenn es ihr gelang, auch nur die Scheibe zu treffen, als Gegnerin nicht ernst nehmen konnte. Immerhin — die Cluedo-Spieler schienen anfangs ganz gut zurechtzukommen — bis eines der vier Kinder, die über Silvester im Hotel einquartiert waren, zu ihr gelaufen kam, und ihr einen Colonel Mustard mit Eselsohr und einen Conservatory mit Knicken zeigte, wodurch die Karten bereits von der Rückseite zu identifizieren waren. Zum Glück gab es wenigstens beim Scrabble, das nach dem K. O.-System gespielt wurde, erst in der Schlußrunde Schwierigkeiten, als man sich nicht einigen konnte, ob ein Angehöriger der indianischen Völkergruppe im nördlichen Südamerika nun Karaibe oder Karibe heiße — und ob das Wort überhaupt zulässig sei. (Was für ein merkwürdiges Omen, daß sie ausgerechnet über dieses Wort gestolpert waren, dachte Sarah im nachhinein , als das Unheil längst geschehen war.) Aber das alles war noch harmlos im Vergleich zu den Schwierigkeiten an der Monopoly-Front. Dort erregte eine manuell geschickte Supermarkt-Kassiererin aus Wedford Empörung, weil sie nach dem Stürzen des Bechers die Würfel derartig schnell unter ihrer Hand verschwinden

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